Herr White, die Demokraten hatten vier Jahre Zeit, um einen Kandidaten gegen Trump zu finden. Nun ist es Joe Biden geworden. Ist er wirklich der beste demokratische Kandidat?
Vance White: Joe Biden gilt als die Stimme der Vernunft und der Erfahrung. Seine Wahl wäre die vielleicht einzige Möglichkeit, die Spaltung der USA zu stoppen. Es gab viele andere gute Kandidaten, die waren jedoch meist weiter links im politischen Spektrum. Kontroverse Figuren wie Bernie Sanders würden die Gräben zwischen Demokraten und Republikanern nur weiter vertiefen. Wir brauchen jemanden aus der Mitte.
Wer war denn Ihr persönlicher Favorit bei den Vorwahlen?
Ich hätte meine Stimme Pete Buttigieg oder Andrew Yang gegeben. Ich hätte gerne einen Generationenwechsel gesehen. Aber ich kann mit der Wahl Joe Bidens gut leben. Er ist das, was Amerika jetzt braucht.
Ist er nicht ein wenig zu alt für das Präsidentenamt?
Ich glaube nicht, dass Biden eine zweite Amtszeit anstreben wird. Er wird die Brücke sein, um der jüngeren Generation in vier Jahren den Weg frei zu machen.
Wenn er denn gewählt wird. Die Umfragen sehen ihn zwar vorne, aber das war ja auch vor vier Jahren bei Hillary Clinton der Fall.
Das stimmt. Aber es gibt Unterschiede zu 2016: Erstens sind die Umfragen deutlicher dieses Jahr. Zweitens gab es vor vier Jahren eine grosse Wähler-Apathie. Viele verspürten eine Abneigung gegen Hillary Clinton und haben deswegen erst gar nicht gewählt.
Dieses Jahr ist das anders?
Ja. Und es gibt noch einen weiteren Unterschied: Die Menschen hatten vor vier Jahren die Schnauze voll von Karriere-Politikern. Donald Trump war bekannt als Geschäftsmann und Reality-TV-Star. Die Leute wollten sehen, was so jemand als Präsident erreichen kann.
Vor einigen Tagen habe ich mit James Foley von den Republikanern in der Schweiz gesprochen, der war Feuer und Flamme für die Errungenschaften Trumps in den letzten vier Jahren. Was hat Donald Trump in Ihren Augen denn erreicht?
Ich glaube, die Mehrheit der Amerikaner hat gesehen, dass Donald Trump die falsche Wahl war. Sie wollen nicht mehr auf die nächsten Twitter-Ausraster des Präsidenten warten.
Also sagen Sie, er hat nichts erreicht?
Seine grösste Errungenschaft war es, den Leuten in Amerika klar zu machen, wie wichtig es ist, wählen zu gehen.
Und die traurigste Errungenschaft war die Zerstörung der amerikanischen Reputation. Viele Länder haben das Vertrauen in die USA verloren. Auch die Rückzüge aus verschiedenen internationalen Organisationen und Verträgen sind eine Tragödie für unser Land und für zukünftige diplomatische Anstrengungen. Unsere Partner könnten fortan immer das Gefühl haben, dass zukünftige Präsidenten sich einfach aus Verträgen zurückziehen werden, wenn sie ihnen nicht gefallen.
Joe Biden würde das alles besser machen?
Biden würde das Vertrauen der Weltgemeinschaft in die USA zurückbringen. Ich glaube auch, dass er ein fantastisches Kabinett zusammenstellen würde. Ausserdem könnte Biden die Leute des rechten Flügels, welche seit Jahren versuchen, unsere Nation auseinanderzureissen, ein wenig besänftigen.
Wie sieht es mit den US-Amerikanerinnen und Amerikanern in der Schweiz aus, haben die auch genug von Donald Trump?
Unsere Organisation verzeichnete dieses Jahr einen Zuwachs von über 35 Prozent. Ich verspüre momentan eine riesige Energie auf den Strassen. Vor ein paar Tagen bin ich mit meinem politisch neutralen «Vote-from-Abroad»-Shirt rumgelaufen, und ich wurde von so vielen Leuten darauf angesprochen. Viele wussten nicht, dass sie als Auslands-Amerikaner überhaupt wählen dürfen. Wir haben sowohl Republikanern als auch Demokraten geholfen, sich registrieren zu lassen. Viele Menschen wollen wirklich eine Veränderung.
Die Auslands-Amerikaner können einen gewaltigen Unterschied machen.
Ja, es gibt knapp neun Millionen Amerikaner, die im Ausland
leben. 6,5 Millionen davon sind stimmberechtigt. Die Auslands-Amerikaner haben also ziemlich genau das Stimmgewicht der gesamten Schweizer Bevölkerung.
Was sind Ihre Prognosen für die Wahl?
Das Momentum liegt derzeit sicher bei Joe Biden. Die Demokraten haben zudem aus dem Debakel von 2016 gelernt: Niemand lehnt sich jetzt zurück, weil er glaubt, die Wahl sei sowieso schon gewonnen. Am Schluss wird es aber wieder auf einige wenige Swing States ankommen.
überhaupt - im gegensatz zu foley - ist das interview angenehm zu lesen, ohne dass einem gleich hirnzellen absterben.
trotzdem merkt man auch hier ein leichtes sw denken. immerhin sind die dems aber kompromissbereit.
ein nachdenken über reformen, wird leider von vince white ausgelassen (gut er wurde nicht explizit gefragt)
counterevidence? anyone?