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So gut wirken die Impfstoffe von Biontech, Moderna und AstraZeneca

An Israeli paramedic from Magen David Adom medical services, administers a dose of the Pfizer-BioNtech COVID-19 vaccine to a woman at an Ikea store in Rishon Lezion, Israel, Monday, Feb. 22, 2021. Ike ...
Impfung in Israel: In dem Land, das etwas mehr Einwohner als die Schweiz hat, sind bereits ein Drittel der Einwohner geimpft worden. Die Ergebnisse lassen hoffen. Bild: keystone

So gut wirken die Impfstoffe von Biontech, Moderna und AstraZeneca

24.02.2021, 10:0625.02.2021, 06:35
Daniel Huber
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Wirksame Impfstoffe sind der Königsweg bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie, darüber herrscht kaum Zweifel. Mittlerweile sind mehrere Vakzine entwickelt worden, von denen zwei – Comirnaty von Pfizer/Biontech und das COVID-19 Vaccine von Moderna – in der Schweiz bereits zugelassen sind. Ein dritter Impfstoff von AstraZeneca, der sich noch im Zulassungsverfahren befindet, ist in der EU schon zugelassen.

Die ersten Resultate stimmen vorsichtig optimistisch: Zumindest verhindern diese Impfstoffe schwere Erkrankungen. Wie sieht es aber mit der Verhinderung einer Infektion mit SARS-CoV-2 aus – und wie hoch ist der Schutz nach Verabreichung von nur einer Impfdose? Wirken die Impfstoffe auch gegen die britische oder die südafrikanische Mutante des Virus? Diesen Fragen gehen wir hier nach.

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Comirnaty von Pfizer/Biontech

Impfstoff-Typ

Das von Pfizer/Biontech entwickelte Vakzin BNT162b2, das unter der Bezeichnung «Comirnaty» vertrieben wird, ist ein sogenannter mRNA-Impfstoff. Die mRNA ist genetische Information, die den Bauplan für das Spike-Protein auf der Oberfläche des Virus enthält. Sie wird mittels winziger Fetttröpfchen in die Körperzellen eingeschleust und veranlasst diese, das für sich allein harmlose Protein des Erregers herzustellen. Das Immunsystem des Körpers reagiert darauf mit der Bildung von Antikörpern gegen das Virus-Protein – es wird gewissermassen trainiert, das Virus zu erkennen, wenn es später mit ihm in Kontakt kommt.

Verabreichung

2 Dosen zu je 0,3 Milliliter im Abstand von mindestens 21 Tagen, verabreicht als intramuskuläre Injektion in den Oberarm. Zugelassen für Erwachsene und Jugendliche ab 16 Jahren.

epa09030530 A vial of the Comirnaty BNT162b2 (mRNA) Pfizer Covid 19 vaccine at the COVID-19 surge centre in Canberra, Australia, 23 February 2021. Australia's deputy chief medical officer has her ...
Der Impfstoff von Pfizer/Biontech bietet einen hohen Schutz vor einer Covid-19-Erkrankung. Bild: keystone

Wirksamkeit

Im November 2020 gaben Pfizer/Biontech in einer Pressemitteilung die Endergebnisse ihrer Phase-III-Studie zu BNT162b2 bekannt, wonach der Impfstoff 28 Tage nach Verabreichung der zweiten Dosis einen Schutz von 95 Prozent biete. Das bedeutet, dass unter den Probanden der geimpften Gruppe 95 Prozent weniger Erkrankungen auftraten als unter jenen der Kontrollgruppe, die ein Placebo erhalten hatten. Der Impfstoff sei bei beiden Geschlechtern und in allen ethnischen Gruppen sowie in allen Altersgruppen ähnlich wirksam; die Wirksamkeit liege bei über 65-Jährigen bei mehr als 94 Prozent.

Kumulierte Covid-19-Fälle nach Vergabe von BNT162b2 von Pfizer/Biontech und Placebos.
https://www.fda.gov/media/144246/download
Kumulierte Covid-19-Fälle nach Verabreichung von BNT162b2 (blaue Kurve) und eines Placebos (rote Kurve).Diagramm: FDA.gov

Die Analyse ergab überdies, dass bereits nach der ersten Dosis ein Schutz bestand: In den ersten 12 Tagen nach deren Verabreichung waren noch keine signifikanten Unterschiede zu ungeimpften Probanden festzustellen, doch danach war die Inzidenz bei den geimpften Testpersonen geringer und der Schutz betrug vor der zweiten Dosis mehr als 52 Prozent. Ab 7 Tagen nach der zweiten Dosis war der Schutz bereits maximal.

Mittlerweile sind Millionen von Menschen mit BNT162b2 geimpft worden. Die vorläufigen Ergebnisse sind ermutigend: In Israel, wo bereits ein Drittel der Bevölkerung geimpft wurde – und zwar ausschliesslich mit BNT162b2 –, deuten Daten darauf hin, dass der Impfstoff die Zahl der symptomatischen Covid-19-Erkrankungen bereits vor der zweiten Dosis stark senkt.

