Der kosmische Gigant, ein sogenannter Leuchtkräftiger Blauer Veränderlicher, befand sich in der rund 75 Millionen Lichtjahre entfernten Kinman-Zwerggalaxie PHL 293B im Sternbild Wassermann und war einer der hellsten bekannten Sterne überhaupt: Der instabile Hyperriese strahlte ungefähr 2,5 Millionen Mal so hell wie unsere Sonne.
Doch nun ist er spurlos verschwunden, wie Astronomen um Andrew Allan vom Trinity College Dublin mitteilen. Die Wissenschaftler hatten eigentlich geplant, das Ende von besonders massereichen Sternen an diesem dafür gut geeigneten Beispiel zu erforschen. Leuchtkräftige Blaue Veränderliche (LBV) sind massive instabile Sterne, die für eine kurze Zeit extrem hell strahlen. Der fragliche Stern befand sich nach Ansicht der Forscher in einem späten Stadium seiner Entwicklung.
Verschiedene Teams von Astronomen hatten die Signatur des Sterns von 2001 bis 2011 nachgewiesen. 2019 aber fehlte die charakteristische Signatur, als sie das Objekt mit den vier optischen Teleskopen des Very Large Telescopes (VLT) der Europäischen Südsternwarte (European Southern Observatory, ESO) untersuchten. Sie seien überrascht gewesen, als der Stern verschwunden war, sagte Allan. Ein Blick ins Datenarchiv bestätigte dann, dass die Signatur des Sterns bereits 2016 nicht mehr gemessen worden war.
«Wenn das stimmt, wäre dies die erste direkte Entdeckung eines solchen Monstersterns, der sein Leben auf diese Weise beendet», stellte Allan fest. «Es wäre höchst ungewöhnlich, dass ein so massereicher Stern verschwindet, ohne eine helle Supernova-Explosion auszulösen.» Bisher ging man davon aus, dass instabile Hyperriesen in einer solchen Explosion enden. Das Verschwinden des Sterns könnte daher neue Erkenntnisse zur Entstehung und zum Lebenszyklus von Sternen liefern.
Mögliche Ursache für das plötzliche Verschwinden des blauen Giganten könnte sein, dass er zu einem Schwarzen Loch kollabiert ist, spekulieren die Astronomen. Möglich ist aber auch, dass der Stern bei einem nicht-registrierten Ausbruch einen Teil seiner Leuchtkraft eingebüsst hat und zudem hinter einen Schleier von Staub geraten ist. Hinter der Staubwolke könnte es zu weiteren Eruptionen kommen, die dann aber nicht sichtbar wären.
Es sei nicht aussergewöhnlich, dass Sterne dieser Kategorie ihre Leuchtkraft änderten, erklärten die Astronomen. Normalerweise könnten diese Veränderungen aber mitverfolgt werden. Ihre Studie veröffentlichten sie in der Fachzeitschrift «Monthly Notices of the Royal Astronomical Society» unter dem Titel «The possible disappearance of a massive star in the low-metallicity galaxy PHL 293B» (Das mögliche Verschwinden eines massereichen Sterns in der Galaxie PHL 293B mit geringer Metallisierung).
Die Forscher hoffen, das Rätsel mit dem Extrem Large Telescope (ELT) der ESO lösen zu können, das 2025 den Betrieb aufnehmen soll. Es soll in der Lage sein, Sterne auch in solchen Distanzen aufzulösen. «Wir werden wahrscheinlich einige Jahre warten müssen, bevor wir bestätigen können, welches Schicksal diesem Stern widerfahren ist», sagte Jose Groh, Assistenzprofessor für Astrophysik am Trinity College. (dhr)