Das Wichtigste in Kürze:
Automatisiertes Contact Tracing per Smartphone wird mit einer nie dagewesenen Kooperation der US-Techkonzerne Apple und Google vorangetrieben, wie wir über das Osterwochenende erfahren haben. Schweizer IT-Experten und Forscher, die im Verbund an einer europäischen Contact-Tracing-Software arbeiten, begrüssen den Vorstoss. Sie äussern aber auch konkrete Verbesserungsvorschläge bezüglich Datenschutz und Transparenz. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) hat derweil «Vorarbeiten» für eine Schweizer Tracing-App bestätigt. Unter anderem ist zu klären, wie die Verifizierung (von positiven Corona-Tests) per App abläuft.
Der Geschäftsführer der Schweizer IT-Firma Ubique, Mathias Wellig, engagiert sich im europäischen Forschungsverbund DP-3T und hilft mit Arbeitskollegen bei der Entwicklung der Schweizer Tracing-App. Im Interview* nimmt der erfahrene App-Entwickler zum laufenden Projekt Stellung.
Herr Wellig, wie ist eine solche plattformübergreifende Kooperation der Konkurrenten Google und Apple einzuschätzen? Handelt es sich hauptsächlich um eine PR-Aktion oder ist das wirklich einzigartig?
Mathias Wellig: Diese Zusammenarbeit ist in der Tat einzigartig – soweit ich mich erinnern kann, hat es eine solche Ankündigung, die bis zur CEO-Etage reicht, noch nie gegeben. Die Beweggründe sind denn auch nicht im PR-Bereich zu suchen. Die beiden Unternehmen haben ihre historische Verantwortung in der aktuellen Situation erkannt, einen Standard zu setzen, der die Privatsphäre der Nutzer schützt.
Welche konkreten Auswirkungen hat das für das Software-Projekt von DP-3T?
Wir haben eine klare Roadmap. Nach dem Release (vom 14. April) werden wir das SDK (Software Development Kit) ausbauen, damit es das Google-Apple-Protokoll unterstützt. Wir versuchen vorwärtskompatibel zu sein, damit wir nach der Veröffentlichung der API (Programmierschnittstelle) durch Apple/Google direkt die Vorteile nutzen können.
Sie verfolgten von Anfang den Ansatz, sensitive Daten dezentralisiert und anonym zu speichern. Sieht man sich nun bei DP-3T in dieser Vorgehensweise bestätigt?
Auf jeden Fall.
Wie beurteilen Sie aus technischer Perspektive die Folgen, auch mögliche Nachteile, einer direkten Integration von Contact Tracing in iOS und Android?
Eine Folge wird sein, dass Initiativen, die auf diese Architektur setzen, erfolgreicher sein werden, da sie direkte Unterstützung durchs System erhalten. Das könnte einen de-facto Standard für Contact Tracing setzen, was aus unserer Sicht sehr zu begrüssen ist. Nachteile könnten sein, dass man sich zu fest auf Apple/Google verlässt – da die Apps aber auf deren Betriebssysteme laufen und via deren Stores verteilt werden, ist diese Abhängigkeit ohnehin vorhanden.
* Die Fragen wurden per E-Mail beantwortet.
Professor Marcel Salathé vom Digital Epidemiology Lab der EFPL in Lausanne gehört der Corona-Expertengruppe des Bundes an und nimmt gegenüber watson Stellung.
Herr Salathé, wie beurteilen Sie die Ankündigung von Apple und Google aus schweizerisch-europäischer Perspektive?
Marcel Salathé: Aus meiner Perspektive begrüsse ich das sehr. Es gibt uns Unterstützung für den dezentralen Ansatz, den wir als DP3T-Gruppe vorgeschlagen haben. Und es wird sicher einfacher, mit einem Standard zu arbeiten.
Wie geht es nun mit der länderübergreifenden Initiative Pepp-PT konkret weiter und was erwarten Sie vom Bund?
