Die von zwölf Topklubs initiierte European Super League sorgt weitherum für scharfe Kritik. Ausser den involvierten Klubbesitzern scheint praktisch niemand für die Schaffung einer neuen Liga der grössten Fussballklubs Europas zu sein. UEFA-Präsident Aleksander Ceferin hat bereits angedroht, Spieler der zwölf Vereine nicht an der EM im Sommer zuzulassen, sollte es zur Abspaltung kommen.
Das kümmert zumindest Österreich, Russland, Tschechien, Finnland, Ungarn und Nordmazedonien nicht. Diese sechs Nationen haben keine Spieler, die bei einem der zwölf Abtrünnigen unter Vertrag sind. Es sind dies die sechs englischen Klubs Liverpool, Manchester United, Manchester City, Chelsea, Tottenham und Arsenal, aus Spanien Real Madrid, Barcelona und Atlético Madrid, sowie aus Italien Juventus, Milan und Inter.
Doch alle anderen EM-Teilnehmer – 18 von 24 Ländern, also drei Viertel – wären von einem Ausschluss von Spielern betroffen. Titelverteidiger Portugal gehört natürlich zu. Es würde mit Cristiano Ronaldo (Juventus) seiner grossen Attraktion beraubt, in der Offensive würden auch Bruno Fernandes (Manchester United), João Felix (Atlético Madrid) oder Diogo Jota (Liverpool) fehlen.
Die Schweiz müsste ebenfalls auf ihren «Chef» verzichten: Granit Xhaka von Arsenal. Der Mittelfeldspieler gilt als unverzichtbar. Kaum steht Xhaka nicht auf dem Platz, sinkt die Qualität des Schweizer Spiels. Ohne die offensiven Akzente eines Xherdan Shaqiri (Liverpool) kann Vladimir Petkovic nur schwer auskommen.
Mit zwei Akteuren, die nicht mittun dürften, ist die Nati aber noch einigermassen gut bedient. Andere trifft es weitaus härter. Klar, dass die Nationen besonders betroffen sind, in denen «das dreckige Dutzend» der Klubs zuhause ist: England, Spanien und Italien.
Harry Maguire (Manchester United), der teuerste Verteidiger der Welt, würde England ebenso fehlen wie Harry Kane (Tottenham), Captain und Torschütze vom Dienst. In der Offensive fielen auch Marcus Rashford (Manchester United), Jungstar Phil Foden (Manchester City) oder Mason Mount (Chelsea) aus, in der Defensive etwa Reece James (Chelsea), Luke Shaw (Manchester United) oder John Stones (Manchester City).
Spanien kommt zugute, dass das Nationalteam nicht wie in früheren Jahren zumeist aus Akteuren der grossen drei besteht. Doch auch so würden der «Furia Roja» zahlreiche Stars an der EM fehlen: Etwa Goalie David de Gea (Manchester United), Abwehrchef Sergio Ramos (Real Madrid), von Barcelona Sergio Busquets, Jordi Alba und Pedri, von Atlético Madrid Koke und Marcos Llorente. Auch Álvaro Morata (Juventus), Ferrán Torres (Manchester City) oder Thiago (Liverpool) bliebe eine EM-Teilnahme verwehrt.
Ohne Stammgoalie Gianluigi Donnarumma (Milan) müsste Italien auskommen, Routinier Leonardo Bonucci (Juventus) würde ebenso fehlen wie Nicolo Barella (Inter). Serie-A-Spieler würden auch andere Nationen schmerzlich vermissen: die Türkei etwa Hakan Calhanoglu (Milan) und Merih Demiral (Juventus), Dänemark Inters Christian Eriksen und Milans Simon Kjaer, und Belgien die Inter-Tormaschine Romelu Lukaku (ganz zu schweigen von Kevin de Bruyne/Manchester City sowie den beiden Madrilenen Eden Hazard und Keeper Thibaut Courtois).
Auch Frankreich müsste beim Versuch, drei Jahre nach dem Weltmeistertitel auch jenen des Europameisters zu erobern, auf zahlreiche Akteure verzichten: Hugo Lloris (Tottenham), Raphael Varane (Real Madrid), Paul Pogba (Manchester United), Adrien Rabiot (Juventus), Ngolo Kanté (Chelsea), Antoine Griezmann (Barcelona), Anthony Martial (Manchester United) oder Olivier Giroud (Chelsea) sind nur einige der zahlreichen Namen, die fehlen würden. Bei Vize-Weltmeister Kroatien beträfe ein EM-Bann unter anderem Ex-Weltfussballer Luka Modric (Real Madrid) oder das Inter-Duo Marcelo Brozovic und Ivan Perisic.
Deutschland wäre ziemlich bedient, würde Champions-League-Sieger Bayern München auch zu den abtrünnigen Klubs gehören. So wäre der wichtigste Ausfall jener von Mittelfeldregisseur Toni Kroos (Real Madrid). Auch Ilkay Gündogan (Manchester City) und das Chelsea-Trio Antonio Rüdiger, Kai Havertz und Timo Werner müssten sich die EM abschminken, so wie die Ersatzgoalies Marc-André ter Stegen (Barcelona) und Bernd Leno (Arsenal). Fans der Oranje bekämen ebenfalls einige Lieblinge nicht zu sehen: Die Niederlande müsste etwa auf Matthijs de Ligt (Juventus), Frenkie de Jong (Barcelona) oder Georginio Wijnaldum (Liverpool) verzichten.
Ähnlich wie der Schweiz ginge es auch anderen mittelgrossen Nationen. Die Polen müssten nur auf einen Spieler verzichten – allerdings handelt es sich dabei um den Stammgoalie, Wojciech Szczesny von Juventus. Der Ukraine würde auch nur einer fehlen, Oleksandr Zinchenko von Manchester City. Während Wales mit dem Fehlen von Gareth Bale (Tottenham) und Daniel James (Manchester United) hadern würde, wäre bei den Schweden das Nationalmannschafts-Comeback von Zlatan Ibrahimovic (Milan) kurz gewesen. Die «Tre Kronor» könnte auch nicht auf Victor Lindelöf (Manchester United) und Dejan Kulusevski (Juventus) zählen. Bei den Schotten fielen Andy Robertson (Liverpool), Kieran Tierney (Arsenal) und Scott McTominay (Manchester United) aus, bei der Slowakei Milan Skriniar (Inter Mailand).
Noch ist unklar, ob Panini seine Druckmaschinen für eine Vielzahl Klebebilder nachträglich nominierter Spieler anwerfen muss. Die European Super League ist derzeit ebenso wenig konkret wie ein EM-Abschluss von Spielern der allenfalls dort beteiligten Mannschaften. Heute Dienstag machte UEFA-Präsident Aleksander Ceferin einen Schritt auf die zwölf Klubs zu. Am Kongress des europäischen Fussballverbands betonte er: «Diese Klubs haben einen Fehler gemacht. Aber es ist noch Zeit, die Meinung zu ändern.» Die Fussball-EM 2021, für die Partien in zwölf Ländern geplant sind, beginnt am 11. Juni. Die Schweiz trifft in ihrer Vorrundengruppe auf Wales, Italien und die Türkei.
Aber Spieler? Was kann jetzt ein Xhaka, Ramos, Griezmann oder Kane dafür? Die Spieler konnten ja nicht abstimmen ob ihr Team mitmacht oder nicht