Wie bei den iPhones und iPads setzt Apple nun auch bei seinen Mac-Computern auf eigene Chips. Die Abkehr von Intel-Prozessoren hat weitreichende Folgen. Dieser Beitrag dreht sich um die wichtigsten Fragen und Antworten.
Apple erhofft sich vom Alleingang gewichtige Wettbewerbsvorteile gegenüber der Windows-Konkurrenz. Den gleichen Schritt hatten die Kalifornier bei den iPhones und iPads schon vor zehn Jahren gewagt. Heute gelten Apples hauseigene mobile «Chips» als weltweit führend.
Im hart umkämpften PC-Geschäft könnte Apple den bislang kleinen Marktanteil (um die 10 Prozent) deutlich vergrössern: Apple verspricht mit der Umstellung auf die hauseigenen M1-Chips einen spürbaren Leistungszuwachs und geringeren Stromverbrauch, also viel längere Akkulaufzeiten.
Richtig interessant werde es, wenn Apple in rund zwei Jahren den Umstieg auf eigene Mac-Chips vollzogen habe, hält der deutsche Tech-Journalist Mathias Kremp vom «Spiegel» in einer lesenswerten Analyse fest (siehe Quellen).
Mit dem Umstieg auf eigene Chips werfe Apple auch verschiedene Zusatz-Chips, wie etwa externe Grafikprozessoren und den eigenen T2-Sicherheitschip, über Bord, heisst es in der «Spiegel»-Analyse. Weniger zusätzliche Chips bedeuteten, «dass die Hauptplatinen einfacher und kleiner werden, sich die Zahl der Bauteile verringert und damit auch die Herstellung einfacher und billiger wird». Darum freuten sich auch die Aktionäre über die neue Technik, weil sie höhere Gewinnmargen und damit fettere Dividenden einbringe.
Zudem kann das Unternehmen mit eigenen Chips seine Unabhängigkeit stärken und wirtschaftliche Risiken verringern. In der Vergangenheit hatte sich Intel als nicht immer verlässlicher Partner erwiesen. Wiederholt kam es bei der Lancierung neuer Prozessor-Generationen zu Verzögerungen. Zudem droht durch Huawei, das wegen der US-Sanktionen die Chip-Entwicklung forciert, starke neue Konkurrenz.
Vorläufig nur in drei neuen Modellen, die ab sofort bestellt werden können. Weitere werden 2021 folgen.
Wobei es weiter Macs mit Intel-Prozessor gibt. Zumindest vorläufig, bis der Umstieg vollzogen wurde. Auf der Software-Seite sind Änderungen nötig (siehe unten). Apple räumt sich und den Entwicklern eine zweijährige Übergangszeit ein.
So nennt Apple die erste Generation seines neuen Chips, der neue Mac-Modelle antreibt. Es ist nicht nur ein Prozessor, sondern ein System-on-a-Chip (SoC), bestehend aus verschiedenen Prozessorkernen und diversen Chips. (Der Einfachheit halber bezeichnet Apple das SoC als «Chip».)
Im Apple-M1-Chip stecken neben den Prozessorkernen ein Grafikprozessor, die sogenannte Neural Engine für maschinelles Lernen, Arbeitsspeicher (RAM) und etliche weitere auf bestimmte Aufgaben spezialisierte Schaltkreise.
In der «tiefen Integration von Hardware und Software» liegt laut «Spiegel»-Analyse das Geheimnis für «die erstaunliche Steigerung von Leistung und Ausdauer», die Apple für die ersten mit dem M1 bestückten Geräte verspreche.
Zwar belässt Apple die Einstiegspreise für die neuen Macbooks mit M1-Prozessor in etwa gleich, und den neuen Desktop-Rechner Mac Mini gibts sogar etwas günstiger (im Vergleich zum 2018 lancierten Vorgängermodell). Zusätzlicher Arbeitsspeicher (RAM) ist allerdings teuer, wie der «Spiegel»-Journalist Kremp in seiner Analyse festhält.