Wir diskutieren jeden Tag per PEPP-PT-Telefonkonferenz. Am Wichtigsten ist es, dass wir rasch eine Governance etablieren. Erst dann wird klar sein, wofür PEPP-PT offiziell steht.
Vom Bund erwarte ich eine weiterhin gute Zusammenarbeit zum Thema ‹Digital Contact Tracing›, und da bin ich sehr optimistisch. Das digitale Contact Tracing muss ja in einen gesamtpolitischen Prozess eingebunden werden. Die Technologie ist zwar sehr wichtig, aber bei Weitem nicht der einzige Faktor. Letztlich muss ein solches Projekt von der ganzen Gesellschaft getragen werden.
Was können Sie als Epidemiologe zur Wirksamkeit des Contact Tracing per Smartphone sagen?
Epidemiologisch kann man sagen, dass das Gesamtkonzept von Testen, Isolieren, Contact Tracing und Quarantäne ein bewährter Ansatz ist. Gerade im sich rasch entwickelnden COVID-Kontext wird es allerdings wichtig sein, den Prozess mit technischen Mitteln zu unterstützen, da man ihn so schneller und skalierbarer machen kann.
Aber wir müssen aufpassen, dass wir in der Geschwindigkeit nicht den kühlen Kopf verlieren. Die Privatsphäre muss geschützt bleiben. Gerade zu diesem Punkt kann die Technologie eben auch einen essentiellen Beitrag leisten. Das ist genau der Ansatz des DP3T-Projekts. Wir wollen digitales Contact-Tracing unterstützen, aber ohne Verlust der Privatsphäre im Vergleich zum analogen Contact Tracing.
* Die Fragen wurden per E-Mail beantwortet.
Die Kooperation von Google und Apple helfe Gesundheitsbehörden weltweit, Zeit und Ressourcen zu sparen bei der Entwicklung eigener Contact-Tracing-Anwendungen. So zitiert die «New York Times» den Wissenschaftler Daniel Weitzner vom Massachusetts Institute of Technology (MIT).
Erfreulich aus Schweizer Sicht: Das angekündigte technische Vorgehen von Apple und Google bedeutet den «Durchbruch» für den Dezentralisierungsansatz, den der Schweizerisch-europäische Verbund DP-3T verfolgt. IT-Experten und Wissenschaftler aus acht Ländern arbeiten seit Wochen an einer Referenz-Lösung, die als Open-Source zur Verfügung gestellt wird und nun in einer ersten Testversion vorliegt.
Zuvor hatte DP-3T auf seiner Projekt-Website bei github.com eine Stellungnahme veröffentlicht zur Kooperation der Rivalen Apple und Google. Darin heisst es, man wisse die Unterstützung der beiden Unternehmen «für unsere Lösung» zu schätzen. Gerne arbeite man mit den Plattform-Betreibern, um die App für iOS und Android zu implementieren.
Die internationale Forschergemeinde und unabhängige IT-Experten sind aufgerufen, den Code zu prüfen und Verbesserungsvorschläge zu machen bezüglich der sicheren Funktionsweise und einem möglichst effektiven Datenschutz.
Apple und Google hatten bereits eine «enge Zusammenarbeit und Kooperation mit Entwicklern, Regierungen und öffentlichen Gesundheitsdienstleistern» versprochen. Wie eng diese Kooperation nun ausfällt, wird sich erst noch zeigen.
Auch wenn die Schweizer Tracing-App von unabhängigen Fachleuten entwickelt wird, kommt dem Bund eine entscheidende Rolle bei der Umsetzung zu. Die Verantwortlichen müssen zusammen mit den IT-Experten und Wissenschaftlern die Vorgehensweise bezüglich der Verifzierung von positiv getesteten Covid-19-Fällen festlegen. Infrage kommt beispielsweise das Scannen eines QR-Codes.
