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Pfarrer über Homosexuelle: «Das ist ein todeswürdiges Verbrechen!»

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Pfarrer über Homosexuelle: «Das ist ein todeswürdiges Verbrechen!»

Der deutsche Pastor Olaf Latzel von der evangelischen Kirche Bremens ist wegen Volksverhetzung verurteilt worden.
28.11.2020, 08:03
Hugo Stamm
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Wenn es nicht auf einem Datenträger festgehalten wäre, würde man es nicht glauben: Ein evangelischer Pfarrer sagte, gelebte Homosexualität sei wie Ehebruch ein «todeswürdiges Verbrechen», und der ganze Gender-Dreck sei «zutiefst teuflisch und satanisch».

Man glaubt, mit einer Zeitmaschine um einhundert Jahre zurück katapultiert worden zu sein. Aber nein, der gute Pfarrer machte die Aussage vor gut einem Jahr an einem Eheseminar.

Olaf Latzel
Pfarrer Olaf Latzel wurde wegen Volksverhetzung verurteilt.screenshot: youtube/Olaf Latzel

Dass er diese Woche wegen Volksverhetzung verurteilt wurde, empfindet sein Anwalt als eine grosse Katastrophe. Der Geistliche wohl auch. Damit stellen sie die Welt gleich noch einmal auf den Kopf. Der Glaube macht's möglich.

«Überall laufen diese Verbrecher rum vom Christopher Street Day, feiern ihre Partys.»

Doch schön der Reihe nach.

Olaf Latzel, Pfarrer der evangelischen St.-Martini-Gemeinde an der Schlachte in Bremen, nutzte im Oktober 2019 ein Eheseminar, um heiratswillige Schäfchen vor einem Ehebruch und der Homosexualität zu warnen. Neben den bereits erwähnten verbalen Entgleisungen drohte der evangelikal geprägte Pastor: «Überall laufen diese Verbrecher rum vom Christopher Street Day, feiern ihre Partys.» So berichteten es deutsche Medien.

Nachdem sein Seminar auf die Homepage hochgeladen worden war, setzte ein Shitstorm ein, der zu mehreren Anzeigen führte. Die Staatsanwaltschaft machte Nägel mit Köpfen und verlangte vier Monate Haft wegen Volksverhetzung, umgewandelt in eine Geldstrafe von 120 Tagessätzen à 90 Euro.

Latzel und sein Anwalt waren geschockt. Volksverhetzung? Unmöglich.

Beim Prozess am Amtsgericht Bremen verteidigte sich der Pfarrer mit dem Argument, seine Worte seien nicht gegen Menschen gerichtet gewesen. Er habe nichts gegen Homosexuelle, sondern lehne nur die Homosexualität als Sünde ab. Damit folge er dem Wort Gottes in der Bibel.

Richterin Ellen Best konterte trocken, Homosexualität ohne Menschen sei nicht denkbar. Daran ändere auch der Hinweis auf die Bibel nichts.

Richterin: Es ist eine Verzerrung, von Homo-Lobby zu sprechen

Es sei eine stark emotionalisierende Verzerrung, von teuflischer Homo-Lobby zu sprechen, sagte sie bei der Urteilsbegründung. Homosexuelle in die Nähe von Verbrechern zu stellen, könne so interpretiert werden, dass es erlaubt sei, gegen sie vorzugehen. Latzel habe Homosexuellen abgesprochen, gleichwertige Personen der Gesellschaft zu sein.

Der Verteidiger des Pfarrers sprach von einer grossen Katastrophe. Das Urteil sei ein Einfallstor zur Beschränkung der Meinungsfreiheit. «Ich bin nicht das Monster, zu dem ich gemacht werde», ergänzte Olaf Latzel.

Die wortgetreue Auslegung

Für ihn war es denn auch keine Genugtuung, dass die Richterin die kleinstmögliche Strafe für Volksverhetzung anwandte. Sie verurteilte ihn zu einer dreimonatigen Haftstrafe, die sie in 90 Tagessätze zu 90 Euro umwandelte. Der Verteidiger verkündete, das Urteil durch alle notwendige Instanzen anzufechten.

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Was reitet einen Pfarrer einer Landeskirche, so gegen Homosexuelle zu wüten? Die Legitimation für seine anachronistischen Ansichten holt er aus der Bibel, die für ihn das authentische Wort Gottes ist.

Dort steht: «Schläft einer mit einem Mann, wie man mit einer Frau schläft, dann haben sie eine Gräueltat begangen. Beide werden mit dem Tod bestraft. Ihr Blut soll auf sie kommen.»

Den heiligen Furor bezieht der Pfarrer wohl aus seiner religiösen Verblendung, die ihn radikalisiert hat. Deshalb sieht er sich als Vollstrecker von Gottes Auftrag, die Leute aus dem Griff des Satans zu befreien. Das Resultat ist verheerend.

Am Anfang war das Wort. Das Wort der Bibel.

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Hugo Stamm; Religionsblogger
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Glaube, Gott oder Gesundbeter – nichts ist ihm heilig: Religions-Blogger und Sekten-Kenner Hugo Stamm befasst sich seit den Siebzigerjahren mit neureligiösen Bewegungen, Sekten, Esoterik, Okkultismus und Scharlatanerie. Er hält Vorträge, schreibt Bücher und berät Betroffene.
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387 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Pafeld
28.11.2020 09:28registriert August 2014
"Wer einem Kind Böses antut, ist mit einem Mühlstein um den Hals im Meer zu versenken (Mt 18,6)."

Wäre ja noch immer mein Lieblingszitat aus der Bibel. Aber da nehmen es die heuchlerischen Geistlichen dann eben nicht mehr sooo genau. Vermutlich, weil der dadurch ausgelöste Mangel an Mühlsteinen Engpässe in den Hostienbäckereien verursachen würde. Oder weil bei wirklich konsequenter Anwendung der Platz im Meer eng werden würde.
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PhilippS
28.11.2020 08:36registriert September 2016
Zum Thema „Sünde“ und „du sollst nicht töten“ empfehle ich jedem, der‘s nicht gesehen hat, den SRF Club Themenabend „Gott“ vom letzten Montag nachzuschauen.

Ging zwar im Sterbehilfe, nicht um Homosexualität. Aber man bekommt dort anschaulich erklärt - im Teil mit dem Bischof - warum der Herr Pfarrer die Bibel wohl etwas gar einseitig auslegt.

Töten ist wohl die grösste Sünde, Herr Pfarrer. Da nützt es auch nichts als Ausrede, die Handlung gemeint haben zu wollen. Wie er Handlungen „töten“ will, ist mir schleierhaft. Gute Reaktion der Richterin!
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Atavar
28.11.2020 11:09registriert März 2020
Ich würde mir folgendes Wünschen:
- Abschaffung des Kirchenrechtes
- konsequente Verfolgung aller Verfehlungen von kirchlichen Amtsträgern
- Abschaffung der automatischen Kirchenzugehörigkeit
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