«Die Batterie hat das Rennen gewonnen.» Mit diesem bemerkenswerten Satz machte Volkswagen-Chef Herbert Diess vor Kurzem auch dem Letzten klar, was Sache ist. Elektroautos erobern insbesondere in Europa und China die Strassen sehr viel schneller, als dies viele bis vor Kurzem gedacht haben. Der einfache Grund: Die Elektromobilität ist die beste Chance der Autohersteller die weltweit immer strengeren CO2-Gesetze einzuhalten und so milliardenschwere Strafzahlungen abzuwenden.
Alternativen wie Wasserstoff oder synthetische Treibstoffe sind für Personenwagen in den nächsten Jahren zu ineffizient und zu teuer. Auto-Batterien hingegen wurden in den letzten zehn Jahren massiv leistungsfähiger und günstiger. Seit 2010 sind die Preise von Lithium-Ionen-Batterien um 89 Prozent gesunken. Diese Entwicklung wird in den kommenden Jahren anhalten und die Preise von Elektroautos weiter purzeln lassen.
In Europa und auch in der Schweiz wird zudem die öffentliche Ladeinfrastruktur von der Privatwirtschaft rasant ausgebaut. Seitdem mehrere grosse Hersteller das Aus für den Verbrennungsmotor angekündigt haben, besteht kaum mehr Zweifel daran, dass dem Elektroauto die Zukunft gehört. Schnelllade-Stationen schiessen insbesondere entlang der Hauptverkehrsachsen wie Pilze aus dem Boden. Darauf reagiert auch die Kundschaft: 2020 waren 8,2 Prozent der verkauften Neuwagen in der Schweiz Elektroautos, im Jahr davor waren es erst 4,2 Prozent (Plug-in-Hybride mit Steckeranschluss nicht mitgezählt).
Während vor der Corona-Pandemie Elektroautos vor allem in China gefragt waren, wollen seit 2020 auch immer mehr Europäer ein E-Auto. Die Gründe dafür sind vielseitig: Die Auswahl neuer Modelle ist massiv gestiegen, in einigen Ländern wird der E-Auto-Kauf staatlich subventioniert und inzwischen hat sich herumgesprochen, dass die sogenannte Reichweitenangst weitgehend unbegründet ist. Zentral sind auch Klima- und zunehmend finanzielle Überlegungen. Zwar sind die Anschaffungskosten vergleichsweise hoch, aber die Betriebskosten deutlich günstiger. Nach einigen Jahren kommt ein Stromer günstiger als ein vergleichbarer Verbrenner, wie der Online-Vergleichsrechner des TCS zeigt.
Die gestiegene Nachfrage stösst allerdings auf ein beschränktes Angebot, was je nach Modell und Marke zu gewissen Wartezeiten führt. Die folgende Übersicht zeigt die aktuellen Lieferfristen der in der Schweiz populärsten Elektroautos.
Bei vielen Marken sind die aktuellen Elektroautos sofort bzw. innerhalb weniger Tage verfügbar, sofern man sich für ein vorkonfiguriertes Modell ab Lager entscheidet. Wird das Auto mit der persönlichen Wunschkonfiguration bestellt, kann es bis zur Auslieferung ein paar Wochen oder auch ein halbes Jahr dauern.
Die in der Schweiz aktuell meistverkauften Elektroautos – Tesla Model 3, Renault Zoe und VW ID.3 – sind sofort verfügbar, wenn man sich für ein Modell ab Lager entscheidet. Wird das Auto online oder beim Händler nach den eigenen Wünschen konfiguriert und ab Werk bestellt, dauert die Lieferung bei VW rund zwei und bei Renault drei Monate. Beim Model 3 erfolgt die Auslieferung nach rund zwei Monaten.
Auch Volvos Elektroauto-Marke Polestar verkauft sich aktuell gut bei uns. «Von Bestellung bis Übergabe beträgt die Lieferzeit für einen Polestar 2 (Werksbestellung) 3 bis 4 Monate», sagt ein Firmensprecher. Im besten Fall innerhalb eines Monats erhält man den Polestar 2, wenn man auf der Webseite ein vorkonfiguriertes Modell wählt.
Der Hyundai Kona gehört seit längerem zu den beliebtesten Elektroautos der Schweiz. Der kompakte SUV ist ebenfalls sofort ab Lager verfügbar. Gleiches gilt für den ähnlichen E-Niro der Hyundai-Tochter Kia. Bei Kia haben Elektroautos mit der kleineren von zwei Batteriegrössen allerdings eine Lieferzeit von vier bis sechs Monaten. Im Herbst folgt mit dem Crossover-SUV EV6 das nächste Elektromodell von Kia.
Bei Fords neuem Elektro-Mustang Mach-E dauert die Auslieferung ebenfalls maximal sechs Monate, wie ein Firmensprecher sagt. Nach neun Wochen steht der Mach-E vor der Haustür, wenn man ein Standard-Modell auswählt.
Der altbekannte Nissan Leaf hat abhängig von der Ausstattung eine aktuelle Lieferzeit von wenigen Tagen bis zu zwei Monaten.
Der 2013 lancierte Kleinwagen BMW i3 wird innerhalb von einem bis zwei Monaten ausgeliefert. BMWs elektrischer Oberklasse-SUV iX3 hat aktuell eine Lieferfrist von vier bis fünf Monaten. Ende 2021 soll der im März vorgestellte BMW i4 folgen. «Die Konfiguration des Fahrzeugs hat auf die Lieferzeit keinen Einfluss», sagt ein Firmensprecher, die Wartezeit könne aber abhängig von der Kundennachfrage ändern.
