Auch wenn der «Sega Mega-CD» erst im April 1993 in unseren Breitengraden erschien, waren Fans der Videospielkultur via Konsum von Fachmagazinen natürlich schon längstens über die neue Unterhaltungsrevolution aus Japan informiert. Noch bevor dieser Hardwarezusatz in unsere Jugendzimmer Einzug halten wollte, wussten wir Dank Import-Tests bestens Bescheid und konnten es kaum erwarten in eine neue Videospiel-Ära abzutauchen. Die Erwartungen waren enorm und die Vorfreude stieg.
Sega Mega-CD war nichts anderes als ein CD-ROM-Laufwerk, das unterhalb der Sega-Konsole Mega Drive gesteckt und angeschlossen wurde. Auf Knopfdruck öffnete sich eine Schublade, in die wir ganz behutsam die CD-Games einlegen konnten. Anstatt dass wir die Spiele in den Modulschacht steckten, konnten wir jetzt wie bei einem normalen Musik-CD-Player die Disc in die dafür vorgesehen Öffnung legen und zusehen, wie sich die Schublade schloss und den Datenträger verschluckte. Faszinierend.
Anfang der 90er-Jahre war das für uns Freundinnen und Freunde der Videospielkultur schlicht und einfach der pure Wahnsinn. Die Zukunft war im Jugendzimmer angekommen und wir waren total geflasht von dieser Future-Technik aus Japan, die uns ganz viel Power versprach. Eine CD als Speichermedium für Videospiele war damals für viele eine Revolution im Heimkonsolen-Bereich. Mit der grossen Datenmenge, die auf so eine Scheibe passte, liessen sich optisch faszinierende Videospielwelten kreieren und zusätzlich mit topmoderner Soundqualität direkt von der CD untermalen. Theoretisch.
Diese erste sogenannte Frontloader-Variante hatte jedoch keine lange Lebensdauer. Segas erstes CD-System blieb in den japanischen und amerikanischen Regalen wie Blei liegen und wurde auch bei uns zu einem Hardware-Flopp. Mit der neuen Hardware-Einheit wollte Sega hauptsächlich gegen die Konkurrenzkonsole Super Nintendo antreten und gewinnen, scheiterte aber bereits wenige Monate nach der Einführung.
Auch das optisch überarbeitete Nachfolgegerät kam nicht vom Fleck. Sega Mega-CD 2 verzichtete auf eine ausfahrbare CD-Schublade und setzte auf ein damals modernes Topload-Laufwerk. Dieses wurde dann nicht mehr unter dem Mega Drive angeschlossen, sondern direkt an der Seite. Da das mit dem alten Mega Drive nicht mehr so ganz schick und einheitlich aussah, warf Sega auch noch gleich eine neue, optisch unterschiedliche Mega Drive-Version in die Regale und versuchte so den Markt nochmals mit neuem Anlauf zu erobern.
Aber auch diese Version scheiterte und hatte keine echte Chance auf dem Massenmarkt. Immerhin: Das Zusatzgerät konnte sich dann doch noch über zwei Millionen Mal verkaufen. Trotz beachtlichem Innenleben und schickem Future-Design, diese neue CD-Technik wollte einfach noch nicht so richtig Fuss fassen. Dabei gab es durchaus ein paar gute oder eher aussergewöhnliche Videospiele für dieses System, die hauptsächlich mit ihren optischen Reizen punkten wollten:
Vampire bedrohen eine Gruppe von Teenies und müssen in bestimmten Momenten mittels simpler Interaktion beschützt und gerettet werden. Auch wenn die Gestalten überhaupt nicht wie Vampire aussahen, dieser interaktive Film war damals eine neue Form der Unterhaltung und liess uns mit offenen Mündern zurück. Ja, das war Trash und peinlich, aber auch eine Mordsgaudi und für viele der erste Schritt in die Full-Motion-Video-Welt.
Wo Sonic draufsteht ist auch (meistens) Sonic drin. Bei dieser Version traf das vollends zu. Ausgeklügelte, abwechslungsreiche Levelstruktur, schicke Grafik und ein wahnsinnig guter Techno-Sound machten Fans glücklich. Auch heute noch spielt sich diese Version hervorragend.
Dieses eine Videospiel aus dem «Krieg der Sterne»-Kosmos zog uns schnell in seinen Bann. Eine damals optisch sehr beeindruckende kleine Geschichte der bekannten Weltraumsage versprühte von Beginn an das wohl vertraute «Star Wars»-Flair. Das alles sieht heute natürlich etwas gar grob aus, war damals aber ein Traum für alle Fans.
Ja, das ist eigentlich nur ein Anime mit ganz komischen Figuren darin. Und ja, das wirkt aus heutiger Sicht doch eher etwas peinlich und fremdschämend. Aber bei einem Anime selber in entscheidenden Momenten in die korrekte Richtung zu drücken, das war damals halt einfach der pure interaktive Wahnsinn.
Dieses Videospiel hatte eine wirklich tragische Hintergrundgeschichte: Ein frisch getrautes Ehepaar wird von gewalttätigen Auto-Anarchisten bedrängt. Die Frau stirbt und der Mann schwört Rache indem er in seinem Boliden Jagd auf die Bande macht. Auch hier sind wir eigentlich nur Teil eines Animes und dürfen rechtzeitig ein paar wenige Entscheidungen treffen. Aber die Teilnahme an diesem interaktiven Trickfilm war das Geld irgendwie dann doch Wert.
INXS? Was? Ja das war damals eine bekannte Band aus Australien und stand Pate für ein, nennen wir es mal etwas gar spezielles Videospiel. Das sorgte damals für grosses Aufsehen in der Popkultur, obwohl der spielerische Inhalt doch etwas zu Wünschen übrig lies. Aber hey, man durfte mit dieser Software ein eigenes Musikvideo kreieren!