Eine im Fachblatt «The Lancet» publizierte Studie des Klinik-Infektiologen Eyal Leshem und seines Teams zeigt, dass es in den ersten 14 Tagen nach der ersten Dosis zu einem Rückgang aller SARS-CoV-2-Infektionen um 30 Prozent kam. Diese Reduktion verstärkte sich im Zeitraum von 15 bis 28 Tagen nach der ersten Dosis auf 75 Prozent, während die Zahl der symptomatischen Erkrankungen um 85 Prozent zurückging. Das Ergebnis der Studie könnte es als gerechtfertigt erscheinen lassen, in Ländern mit Impfstoffknappheit vorläufig auf eine zweite Dosis zu verzichten, um dafür mit einer Einzeldosis einen grösseren Teil der Bevölkerung zu impfen.

Anlass zur Hoffnung gibt auch eine grosse Beobachtungsstudie des israelischen Gesundheitsministeriums, das mit Pfizer/Biontech zusammenarbeitet. Die Studie, die noch nicht offiziell veröffentlicht ist, wertete die Daten von rund 1,7 Millionen Geimpften aus und kam zur Einschätzung, dass der Impfstoff eine Übertragung des Virus zu gut 89 Prozent verhindern kann – und dies unter Einbezug der asymptomatischen Fälle.

Offenbar gilt dieser Schutz auch für die britische Virusmutante B.1.1.7, denn diese dominierte bei den in Israel untersuchten Fällen bereits mit mehr als 80 Prozent. Angaben zum Schutz vor der südafrikanischen oder brasilianischen Mutante fehlen, da hier zu wenig Fälle beobachtet wurden. Im «New England Journal of Medicine» veröffentlichte Laboranalysen deuten allerdings darauf hin, dass BNT162b2 gegen die südafrikanische Mutante B.1.351 weniger stark wirkt. Die neutralisierende Wirkung des Impfstoffs war hier um zwei Drittel verringert. Nach Angaben von Biontech ist sie jedoch immer noch hoch genug, um die Viren zu neutralisieren.

Gemäss weiteren Angaben des israelischen Gesundheitsministeriums verhinderte der Impfstoff nach Verabreichung der zweiten Dosis zu 95,8 Prozent eine Erkrankung an Covid-19, zu 98 Prozent das Auftreten von Symptomen wie Fieber und Atembeschwerden und zu etwa 99 Prozent Krankenhausaufenthalte, schwere Erkrankungen und Tod.

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COVID-19 Vaccine von Moderna

Impfstoff-Typ

Der Impfstoff mRNA-1273 von Moderna, der unter der Bezeichnung «COVID-19 Vaccine Moderna» vertrieben wird, basiert wie jener von Pfizer/Biontech darauf, mRNA mit dem Bauplan des Spike-Proteins von SARS-CoV-2 in die Körperzellen einzuschleusen und den Körper damit zu einer Immun-Antwort zu veranlassen.

Verabreichung

2 Dosen zu je 0,5 Milliliter im Abstand von mindestens 28 Tagen, verabreicht als intramuskuläre Injektion in den Oberarm. Zugelassen für Erwachsene ab 18 Jahren.

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Verpackungen für Moderna-Impfdosen im McKesson-Verteilzentrum in Olive Branch, US-Staat Missouri.Bild: keystone

Wirksamkeit

14 Tage nach der zweiten Dosis erreichte mRNA-1273 in der Phase-III-Studie einen Schutz von 94,1 Prozent, also nahezu so gut wie der Impfstoff von Pfizer/Biontech. In der Altersgruppe ab 65 Jahren war das Moderna-Vakzin etwas weniger effektiv, hier betrug der Schutz lediglich 86,4 Prozent – allerdings wurden in dieser Altersgruppe deutlich weniger Probanden getestet. Die Schutzwirkung gegen Covid-19 begann bereits zwei Wochen nach der ersten Dosis; eine Woche nach der zweiten Dosis war die maximale Wirksamkeit erreicht. Eine schwere Covid-19-Erkrankung verhinderte der Impfstoff zu 100 Prozent.

Kumulierte Fälle von Covid-19-Erkrankungen nach Vergabe von mRNA-1273 von Moderna und Placebos.
https://www.fda.gov/media/144434/download
Kumulierte Covid-19-Fälle nach Verabreichung von mRNA-1273 (rote Kurve) und eines Placebos (blaue Kurve).Diagramm: FDA.gov

Laut einer Mitteilung von Moderna entfaltete der Impfstoff bei In-vitro-Tests seine Wirkung auch gegen die britische und südafrikanische Mutante. Allerdings räumte das Pharmaunternehmen ein, dass der Impfstoff die südafrikanische Virus-Variante B.1.351 langsamer und weniger effizient bekämpfte: Die Menge der Antikörper gegen das Virus war hier sechsmal geringer. Trotzdem liege der neutralisierende Spiegel der Antikörper noch über der Schwelle, oberhalb derer eine Schutzwirkung erwartet werde.

