Frischgebackene Väter erhalten zehn Tage bezahlte Papizeit. Das Schweizer Stimmvolk hat den Vaterschaftsurlaub am Sonntag mit 60,3 Prozent angenommen.
Bereits als die Vorlage vor rund einem Jahr im Parlament diskutiert wurde, kritisierten viele Politikerinnen und Politiker aus dem links-grünen Lager, dass sie bereits überholt sei. Statt Vaterschaftsurlaub forderten sie eine Elternzeit, also eine Auszeit für Eltern mit Jobgarantie.
Bereits im Juni 2019 kündigten Daniel Graf und Che Wagner, Netzaktivisten und Gründer der Sammelplattform WeCollect.ch, eine Elternzeit-Initiative an. Startpunkt der Unterschriftensammlung hätte der Frühling 2020 sein sollen. Hätte.
Man sei durch das Referendum zum zweiwöchigen Vaterschaftsurlaub ausgebremst worden. «Es hätte wenig Sinn gemacht, die Abstimmung zur Papizeit und die Elternzeit-Initiative zu überlagern», erklärt Che Wagner, Projektleiter Initiative.
Der Start der konkreten Vorbereitungen für die Unterschriftensammlung auf WeCollect.ch stehe nach dem Ja am Sonntag aber kurz bevor. Im Dezember soll der Initiativtext bereits bei der Bundeskanzlei zur Vorprüfung eingereicht werden.
Dass die Schweizer Stimmbevölkerung müde ist, nahtlos über die nächste gleichstellungspolitische Vorlage zu sprechen, glaubt Wagner nicht. «Wir wissen, dass die Leute schon lange bereit sind, über weitergehende Modelle zu sprechen». Mit dem Ja zum zweiwöchigen Vaterschaftsurlaub habe man den Fuss in der Tür. «Jetzt geht es darum, ganz in den Raum zu treten», so Wagner.
#Vaterschaftsurlaub 🗳JA = Diskussion zur Elternzeit ist eröffnet! Gemäss repräsentativer Umfrage ist für mehr als zwei Drittel der Bevölkerung mit Einführung 2-wöchigen Vaterschaftsurlaub die Diskussion nicht abgeschlossen. Sie wollen eine #Elternzeit! https://t.co/XDOz5yeOYd
— Che Wagner (@wagner_che) September 27, 2020
Über WeCollect.ch will Wagner geschätzte 60 bis 80'000 Unterschriften sammeln. Und er ist sich sicher, dass die Elternzeit-Initiative auch ausserhalb des links-grünen Lagers Erfolg haben wird. «Die Initiative wird moderater ausfallen als ursprünglich geplant.»
Gefordert werden neu 32 Wochen Elternzeit inklusive einer Bedingung: Die bezahlte Kindsfürsorge muss gleichmässig zwischen den Elternteilen aufgeteilt werden. Wagner erklärt: «Studien haben gezeigt, dass bei freiverfügbarer Elternzeit 80 Prozent der Eltern in traditionelle Rollenmuster verfallen: Die Mutter bleibt zuhause, der Vater geht arbeiten.»
Es gehe dabei nicht um den Ausbau des Sozialstaates, sondern um die Gleichstellung. «Und dieses ist auch sehr vielen bürgerlichen Politikerinnen und Politiker ein wichtiges Anliegen», ist sich Wagner sicher.
Wagner und Graf stossen mit ihrem Vorhaben nicht überall auf Begeisterung. «Ich bedaure, dass wir uns nicht erst an einen Tisch setzen, unsere Kräfte bündeln und gemeinsam über die nächsten Schritte beraten» so Adrian Wüthrich, der die Vaterschaftsurlaubs-Initiative koordinierte, gegenüber CH Media. Laut Wüthrich sei der Abstimmungserfolg am Sonntag nur dank einer breiten Allianz möglich gewesen.
Bis die Schweizer Stimmbevölkerung aber tatsächlich über die Elternzeit abstimmen muss, wird es noch ziemlich dauern. Das Initiativ-Komitee um Che Wagner rechnet mit fünf bis sieben Jahren. «Das dauert noch ein bisschen», schmunzelt Wagner. Er ist sich aber sicher: Auch an den Wahlen 2023 werde die Elternzeit und das damit verbundene Thema Gleichstellung eine wichtige Rolle spielen.
Würde dann die Arbeitende Partei 32 Wochen beziehen und die andere hätte trotzdem frei?