Ein gewaltiges Tosen erfüllt die Luft, wenn sich tonnenschwere Eismassen plötzlich lösen und lawinenartig den Steilhang hinunterdonnern. Augenzeugin dieses Spektakels war unter anderem Luzia Rohrer, die im richtigen Moment die Kamera gezückt hielt. Das Ergebnis ist ein Video des Schweizer Gletscherabbruchs, das nun um die Welt geht – zumindest im digitalen Raum.
Am unteren #Turtmanngletscher im #Wallis ereignete sich am Donnerstagvormittag ein spektakulärer #Gletscherabbruch. In den kommenden Tagen werden weitere Abbrüche erwartet.
— SRF Meteo (@srfmeteo) August 7, 2020
📽️: Luzia Rohrer. 👏👏 ^gf pic.twitter.com/CoOT3qCkOW
Schon zuvor haben mehrere kleine Eisabbrüche am Turtmanngletscher den Sturz angekündigt. Solche Abbrüche zählen zu den hydrologisch-glaziologischen Naturgefahren, da die Massenbewegungen Lawinen und Überschwemmungen verursachen können.
Nach dem Gletschersturz haben die Verantwortlichen des Kraftwerkes Gougra deshalb den Gletscherfluss Turtmänna zwei Stunden zurückgestaut, um einer Flutwelle vorzubeugen.
Nachdem das Schweizerische Radio und Fernsehen (SRF) die Aufnahme auf Twitter teilte, ist die internationale Nachrichtenagentur Reuters darauf aufmerksam geworden. Sie verbreitete das Video auf ihrer eigenen Plattform:
A Swiss glacier’s stunning collapse was caught on camera pic.twitter.com/ddYNqa2H8w
— Reuters (@Reuters) August 12, 2020
Am 14. August ist dann auch die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg auf den Schweizer Gletschersturz gestossen. Sie schreibt dazu:
The period 1July 2019 - 30June 2020 was the warmest 12 months ever recorded. Wildfires, floods, storms, droughts, melting permafrost, locust swarms, historic heatwaves. And now glaciers are literally collapsing in front of our eyes.
— Greta Thunberg (@GretaThunberg) August 14, 2020
When will we start treating this as a crisis? https://t.co/BPcWtpeYcK
Bei Gletscherstürzen spielen mehrere Faktoren eine Rolle: Eistemperatur, Beschaffung der Felsunterlage und Fliessgeschwindigkeit.
Ein Grossteil der Gletscher dieser Erde erlebt derzeit einen Rückgang ihrer Eismasse – nur ganz wenige verzeichnen einen Zuwachs (meist in Zusammenhang mit mehr Schneefall in der Region). Die Alpengletscher ziehen sich samt und sonders zurück, ihr Eisvolumen und ihre Länge nimmt seit 1850 ab.
So how did #Turtmann #glacier look like before it broke apart yesterday? I had a look in my photo archive, showing the thinning of the #icefall between 2011 and 2019. https://t.co/YrYyHAxxqi pic.twitter.com/dXR6Xk6Y0I
— Jana Eichel (@AlpineBiogeo) August 7, 2020
Der nun erfolgte Gletschersturz am 6. August hat die Gletscherzunge, den unteren Teil des Eismassivs, vom oberen Teil abgetrennt – der Sturz ist somit ein Zeichen des Gletscherrückzugs und der wiederum ein Symptom der Erwärmung.
Die Zunge ist nun nicht länger mit der Haupteismasse verbunden und verweilt als sogenanntes Toteis (sich nicht mehr bewegendes Eis) am unteren Felshang. Mit der Zeit wird die ehemalige Zunge schmelzen und kleine Seen und andere Formen in der Landschaft zurücklassen.