Moderna will den Impfstoff dennoch weiter verbessern und eine Variante mit spezifisch auf die südafrikanische Mutante zugeschnittenem Design (mRNA-1273.351) testen. Zudem sollen Tests zeigen, ob eine dritte Impfdosis die Immunisierung verbessern könnte. In welchem Zeitraum nach der zweiten Dosis eine solche dritte Dosis verabreicht werden könnte, teilte Moderna nicht mit.

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Impfstoff von AstraZeneca

Impfstoff-Typ

Beim Vakzin ChAdOx1 nCoV-19 (AZD1222) von AstraZeneca, dessen Marktbezeichnung noch nicht festgelegt ist, handelt es sich um einen sogenannten Vektorviren-Impfstoff. Er basiert auf einem Schimpansen-Adenovirus, das sich in menschlichen Zellen nicht vermehren kann und den genetischen Bauplan (DNA) für das Spike-Protein des Virus in die Körperzellen transportiert. Der Körper bildet darauf Antikörper gegen das Protein, die danach auch im Falle eines Kontakts mit SARS-CoV-2 gegen das Virus vorgehen.

Verabreichung

2 Dosen zu je 0,5 Milliliter im Abstand von 28 bis 84 Tagen, verabreicht als intramuskuläre Injektion in den Oberarm. Zugelassen für Erwachsene ab 18 Jahren.

Britain's Prime Minister Boris Johnson holds a vial of the Oxford/Astra Zeneca Covid-19 vaccine at a vaccination centre in Cwmbran, south Wales, Wednesday Feb. 17, 2021. (Geoff Caddick/Pool via A ...
Der britische Premierminister Boris Johnson mit dem AstraZeneca-Impfstoff, der in Grossbritannien im grossen Stil eingesetzt wird.Bild: keystone

Wirksamkeit

Gegen eine symptomatische Covid-19-Erkrankung bietet das Vakzin AZD1222 von AstraZeneca gemäss der Phase-III-Studie einen Schutz von rund 63 Prozent. Längere Intervalle zwischen den beiden Dosen scheinen die Wirksamkeit zu erhöhen. Die Altersgruppe der Über-65-Jährigen machte jedoch nur knapp zehn Prozent der Testpersonen aus, und unter ihnen gab es lediglich 12 Fälle von Covid-19, so dass die für diese Gruppe ermittelte Schutzwirkung von 52 Prozent auf einer schwachen statistischen Basis steht.

Bei einer Testreihe mit einer kleinen Gruppe von bis zu 55-jährigen Teilnehmern in der Phase III wurde den Probanden zunächst eine halbe Dosis und beim zweiten Mal eine volle Dosis verabreicht. Hier betrug der Schutz 90 Prozent. Auch eine vor kurzem veröffentlichte Studie, die in «The Lancet» veröffentlicht wurde und Daten von AstraZeneca und der Universität von Oxford nutzte, kam zum Schluss, dass ein längeres Dosierungsintervall die Wirkung des Impfstoffs verbessert.

Gegen das Risiko einer schweren Covid-19-Erkrankung scheint AZD1222 sogar besser zu schützen als der Impfstoff von Pfizer/Biontech. Dies legt eine umfangreiche Beobachtungsstudie aus Schottland nahe, die durch Covid-19 bedingte Krankenhausaufenthalte untersuchte. Für den Impfstoff von AstraZeneca ermittelte die Studie eine Wirksamkeit von 94 Prozent, während das Vakzin von Pfizer/Biontech lediglich auf 85 Prozent kam.

Der AstraZeneca-Impfstoff wird im grossen Stil in Grossbritannien eingesetzt. Gegen die dort dominierende britische Mutante ist er nachweislich wirksam. Zweifel bestehen indes, ob dies auch bei der südafrikanischen Mutante der Fall ist. Eine südafrikanische Studie zeigte unlängst, dass die Wirksamkeit gegen B.1.351 lediglich 10,4 Prozent betrug. Gegen milde und moderate Fälle von Covid-19 bot der Impfstoff kaum Schutz. Zur Wirkung gegen schwere Fälle konnte keine klare Aussage getroffen werden, da die Studie relativ klein war und vornehmlich jüngere Personen mit eher leichten Krankheitsverläufen daran teilnahmen. Obwohl die Weltgesundheitsorganisation WHO den weiteren Einsatz des Vakzins empfiehlt, haben die südafrikanischen Behörden die Impfungen mit AZD1222 vorläufig gestoppt.

Jetzt kommen die Impf-Taxis!

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50 Kommentare
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joe
24.02.2021 10:46registriert Januar 2014
Am Ende ist es wie beim Bier...

...lieber Astra als Corona! ;-)
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RichiZueri
24.02.2021 10:22registriert September 2019
Top! Hatte letzte Woche eine längere Diskussion über die Wirksamkeit der verschiedenen Impfstoffe, welche mit diesem Artikel in Zukunft einiges verkürzt werden kann :)
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S. B.
24.02.2021 11:06registriert März 2014
8'000 facebook shares?! Ich hoffe Huber kriegt ein kräftiges Schulterklopfen vom Chef für diesen Blockbuster-Artikel.
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