Apple und Google wollen keine eigenen Tracing-Apps veröffentlichen, sondern überlassen dies den Staaten bzw. den Gesundheitsbehörden der jeweiligen Länder. An ihnen liegt es also, die freiwillige, aus datenschützerischer Perspektive heikle Meldung von Erkrankungen in der App zu regeln.
In technischer Hinsicht ist dank der geplanten, relativ tiefen Integration des Contact-Tracing in die mobilen Betriebssysteme mit gewichtigen Vorteilen zu rechnen. Der Stromverbrauch dürfte verringert werden: Die Geräte sollen ja rund um die Uhr registrieren, wenn sich zwei (oder mehr) während einer gewissen Zeit in nächster Nähe befinden. Dies muss auch funktionieren, wenn die Tracing-App nur im «Hintergrund» läuft oder das Smartphone im Ruhezustand ist.
In einer nächsten Phase wollen Apple und Google als Anbieter der beiden weltweit dominierenden Smartphone-Plattformen den Tracing-App-Entwicklern neue Programmierschnittstellen (APIs) zur Verfügung stellen. Dies soll laut den jüngsten US-Medienberichten «ab Mitte Mai» der Fall sein.
In einer zweiten Phase, «in den kommenden Monaten», werde das Contact Tracing direkt in die mobilen Betriebssysteme integriert. Was das bedeutet, ist noch nicht absehbar.
Das Contact Tracing soll iPhone- und Android-Usern ermöglichen, sich freiwillig anzumelden und einen Warnhinweis zu erhalten, wenn sie mit jemandem in engerem Kontakt waren, der (später) positiv auf COVID-19 getestet wurde.
Google hat bestätigt, dass es die Infrastruktur der Google Play Services nutzen wird, um verschiedendste Android-Smartphones möglichst rasch mit Updates für die Contact-Tracing-Software zu versorgen. Sprich: Man will die wichtigen Aktualisierungen nicht den Geräteherstellern überlassen.
Es gibt diverse Aspekte, die einer Klärung bedürfen. Unabhängige Fachleute haben Bedenken und Kritikpunkte geäussert, die vor einer App-Lancierung diskutiert werden müssen. Nur so kann das Vertrauen der Bevölkerung respektive einer Mehrheit der Smartphone-User gewonnen werden.
Dies ist eine Auswahl von Fragen. Nachdem ab sofort eine erste öffentliche Version der europäischen Tracing-App vorliegt, geht es an die kritische Prüfung und ans Testen.
Es gebe eine grosse Anzahl von Android-Geräten, die nicht von den Google-Play-Diensten profitieren, hält The Verge fest: Das seien alle Android-Smartphones in China sowie alle Huawei-Geräte, die nach der Einführung der Beschränkungen durch die USA weltweit verkauft wurden.
Zur Erinnerung: Google darf offiziell keine Software an Huawei exportieren, was bedeutet, dass es sein Update-System nicht auf die Huawei-Smartphones anwenden kann.
Für diese Smartphone-Hersteller beabsichtige Google, eine spezielle Software (Framework) zur Verfügung zu stellen, schreibt The Verge. Das könnten die Unternehmen verwenden, um das von Google und Apple entwickelte sichere, anonyme Tracing-System zu replizieren.
Es sei dann an Huawei, Xiaomi und anderen chinesischen Herstellern (oder der chinesischen Regierung), zu entscheiden, ob sie das Corona-Warn-System verwenden wollen.
Der 9/11 Überwachungsapparat wurde damals auch so aufgebaut und nie mehr zurückgeschraubt.
Google nutzt ja standortbezogene Daten und wer irgendwo ein Facebook-App besitzt, ist sowieso total verloren, weil die App auch überall – ja überall – mitschnüffelt.
Keine Ahnung was das alles zu bedeuten hat, aber ich lasse mich sehr gerne belehren.
so glaubwürdig wie chinas 0 neuansteckungen von corona oder trumps reden.