Wie gehts mit SwissCovid weiter? watson hat beim Kommunikations-Verantwortlichen beim Bundesamt für Gesundheit (BAG) nachgefragt. Neben SwissCovid-Sprecher Marco Stücheli hat auch der App-Entwicklerchef Mathias Wellig (Ubique AG) aufschlussreiche Antworten geliefert.
Nein, das sehen die Verantwortlichen anders und geben sich betont optimistisch, wenn man sie fragt.
Die App habe fast 1,8 Millionen aktive User. Vor allem aber helfe sie seit Juni 2020, Infektionsketten zu unterbrechen, und habe schwere Krankheitsverläufe und Tote verhindert.
Marco Stücheli vom Bundesamt für Gesundheit (BAG), zuständig für die SwissCovid-Kommunikation, sagt:
Ja, das ist sie, in gewisser Weise.
Der Intelligenztest umfasst nur zwei Fragen:
SwissCovid ist ein Indikator für die Solidarität, die seitens der Schweizer Bevölkerung besteht. Denn von der App profitiert man indirekt, indem andere anonym gewarnt werden. Man hilft, unbemerkte Infektionsketten schnell zu unterbrechen. Das wirkt sich positiv für die ganze Gesellschaft aus.
Was durch wissenschaftliche Studien bewiesen wurde: Je mehr Leute die App nutzen, desto grösser die Wirkung.
Das scheint eine schwierige Frage zu sein. watson wartet seit Tagen auf die Antwort des SVP-Bundesrates.
Die Frage, die watson an das Eidgenössische Finanzdepartment, bzw. dessen Vorsteher, gerichtet hat, lautet:
Mehr Aufklärung kann nie schaden und kommt die Schweiz in jeder Hinsicht weniger teuer zu stehen – sei dies bezüglich menschlicher oder wirtschaftlicher Opfer und Schäden. Von dem her ist dem Blogger «Opa Köbi» beizupflichten:
Zur Erinnerung: Die App ist gratis bzw. kostet nur ein paar Prozent der täglichen Akkuleistung. Man muss keine persönlichen Informationen preisgeben und die Nutzung erfolgt anonym. Der Staat erhält dadurch keine Daten.
Dazu Marco Stücheli vom BAG:
Zur Bestimmung von Risikokontakten gilt weiterhin die Faustregel, dass man sich innert 24 Stunden während mindestens 15 Minuten in der Nähe von infizierten Personen aufgehalten haben muss. Und das in einer Distanz von rund 1,5 Metern, die mittels Bluetooth-Signalstärke geschätzt wird.
Oder aber man hatte innerhalb eines Tages Kontakt mit mehreren infizierten Personen: Mit jeweils weniger als 1,5 Meter Abstand, während weniger als 15 Minuten pro Person, jedoch gesamthaft während mehr als 15 Minuten.
Kritiker meinen, die Mindest-Zeitdauer von 15 Minuten (für einen Risikokontakt) sei zu lang und müsste verkürzt werden, da es auch schon bei viel kürzeren Kontakten zu Ansteckungen kommen dürfte. Wie beurteilt das BAG dies?
Dazu Marco Stücheli:
Ausgehend von wissenschaftlichen Erkenntnissen bzw. epidemiologischen Überlegungen seien 15 Minuten als wahrscheinlichster Wert für die Mindest-Zeitdauer festgelegt worden durch das Bundesamt für Gesundheit.
Obacht! Nur weil die App keinen Warnhinweis anzeigt, darf man sich nicht falscher Sicherheit wiegen. Man könnte trotzdem infiziert sein und symptomlos andere anstecken. Darum sind alle Corona-Vorsichtsmassnahmen wie das Tragen von Hygienemasken und Abstandhalten wichtig.
Bei über 50 Prozent der Fälle verstreichen (gemäss BfS-Webseite) 2 bis 4 Tage zwischen Symptombeginn und Übermittlung der Covidcodes. Wie beurteilt das BAG dies?
Dazu teilte Marco Stücheli watson Anfang Februar mit, 2 bis 4 Tage seien «ein sehr guter Wert». Und er verweist auf die Ergebnisse der neusten Studie von Prof. Viktor von Wyl der Universität Zürich dazu («Schnelle Warnung»: UZH-News – Swiss-Covid-App zeigt Wirkung)
Aktuell keine.
