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Kafi Dienstag

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Kafi Dienstag

01.04.2014, 17:4917.04.2020, 16:31
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Keine Angst, werte Kollegin Kafi Freitag, ich habe mich lediglich des wohlklingenden Wortspiels wegen deines Namens bedient. Und so soll’s hier nicht um die watsonsche Bloggerinnenschaft gehen, sondern tatsächlich um ein Kafi am Dienstag. Da bin ich nämlich gerade und schreibe diese Kolumne real-time. So eine Art «24» für Freunde des geschriebenen Wortes. Ohne Jack Bauer zwar, dafür ist grad ein Alt-Nationalrat vorbeispaziert und das ist ja hierzulande bereits in etwa das Maximum an Spannung, was man an einem solchen Dienstagnachmittag erwarten kann.

Nun sitze ich denn also an der Sonne, warte auf meine beste Freundin und schaue gemeinsam mit meinem überteuerten Mineralwasser hinaus in die früh-frühlingshafte Züriluft. Ich bin zu früh, wie sehr oft. Ich mag Frühsein, da kann man es sich gemütlich machen und Menschen beobachten.

«Michi ist ein Arschloch.»

So wurde ich soeben Zeugin eines Gesprächs zwischen zwei jungen Frauen – und ich musste nicht lauschen, sie waren bei weitem laut genug. Denn sie waren wütend, ja, ausser sich. Die Grundaussage der Diskussion, so wurde innert Sekundenfrist klar, war «Michi ist ein Arschloch». Er, also Michi, habe sie, Mädchen Nummer eins, nämlich «voll verarscht». Man habe zur Geburiparty ihrer besten Freundin gehen wollen, worauf Michi meinte, er wolle lieber bei sich eine ruhige Kugel schieben. Lange Rede, kurzer Sinn: Mädchen Nummer eins traf ihren Casanova am Ende stockbesoffen und voll mit noch anderen lustigen Sachen morgens um 5 im Hive. Mit seinen Kumpels. Hive-Five, Michi, du Pfosten.

Oh weh, oh weh. Es sei ja mega in Ordnung, wenn er weggehe, aber er solle das gefälligst mit ihr besprechen und ihr nicht so einen Seich erzählen und sich dann wegschleichen. Und seine Kumpels seien sowieso alle mega Tubel. Und so weiter und so fort...
Und obwohl ich die Verzweiflung von Mädchen Nummer eins uu gut verstehen kann, komme ich nicht umhin, das Gefühl zu bekommen, sie rede von einem Fünfjährigen oder einem Labrador.

Mädchen Nummer zwei ist eine gute Freundin und gibt in alter Genossinnenmanier alles, um Mädchen Nummer eins von ihrem Kummer zu erlösen. «Er isch's imfall so nöd Wert», «Ich mein sorry mal, was meint er eich, wer er isch?!» und «Du bisch so vill zguet für ihn». Nach fünf Minuten Intensivtherapie kann Mädchen Nummer eins schon wieder durch ihren Schnudder hindurch lachen und das finde ich schön.

«Er ist damit beschäftigt, sein Schoggicornet möglichst gleichmässig in seinem Gesicht zu verteilen.»

Unterdessen hat sich eine Mutter mit ihrem rund zweijährigen Buben und einem sehr herzigen Hund neben mich gesetzt. Der Bub, unwissend darüber, dass eventuell auch einmal ein Mädchen sehr böse auf ihn sein würde, ist damit beschäftigt, ein Schoggicornet möglichst gleichmässig in seinem Gesicht zu verteilen.

Als die Mutter einmal - offensichtlich mit dem Papa («...villicht na Broccoli. Marcel? Ich ghör dich nöd... NEI!! BROCCOLI HANI GSEIT! BROCCOOOLLLIIII! HALLO?») - telefoniert, streckt der Kleine völlig entspannt sein Glacé dem gierig darauf starrenden Schäfer hin, welcher natürlich sofort einen grossen Schläck nimmt. Der Bub nimmt in der Folge selber wieder einen Mundvoll und so weiter, bis der Hund genauso verschmiert, aber auch genauso glücklich ist wie sein kleinkindliches Herrchen. Als die Mutter mit Telefonieren fertig ist, sagt sie erstaunt: «Häsch jetz scho das ganze Glacé wegputzt?», worauf der Kleine strahlend nickt, während sich der Hund unter dem Tisch zufrieden die Schnauze sauber leckt.

So ist das, am Dienstag im Kafi. Da spielen sich die grossen Emotionen und die noch grösseren Verschwörungen ab. Einfach wunderbar, das Leben in der Stadt im Frühling.

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Yonni Meyer
Sie gilt als das neueste Schweizer Facebook-Phänomen: Yonni Meyer schreibt als Pony M. über ihre Alltagsbeobachtungen - direkt und scharfzüngig. Tausende Fans lesen mittlerweile jeden ihrer Beiträge. Bei watson schreibt die Reiterin ohne Pony - aber nicht weniger unverblümt.

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Fuck you, Finn!
Valentina ist verliebt. Nicht in mich. In Finn. Der Loser der Situation: ich.

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