Die wichtigen Entscheidungen sollten nie den Managern überlassen werden. Sie geben ja lediglich das Geld der Klub-Besitzer aus. Wichtige Entscheidungen sind Sache der Präsidenten. Die Einführung des «Salary Cap» haben in der NHL die Teambesitzer durchgesetzt. Nicht die General Manager.
In der Krise hat unser Hockey bisher noch nicht mit einer Stimme gesprochen. Mal äusserten sich die Manager, manchmal einer der Präsidenten, hin und wieder die Sportchefs und regelmässig Liga-Direktor Denis Vaucher. Der gemeinsame offene Brief der Präsidenten ist nun ein beinahe historisches Dokument der Einigkeit über die Klub- und Sprachgrenzen hinweg. Diese Einigkeit gibt Anlass zur Hoffnung.
Die zentrale Frage ist ja: die Meisterschaft durchspielen, unterbrechen oder sogar abbrechen. Alle drei Varianten sind denkbar. Mit der gemeinsamen Erklärung der Präsidenten ist nun klar: Die Meisterschaft wird durchgespielt. Notfalls auch ohne Zuschauer.
Salopp können wir es so sagen: Spielen, bis die Welt untergeht. Also spielen, bis eine behördliche Anordnung auch Trainings und Spielbetrieb selbst ohne Zuschauer verbietet. Dieses Verbot gibt es für den Amateursport bereits in verschiedenen Kantonen mit unterschiedlicher Dauer. Voraussichtlich wird der Bundesrat dieses Verbot vereinheitlichen. Dann wird landesweit mit Ausnahme der National League und der Swiss League der gesamte Eishockey-Spielverkehr (auch der Junioren) bis Ende November ruhen. Eine Verlängerung des Verbotes bis Ende Jahr ist möglich.
Auf der Titanic hat die achtköpfige Musikkapelle unter der Leitung von Wallace Hartley bis zum Untergang gespielt. Umstritten ist nur, welches das letzte Stück war. Es geht hier nicht um einen unangemessenen Vergleich. Es geht um eine gewisse Symbolik: Ablenkung war in Zeiten der Krise schon immer wichtig. Eishockey und Fussball bieten diese Ablenkung. Und wenn schon nicht als Live-Erlebnis im Stadion, dann als TV-Ereignis und als eine Fortsetzungsgeschichte («Seifenoper»), die im Alltag viel Gesprächsstoff und Ablenkung hergibt. Wer sich über eine Niederlage der Zuger ärgert oder über einen Sieg der Langnauer freut, polemisiert in dieser Zeit nicht gegen die Massnahmen der Regierung. Wir spielen noch Hockey und Fussball, also sind wir. Deshalb: Spielen, bis die Welt untergeht.
Können die Klubs im schlimmsten Fall eine Meisterschaft ohne Zuschauer («Geisterspiele») verkraften? Ja. Anfänglich waren «Geisterspiele» ein Kulturschock. Gewöhnungsbedürftig. Es war nicht einmal klar, wie Spiele ohne Zuschauer im Fernsehen wirken. Auch hier: Gewöhnungsbedürftig.
Inzwischen können die Buchhalter die finanziellen Folgen abschätzen. 75 Millionen Bundesgelder fürs Eishockey und 100 Millionen für den Fussball sind fürs Jahr 2020 als Kredite bewilligt. Fürs Jahr 2021 sind nochmals die gleichen Beiträge aus öffentlichen Kassen genehmigt, müssen aber formell im Budget 2021 noch bewilligt werden. Diese Kredite können die Klubs nicht zurückzahlen. Unmöglich. Weil die Fussball- und Hockeyklubs der beiden höchsten Ligen selbst in Boom-Zeiten fast alle rote Zahlen schreiben.
Die Stossrichtung des gemeinsamen öffentlichen Briefes der Klubpräsidenten ist klar: Umwandlung dieser Kredite in Subventionen. À fonds perdu. Diese Forderung ist berechtigt und wird in angemessener Form vorgetragen. Gut ausbalanciert. Nicht drohend, nicht bettelnd. So wie eben der Ton sein sollte, wenn es um Politik geht. Eine weitere berechtigte Forderung ist die Wiedergewährung.
Warum? Ich habe den Brief und diesen zusammenhangslosen Artikel mehrfach durchgelesen. Die Antwort darauf beleibt mir ein Rätsel. Die Klubbesitzer schreiben ganz klar, dass sie vor Zuschauer spielen wollen, oder aber entschädigt werden müssen. Was wenn beides nicht passiert? Dann gibts wohl nur noch die Möglichkeit eines Abbruchs.
Lieber noch ein drittes Mal unserer Airline unter die Arme greifen und dies mit Milliardenbeträgen und nicht „nur“ Millionen.