Dua Lipa ist eine britische Sängerin mit weltweiter Bekanntheit. Sie ist in London geboren und aufgewachsen, ihre Wurzeln hat sie jedoch im Kosovo. Einen grossen Teil ihrer Kindheit verbrachte sie dort. Auf Instagram hat sie über 48 Millionen Anhänger – und mit einem Post hat sie eine Menge davon verärgert.
Am Sonntag postete der britische Popstar ein Foto der Flagge Grossalbaniens. Auf dem Foto sind Ismail Qemali (links) und Isa Boletini zu sehen – sie gelten als die ursprünglichen Gründerväter Albaniens.
Darunter schreibt die Sängerin «autochthon», was so viel bedeutet wie «einheimisch» oder «ortsständig». Damit argumentiert sie, dass Albaner «eher indigene Völker sind, als dass sie von Migranten oder Kolonisten abstammen».
Das Motiv auf der Flagge zeigt die Idee eines Grossalbaniens. Nach dieser steht Albanien mehr Gebiet zu, als es tatsächlich besitzt – nämlich auch Teile Kosovos sowie Teile von Serbien, Montenegro, Griechenland und Nordmazedonien. In der Ideologie geht es vor allem darum, alle mehrheitlich von ethnischen Albanern bewohnten Gebiete zu vereinen.
Der Begriff «autochthon» wird von rechten Gruppen verwendet, um ein Grossalbanien zu fordern, das die Rücknahme von Land aus benachbarten Balkanländern aufgrund ethnonationalistischer Argumente beinhalten würde. Es ist eine umstrittene geopolitische Diskussion, die auf das Osmanische Reich zurückgeht.
Der Politikwissenschaftler und Balkan-Experte Florian Bieber nannte Duas Tweet «dummer Nationalismus» und wies darauf hin, dass andere Ethnien in genau denselben Gebieten autochthone Argumente vorbringen könnten.
The map also suggests some territory to which Albanians are "autochthonous" and thus have ownership, but others live on the same territory, Serbs, Montenegrins, Greeks, Bosniaks, Macedonians. They all can claim to be equally autochthonous.
— Florian Bieber (@fbieber) July 19, 2020
«Wahrscheinlich weiss Dua Lipa es nicht, aber diese Karte repräsentiert die gleiche Art von ausgrenzendem und auch aggressivem Nationalismus wie jede andere. Es wird behauptet, dass eine Gruppe mehr Rechte hat, weil sie früher dort war, was angesichts der Tatsache, dass Nationen modern sind, keine glaubwürdige Behauptung ist», schreibt er.
Auch Schweizerinnen melden sich zu Wort. So etwa die schweizerisch-serbische Instagrammerin Tatjana Basevic (25). Sie postete auf ihrer Seite ein Bild von Dua Lipas Post und nochmal ein Bild von ihr in Unicef-Uniform. Dazu schreibt sie: «Während einer weltweiten Pandemie-Krise fördert diese Unicef-Botschafterin Extremismus.»
In den Kommentaren wird von verschiedenen Instagram-Usern vermehrt Unicef markiert. Dazu werden Sätze geschrieben wie: «Wie kann eure Organisation eine solche von Hass erfüllte Person unterstützen, die einen Keil zwischen uns treiben will?»
Your advocacy for the extreme nationalist & expansionist project of Greater Albania shows that your mind is poisoned. Those who fought for your sick dream were designated terrorists by the State Department, their leader recently charged with war crimes. #NoToTerrorism
— Boris Malagurski (@malagurski) July 19, 2020
Auch Boris Malagurski, ein serbisch-kanadischer Filmproduzent, feuert gegen Dua Lipa. Auf Twitter schreibt er, «ihr Geist sei vergiftet», weil sie sich für die «extrem nationalistische Idee eines Grossalbaniens» einsetze. «Diejenigen, die für deinen kranken Traum gekämpft haben, wurden vom Aussenministerium als Terroristen eingestuft und ihr Anführer kürzlich angeklagt, Kriegsverbrechen begangen zu haben», schreibt er weiter.
Einige Userinnen und User sehen in Dua Lipas Post jedoch kein Problem. «Dieser Tweet ist keine Hassrede!», heisst es vom Twitter-Account Team Albanians. «Dua räumt mit den gefährlichen rechtspopulistischen Behauptungen auf, wonach Albaner kein indigenes Balkan-Volk seien. Serbien bediente sich derselben Ideologie, um Völkermord zu rechtfertigen.»
This tweet is not hate speech! Dua is debunking the dangerous far-right claims that Albanians are not indigenous people in the Balkans. This same ideology has even been used by Serbia to justify genocide.
— Team Albanians (@TeamAlbanians) July 19, 2020
Kosovo War: 1M refugees, 11K killed and over 20K raped. #NeverForget pic.twitter.com/jAGAp6CGiY
«Duas Tweet hat Grossalbanien nicht erwähnt und unsere Nachbarn sollten sich keine Sorgen machen! Stattdessen sollen sie erkennen und sich entschuldigen für die Ungerechtigkeiten, die sie uns Albanern angetan haben.»
Dua's tweet has no mention of "Greater Albania" and our neighbors should not worry! Instead, they should recognize and apologize for the injustice done to Albanians throughout history, which continue in different ways even today. Another example: Chameria. https://t.co/w54nrzEZXz
— Team Albanians (@TeamAlbanians) July 19, 2020
In ihrer Instagram-Story postete Dua Lipa einen Tag zuvor ein Bild, in dem sie schrieb, «warum Kosovo nie Serbien war und nie sein wird».
Als sie den Kosovo in der Apple-App Maps suchte, fand sie heraus, dass das Land anders als die Nachbarstaaten dargestellt wird. Dies berichtete Kosmo. Die Grenzen sind nicht durchgehende Linien wie bei den anderen Ländern.
Der Grund dafür ist, dass die Unabhängigkeit Kosovos bis heute umstritten ist. Dua Lipa forderte eine Entschuldigung der Apple-Vertreter.
Auch der US-amerikanische Rapper «GASHI», der ursprünglich aus dem Kosovo kommt, setzte sich in seiner Instagram-Story für dieses Anliegen ein.
Die serbische Sängerin Jelena Karleusa reagierte auf Dua Lipas Posts. Sie schrieb in einem Instagram Post:
«Liebe Dua Lipa, wir lieben dich hier in Serbien. Extremismus ist in keiner Weise eine Antwort. (Du weisst, dass sich der Führer des Kosovos in Den Haag befindet, wo ihm eine Anklage wegen Kriegsverbrechen droht. Du kannst sehr schlechte Menschen auf beiden Seiten finden.)»
Zum Schluss schreibt die Serbin: «Bitte nutze deine sozialen Plattformen, um Liebe, Frieden und Musik zu teilen. (Und komm zurück in den Kosovo, um mit deinem Volk zusammen zu sein.)»
(cki)