200'000 Euro Schaden und eine monatelange Sanierung: So lautet die Bilanz eines Brands in einem deutschen Parkhaus. Im vergangenen September ging in Kulmbach (Bayern) ein Auto in Flammen auf. Nun öffnet das Parkhaus wieder seine Schranken – allerdings nicht für Autos mit einem Elektro- oder Hybridantrieb. Für sie gilt jetzt ein Einfahrverbot.
Interessant: Das Auto, das Feuer fing, hatte einen herkömmlichen Verbrennungsmotor und nicht etwa einen Elektro- oder Hybridantrieb.
In der Schweiz wurden von der EMPA in einem Testtunnel Modellbrände durchgeführt, auch mit E-Autos.
— Maximilian Fichtner (@MaxFichtner) February 17, 2021
Ergebnis: die Beschädigung/Beeinträchtigung des Tunnels unterscheidet sich nicht. Entscheidend sei die Brandlast, und die ist bei E-Autos ähnlich wie bei Verbrennern.
300 Kilometer weiter, im schwäbischen Leonberg nahe Stuttgart: Auch im Parkhaus Altstadt, «der beste Ausgangspunkt für einen Besuch in unserer historischen Altstadt» (Stadt Leonberg), sind alternative Antriebe nicht mehr willkommen. «Aus brandschutzrechtlichen Gründen ist momentan die Zufahrt ins Parkhaus Altstadt für E- und Hybridfahrzeuge nicht gestattet», lautet die Erklärung.
Brandschutzrechtliche Gründe – das wirft Fragen auf und scheint Skeptiker zu bestätigen. Ist der E-Antrieb also ein rollender Molotow-Cocktail?
E-Autos brennen nicht häufiger als Benziner, aber ein brennendes Elektroauto gilt als etwas schwieriger löschbar. Entflammte Akkus entwickeln eine enorme Hitze, ausserdem können giftige Dämpfe austreten. Teilweise können sich bereits gekühlte Batterien über Tage hinweg immer wieder neu entzünden. Zum Kühlen der Batterie wird mehr Wasser benötigt – oder Spezialgerät wie ein riesiger Wassercontainer, so gross wie ein Lkw, in dem die Feuerwehr das brennende Elektroauto komplett versenkt. Beides ist in einem engen Parkhaus denkbar ungünstig. Deshalb könnte es zu einem unkontrollierbaren Brand mit nicht nicht absehbaren Folgen kommen, lautet die Befürchtung.
Diese Befürchtung bedeutet allerdings kein generell höheres Risiko durch moderne Elektroautos – auch wenn die Bilder ihrer ausgebrannten Wracks besonders spektakulär sind.
Denn trotz dieser beängstigenden Aufnahmen sagen die Experten der deutschen Prüfgesellschaft Dekra: Die Gefahr ist nicht grösser als beim Verbrenner. Das habe sich bei vergleichenden Tests mit Brand- und Löschversuchen gezeigt.
Zwar könne die Batterie eines E-Autos tatsächlich in Flammen aufgehen, wenn das Auto in eine heftige Kollision verwickelt wird. Aber: Die Gefahr, dass sich ein solcher Brand schnell auf das gesamte Fahrzeug ausbreitet, sei bei einem E-Auto geringer als bei Diesel- und Benzin-Autos. Denn beim E-Auto können keine grossen Mengen brennbarer Flüssigkeiten austreten und zum raschen Übergreifen der Flammen auf weitere Bereiche führen.
Die DEKRA ging dabei über die Norm des Euro NCAP hinaus:
— Tim Knopf (@lokfuehrer_tim) February 28, 2020
Seitlich, Frontal und auf einen Pfahl, alle Aufprallgeschwindigkeiten mit 60 km/h.
Ergebnis: Kein Feuer.
Die Batterien wurden zwar teils schwer beschädigt, fingen aber kein Feuer! (Bild: DEKRA)
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Natürlich sind die Rauchgase, die beim Brand eines E-Autos freigesetzt werden, stark gesundheitsschädlich – das gilt aber für jedes andere brennende Auto auch.
Auch die Gefahr der Selbstentzündung des Akkus ist gemäss Experten bei modernen E-Autos kaum gegeben: Die Auto-Batterien unterscheiden sich in ihrem Aufbau grundsätzlich von Akkus in Smartphones.
Der Deutsche Feuerwehr-Verband (DFV) sieht für ein generelles Parkverbot von Elektroautos in Tiefgaragen keinen Anlass. Auch das Laden sei unproblematisch. Ein Brand-Test der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt EMPA legt ebenfalls kein Verbot für Elektroautos in Tiefgaragen nahe.
Allerdings benötigt die Feuerwehr tatsächlich Spezialgerät und eine entsprechende Schulung. Hier sehen Fachleute noch Nachholbedarf. Und dann dürfte auch für E-Autos die Parkhaus-Schranke wieder hochgehen. Ein Grund, sich gegen einen sauberen Antrieb zu entscheiden, sollten einzelne Verbote – zumal befristete – jedenfalls nicht sein.