Helikopter-Baller-Action in einem Kriegsgebiet. Mehr muss über diesen Titel nicht gesagt werden. Hier wurde einfach wild drauflos geschossen und alles in Schutt und Asche verwandelt. Das sah damals unglaublich gut aus und wirkte alles wie aus einem Guss. Da freute sich das Action-Herz.
Aus heutiger Sicht wirkt das alles natürlich etwas sehr grobkörnig. Auch die Ruckler würden heute nur noch für rollende Augen sorgen. Aber das Lizenzspiel gehörte damals optisch zu den Highlights und verzückte uns mit einer schicken Karre und spannenden Rennen. Ja, die Marke hat uns damals sehr geblendet, dafür war der Soundtrack wirklich ganz toll und die Wettereffekte waren ein Träumchen.
Raumschiffe, Roboter und Future-Action wurden in eine seichte Story verpackt. Aber die Optik gefiel und versorgte uns mit ganz viel Science-Fiction-Flair, das wir nicht nur sehen, sondern auch spielen konnten. Und wenn wir selber als Roboter andere Roboter und Mischwesen verprügeln durften, waren wir sofort gefesselt.
In der nahen Zukunft geht es hier irgendwie um Ausserirdische, die uns angreifen und Roboter, die irgendwas gemacht haben. Weitere Details sind komplett egal, denn hauptsächlich gefiel uns der treibende Beat und die stringente Balleraction aus der Ego-Perspektive.
Es gibt einige Versionen von «Final Fight». Diese eine war damals eigentlich schlicht die beste Arcade-Umsetzung. Sie kam der Automaten-Vorlage verdammt nahe und hatte auch alle drei Fighter zur Auswahl. Wer in den 90ern ein nahezu perfektes Spielhallenflair wollte, musste sich diese Version mit Haggar, Cody und Guy zulegen.
Die berühmte Rollenspiel-Adventure-Marke liess sich einen Auftritt auf der Sega-Technikerweiterungs-Hardware nicht nehmen, präsentierte sich in einem schönen Pixelkleid und sorgte vor allem auch mit eingängigem CD-Soundtrack für umschmeichelte Ohren. Dieser Retro-Titel spielt sich auch heute noch wunderbar und lädt ein eine detailverliebte Fantasy-Welt zu erkunden.
Hideo Kojima sorgte schon in den frühen 90ern für einen kleinen aber feinen Hit, der in unseren Breitengraden leider eher weniger Beachtung fand respektive den Weg lange nicht zu uns finden wollte. Dieser eine Cyberpunk-Thriller spielt sich auch heute noch sehr gut und bewies schon damals, dass Kojima ein Händchen für aussergewöhnliche Videospiele hatte.
Das Intro zeigte uns damals, wie richtig cool Videospiele erzählerisch beginnen können. In einer düsteren Zukunftsversion sorgt eine neue Droge für ganz viele Todesopfer. Wer steckt dahinter? Wir finden es in diesem Pointandclick-Adventure heraus. Spieltechnisch war das keine Revolution aber die Cyberpunk-Thematik zog uns in ihren Bann.
Auch hier sind wir ein aktiver Teil in einem Trash-Film. Schlechte Schauspieler mit Überambitionen schupsen uns durch eine dumme Geschichte. In einem unterirdischen Kanalsystem mussten grosse Ratten und andere mutierte Viecher weggeballert werden, um die Lieferwege unter der Erde zu sichern. So oder ähnlich. Das war alles so dumm, aber auch irgendwie so gut, weil es uns die Full-Motion-Video-Technik ins Zimmer brachte.
Auch hier stand die Full-Motion-Video-Technik klar im Fokus und liess uns in einem Film mitspielen. Auch hier gab es eher schlechte Schauspielerinnen und Schauspieler, die uns durch ein Gebäude führten, wo in jedem Zimmer eine Aufgabe auf uns wartete. Und ja, auch hier war der spielerische Mehrwert eher klein. Aber dem Trash-Charme konnten wir uns schon damals nur schwer entziehen.
Ein schönes Fantasy-Rollenspiel-Adventure der alten Schule, das vor allem mit seinem Soundtrack direkt ab CD punkten konnte. Die etwas unbunte Optik im Vergleich zu Konkurrenzprodukten liess uns nicht gerade vor Begeisterung hüpfen, erfüllte aber ihren Zweck.
In der Tat, es gab auch für Sega Mega-CD bereits eine «Monkey Island»-Umsetzung. Viele Worte müssen über diesen Klassiker gar nicht mehr verwendet werden. War damals sehr gut und ist es auch heute noch. Ein zeitloses Videospiel, das immer wieder ein Besuch wert ist.
Ca. ein Jahr nach der Original-Version gab es dieses Update auf CD. Nebst dem gewohnten Inhalt gab es noch ein paar Zusatzlevels zum Durchhüpfen und einige Abschnitte wurden verlängert. Auch ein alternatives Ende sollte zu einem Wiederkauf motivieren.
Zum zweiten Tim-Burton-Batman-Film gab es ein paar Umsetzungen, aber diese eine überzeugte vor allem mit den für damalige Zeiten sehr flüssigen Rennstrecken mit dem Batmobil. Wer die beste Version damals spielen wollte, musste zur Mega CD-Version greifen.
Geschmeidige Baller-Action begleitet von einem treibenden Soundtrack und verpackt in einem Future-Style-Kleid. Dieser Titel zeigte damals eindrücklich, was in der Hardware eigentlich steckte und wurde zu einem der Vorzeigeprodukte.