Porsches Taycan ist ohne individuelle Konfiguration sofort ab Lager verfügbar. Wer seinen elektrischen Traum-Porsche zusammenstellt, wartet zwei bis drei Monate.
Deutlich länger muss man auf die neu aufgelegten Tesla-Modelle S Plaid und X Plaid warten. Wer sie aktuell bestellt, erhält sie frühestens ab November 2021 geliefert. Zur Verfügbarkeit des neuen Elektro-SUV Model Y bleibt Tesla vage. «Die Produktion beginnt voraussichtlich Mitte 2021», sagt ein Firmensprecher.
VW hat den ID.4 Ende März bei uns lanciert. Die Lieferfristen für den Mittelklasse-SUV betragen sechs bis acht Wochen ab Bestellung. Bei der Volkswagen-Tochter Audi haben alle bisherigen E-Tron-Modelle eine Lieferzeit von zwei bis drei Monaten. Im Juni erscheint mit dem Q4 E-Tron der bislang kleinste und günstigste E-Tron.
Relativ schnell bekommt man auch den Kleinwagen Honde E. «Falls er nicht beim Händler sofort verfügbar ist, muss man mit einem Monat für den Advance und zwei Monate für den Basis rechnen», sagt Honda. Die Ausstattung mit Leder würde noch ein paar Wochen länger dauern.
Auf den ähnlich grossen Mini Electric wartet man aktuell 6 bis 8 Wochen, wie BMW Schweiz mitteilt.
Der bei uns beliebte Kleinstwagen Fiat 500 Elektro ist laut Fiat Schweiz sofort verfügbar, auf speziellere Konfigurationen warte man ein bis drei Monate.
Den Smart von Daimler gibt es seit 2020 nur noch als Elektroauto. Alle drei Modelle haben eine Lieferfrist von drei Monaten ab Bestellung.
Bei Mercedes haben der EQA und EQC Lieferfristen von rund 4 Monaten ab Bestellung, wenn diese neu konfiguriert werden. Diese Lieferzeiten entsprechen laut Daimler den üblichen Lieferzeiten eines Mercedes-Benz. «Unsere vollelektrischen Fahrzeuge haben im Vergleich zu Verbrenner-Modellen keinen Lieferverzug», schreibt ein Firmensprecher.
Die Autohersteller müssen sich seit Monaten mit Lieferengpässen bei wichtigen Bauteilen auseinandersetzen. Vielerorts werden insbesondere Halbleiter, die in Mikrochips, LED-Technik und weiteren Elektronik-Komponenten stecken, zur Mangelware.
Halbleiter, ein Material, das nur wenig Strom leitet, sind das grundlegende Material eines Chips bzw. kleiner Prozessoren. Moderne Autos stecken voller Mikrochips, etwa für Fahrerassistenzsysteme. Das Problem: Die Halbleiter-Produzenten haben im Auto-Absatztief während der Corona-Krise auf andere Abnehmer aus IT, Unterhaltungselektronik oder Medizintechnik umgeschwenkt. Autohersteller haben nun Mühe, genügend Halbleiter zu bekommen. Mehrere Hersteller mussten die Produktion bereits drosseln oder Montagewerke kurzzeitig stilllegen.
Das Prognoseunternehmen IHS Markit schätzt, dass in diesem Jahr weltweit rund eine Million Fahrzeuge nicht gebaut werden können. Ob Volkswagen, Daimler, Ford, General Motors oder Tesla, kaum ein Hersteller bleibt vom Halbleiter-Mangel verschont, der durch die Sanktionen der ehemaligen US-Regierung Donald Trumps gegen chinesische Chipfabrikanten verschärft wurde.
Drohende Lieferprobleme will naturgemäss kein Hersteller zugeben. «Bis jetzt hatte der Mangel an Halbleiter keinen Einfluss auf die Verfügbarkeit des Polestar 2 in der Schweiz», antwortet etwa die schwedisch-chinesische E-Automarke. Man erwarte, «wenn überhaupt, nur eine vorübergehende Beeinträchtigung» der Produktion. Auch bei VW scheint der Chipmangel die Produktion der neuen E-Modelle ID.3 und ID.4 bislang nicht spürbar auszubremsen. Die Chip-Knappheit habe «keinen Einfluss auf die Lieferfähigkeit», sagt VW Schweiz.
So oder so: Der Chipmangel ist ein temporäres Problem, das die Hersteller vermutlich in der zweiten Jahreshälfte in den Griff bekommen werden. Wenn es bei gewissen E-Autos künftig zu übermässig langen Wartezeiten kommen sollte, liegt dies eher daran, dass ein Hersteller die Nachfrage unterschätzt hat und zunächst Produktionskapazitäten für ein stark nachgefragtes Modell aufbauen muss.
Ich gehe von einer deutlich längeren Zeitspanne aus. Es sind ja nicht nur die Chiphersteller die Probleme haben, es ist die gesamte Lieferkette für elektronische Bauteile. Das fängt bei den Rohstoffen an und hört schlussendlich beim fertigen Produkt auf. Der Aufbau von neuen Produktionskapazitäten für elektronische Produkte benötigt Zeit und verschlingt ebenfalls Ressourcen welche auch für das fertige Produkt genutzt werden könnten und verknappt so...