Kennst du die Komödie «Und täglich grüsst das Murmeltier»? In dem Film erlebt TV-Wetteransager Phil Connors, gespielt von Bill Murray, den gleichen Tag immer und immer wieder. Geniesst Connors diese (Narren-)Freiheiten anfangs noch, kratzen die Wiederholungen zunehmend an seiner Psyche. Erst als er sich und sein mieses Verhalten ändert und in seiner Kollegin Rita die einzig wahre Liebe findet, fällt der Fluch von ihm ab.
Das vom finnischen Studio Housemarque entwickelte Science-Fiction-Abenteuer «Returnal» funktioniert nach einem ähnlichen Schema. Allerdings ohne Murmeltiere, Bill Murray und schwarzen Humor, dafür aber mit gruseligen Aliens, abgefahrenen Science-Fiction-Waffen und dem mysteriösen Planeten Atropos.
Astronautin Selene erleidet auf diesem Stern Schiffbruch und landet prompt in einer Zeitschleife. In «Returnal» musst du dem Geheimnis des Grusel-Sterns auf die Spur kommen und Selene nach Hause bringen.
Schnell erlernt, aber schwer zu meistern – Das zeichnete auch bisherige Housemarque-Projekte wie «Dead Nation», «Super Stardust», «Resogun» oder «Alienation» aus. Doch waren diese Titel noch gute bis sehr gute Indie-Spiele, bei denen der grössere finanzielle Erfolg ausblieb, zielt «Returnal» auf den Mainstream ab.
Vorbei also die Zeiten der Vogelperspektive und Pixel-Grafik, in dem exklusiv für Playstation 5 erscheinenden Actionspiel kontrollierst du Selene aus der Verfolgeransicht, erfreust dich über detailreiche Zwischensequenzen und stürzt dich in grosse Schlachten mit Alien-Heerscharen auf Atropos.
Der Clou: Wenn du dabei drauf gehst, startest du wieder von vorne – kurz nach dem Absturz. Gesammelte Gegenstände sind verloren und auch die vor dir liegende Spielwelt ist nicht mehr dieselbe. «Returnal» würfelt viele seiner Spielelemente wie Gegner oder auch die Anordnung bestimmter Bereiche bei jedem Neustart zufällig aus. Kein Atropos ist somit wie das andere.
Auf den ersten Blick fällt «Returnal» somit in das Genre der Roguelike-Spiele. Allerdings gönnt dir das Entwicklerstudio einige Hilfefunktionen, sodass das Abenteuer in die etwas «softere» Unterklasse der Roguelites fällt. Housemarque setzt vor allem auf Wiederspielwert und einen gewissen Lerneffekt beim Spieler.
Cthonos-Monolithen speichern beispielsweise deinen Fortschritt und spendieren dir beim Neustart ein zufälliges Hilfsmittel. Hinzu kommen versteckte Extra-Leben sowie die Möglichkeit, sich einen Speicherpunkt mit gesammelter Ingame-Währung zu erkaufen. Auch Boss-Gegner wirst du nicht noch einmal besiegen müssen. Das Spiel wartet aber mit lediglich einem Schwierigkeitsgrad auf. Neustarts sind eingeplant, aber «Returnal» soll kein Brocken wie das angesprochene «Demon's Souls» werden.
Stattdessen stehen hier auch die Geschichte und die Auswirkungen der Zeitschleife auf Selenes Psyche im Mittelpunkt. Sie erlebt jeden Bildschirmtod bei vollem Bewusstsein mit und leidet nicht nur unter der Einsamkeit, sondern auch unter der Gewalt und dem ständigen Ableben. In dieser Beziehung erinnert der Titel etwas an «Edge of Tomorrow» mit Tom Cruise in der Hauptrolle. Im Gegensatz zu ähnlichen Spielen, in denen die Herausforderung der Aufgaben oft das Spielerlebnis ausmachen, ist «Returnal» trotz aller Action auch ein erzählendes Abenteuer.
Dennoch kommt Housemarque in Puncto Kampfsystem nicht von früheren Projekten weg. So erwarten dich hektische, knallbunte und effektvolle «Bullet-Hell»-Schlachten, in denen schnelle Reaktionen und ein gutes Auge gefragt sind.
Selene weicht Attacken mit Dashes aus, kann allerdings stets nur eine Waffe tragen. Diese rüstest du aber im Verlauf mit Erweiterungen auf und greifst auf zufällig ausgewürfelte sekundäre Feuermodi zurück. Insgesamt kommt das Spiel so auf 10 Waffen mit über 90 in drei Stufen vorhandenen Upgrades sowie 10 Feuermodi. Da kommt also einiges zusammen!
Ein ekeliges Alien-Detail am Rande: Fiese Tentakel-Parasiten bescheren Selene einen passiven Bonus. Allerdings bringen diese Biester sowohl negative als auch positive Vorteile mit sich, sodass du abwägen musst, ob du die Krabbler an deine Heldin heran lässt.
«Returnal» erscheint am 30. April 2021 – exklusiv für die Playstation 5. Das Roguelite-Abenteuer setzt nicht nur auf die stärkere Hardware der neuen Konsole, vielmehr kommen auch erweiterte Funktionen zum Einsatz.
Die 3D-Audio-Effekte beispielsweise helfen bei der Orientierung in den Kämpfen. Und die adaptiven Trigger des Dualsense Controllers verwendet Housemarque zum Gebrauch gleich beider Feuermodi. Bis zum Widerstand gedrückt, betätigst du das Standard-Feuer. Durchgedrückt dagegen schiesst du den sekundären Modus ab und lässt so etwa Blitz- oder Feuerbälle auf deine Gegner regnen.
Für ein grosses Exklusivspiel wirkt «Returnal» geradezu unbequem unkonventionell: Ressourcen-Verluste, Zeitschleifen und Baller-Action wollen so gar nicht in die weichgespülte Mainstream-Welt der Playstation 5 passen. Housemarque geht mit dem Konzept hinter «Returnal» durchaus Risiken ein.
Aber genau in dieser Andersartigkeit dürfte auch die Faszination des Science-Fiction-Abenteuers liegen. Ähnlich wie in «Demon's Souls» haben die eigenen Taten hier Konsequenzen und das Erforschen einer fremden Welt brachte schon unzähligen anderen Spielen den Erfolg. In Zeiten, in denen grosse Produktionen eher spärlich gesät sind, kommt «Returnal» gerade recht und das könnte wie für den MMO-Shooter «Outriders» eine grosse Chance sein.
«Returnal» jedenfalls schreit nicht gerade nach der breiten Masse, besitzt aber trotzdem viele Qualitäten, um diese zu erreichen. Ob das gelingt und ob Housemarque das Spiel in Corona-Zeiten problem- und fehlerlos an den Start bringt, muss sich aber erst zeigen.