Dazu Marco Stücheli vom BAG:
Was wurde und wird unternommen, um die schweizweiten Prozesse (Bund-Corona-Hotline-Kantone) weiter zu verbessern? Dazu teilt der BAG-Verantwortliche mit:
Dazu muss man wissen, dass SwissCovid-Nutzer bei einer Meldung über eine mögliche Ansteckung seit Anfang Dezember 2020 gebeten werden, vor einem (nicht zwingend erforderlichen) Anruf auf die Infoline einen Web-Leitfaden zu lesen und einige Fragen online zu beantworten.
Der Fragebogen befand sich Anfang Februar in einer Anpassungsphase und hat gemäss SwissCovid-Sprecher das Ziel, die Hotline zu entlasten. Eine Auswertung der Inhalte finde nicht statt, teilt Stücheli mit: «Grundsätzlich haben wir die Erkenntnis gewonnen, dass die meisten Leute den Leitfaden ausfüllen und nicht die Hotline anrufen.»
Mit dem Onboarding ist gemeint, dass neben den Kantonsärzten bzw. den Contact-Tracing-Teams auch andere Stellen wie testende Ärzte, Spitäler, Apotheken Covidcodes generieren können, was die Contact-Tracing-Teams entlaste.
Nein. Dafür bestehen keine Pläne.
Corona-Warn-Apps scheinen ihren Nutzern auf den ersten Blick keinen direkten Nutzen zu bringen. Das lässt die Verantwortlichen in verschiedenen Ländern (auch der Schweiz) darüber nachdenken, wie die Attraktivität gesteigert werden kann, um noch mehr Nutzer zu gewinnen. In Österreich beispielsweise wird geprüft, ob Test-Nachweise oder sogar der Impfnachweis in die App integriert werden können.
Dass solche Zusatzfunktionen bei SwissCovid überhaupt möglich wären, ist zu bezweifeln. Der Zweck der App ist im (geänderten) Epidemiengesetz relativ eng umschrieben. Zudem punktet die App mit hohen Datenschutz-Standards und der absoluten Freiwilligkeit. Diese wäre nicht mehr gegeben, wenn man sie etwa für Flugreisen installieren müsste.
Ja.
Ein App-Zwang kommt aus rechtlichen Gründen nicht infrage und wäre Gift für die Akzeptanz. Vielmehr sollte der Bund das Vertrauen in die neuartige Technologie stärken und verunsicherte respektive schlecht informierte Bevölkerungskreise über alle Kanäle ansprechen und ermutigen, die nach hohen Datenschutz-Standards entwickelte App zu nutzen.
Das ist weiterhin unklar.
Die sogenannte Interoperabilität ist technisch gelöst, wie der SwissCovid-Entwicklerchef schon 2020 bestätigte. Ungelöst sind hingegen die politischen Grabenkämpfe Konflikte der Schweiz mit der Europäischen Union (EU). Es sieht ganz danach aus, dass die EU-Kommission bewusst blockiert. Mittlerweile ist die technische Infrastruktur (Server) vorhanden, damit rund ein Dutzend nationale Corona-Warn-Apps in Europa auch grenzübergreifend funktionieren. Doch SwissCovid konnte bislang nicht eingebunden werden, was speziell wegen der Grenzgänger eine unhaltbare Situation darstellt.
Die offizielle Stellungnahme seitens BAG:
Aus gut unterrichteten Kreisen ist zu vernehmen, dass zumindest mit Deutschland ein Abkommen möglich sein sollte, so dass SwissCovid hoffentlich spätestens im Sommer 2021 mit der deutschen Corona-Warn-App harmoniert.
Bei Anruf auf die Hotline wurde ich hin und hergeschoben. Das muss einfacher gehen, maximal einen Tag nach Warnung sollte man einen Testtermin haben. Und das mit einem Anruf. Oder noch besser der Testtermin wird gleich mit der Warnung gebucht.
Die App hilft vielleicht bei den Vernüftigen, die sind aber sowieso nicht Treiber der Pandemie.