Wer eines der neuen Macbooks mit 16 statt der standardmässig verbauten acht Gigabyte (GB) Arbeitsspeicher bestellt, muss für die Speicherverdopplung 270 Franken hinblättern – fast 34 Franken pro Gigabyte. Für Windows-Notebooks würden im Zubehörhandel Nachrüst-Speicherbausteine zu Preisen um vier Euro pro Gigabyte angeboten. Doch dieser Weg sei bei den neuen Apple-Rechnern ausgeschlossen.
Zu einem späteren Zeitpunkt erweitern lässt sich die bei der Bestellung getätigte Hardware-Konfiguration nicht. Man kann also nicht mit mehr Arbeitsspeicher aufrüsten.
Der österreichische Techjournalist Andreas Proschofsky weist in seiner auffallend kritischen Analyse darauf hin, dass eine der bisher spannendsten Möglichkeiten der Thunderbolt-Schnittstelle wegfalle, nämlich dass externe Grafikkarten genutzt werden konnten – sogenannte eGPUs.
Apples M1-Chip basiert auf der ARM-Architektur, die vom gleichnamigen britischen Unternehmen stammt und sich grundlegend von den Prozessoren des Marktführers Intel und des Konkurrenten AMD unterscheidet. Der Apple M1 beinhaltet diverse Zusatz-Chips, die auch selbst produziert werden bzw. vom Apple-Partner TSMC (Taiwan) kommen.
Von den neuen Macs als ARM-Macs zu sprechen, wäre laut «Spiegel»-Journalist Mathias Kremp falsch. Zwar stecke auch im M1 Technologie von ARM, aber nur ein kleiner Teil. Denn Apple habe von ARM nicht das eigentliche Prozessordesign lizenziert, sondern nur den Befehlssatz, den die Chips benutzen, «im Grunde also Software». Die Prozessoren, auf denen diese Software laufe, entwickle Apple seit Jahren selbst – und mache dabei vieles anders als die Konkurrenz.
Zwar ist in den drei am Dienstag vorgestellten, neuen Mac-Modellen der gleiche M1-Chip verbaut. Doch unterscheiden sich die Geräte bezüglich Performance, weil nicht in allen eine aktive Lüftung vorhanden ist. Das Macbook Air besitzt keinen Ventilator und muss von sich aus abkühlen.
Anders als bei den Macs mit Intel-Prozessor gibt Apple für die Geräte mit M1-Chip keine Taktfrequenz an. Stattdessen konzentriert sich das Unternehmen auf die Metrik «Leistung pro Watt». Und die unterscheidet sich bei den am Dienstag vorgestellten neuen Macs, wie «Spiegel» schreibt.
Im lüfter- und deshalb lautlosen MacBook Air stosse der M1 bei lang anhaltend hoher Belastung an seine thermischen Grenzen und reduziere seine Geschwindigkeit, um nicht zu überhitzen. «Im MacBook Pro und Mac Mini hingegen pusten kleine Lüfter die Abwärme des Chips aus dem Gehäuse weshalb dieser länger mit Vollgas, also hoher Taktfrequenz, laufen kann, was etwa beim Videoschnitt wichtig ist.»
Ja.
Während der Veranstaltung von Apple am Dienstag kündigte Adobe an, dass man «Lightroom» und «Photoshop» auf Apples neue M1-Computer bringen werde. Und auch Microsoft will seine Office-Bürosoftware zeitnah portieren.
Zuvor hatte 9to5Mac berichtet, dass einige grosse iOS-App-Entwickler entschieden hätten, ihre Apps nicht im Mac App Store für Besitzer eines Apple-Silicon Mac anzubieten – zumindest vorläufig nicht.
Obwohl standardmässig alle iOS-Apps im Mac App Store verfügbar seien, erlaube Apple den Entwicklern, ihre iOS-Apps aus dem neuen «Unified Store» zu entfernen.
Zu den grossen Abwesenden gehören laut 9to5mac diverse Google-Apps, darunter YouTube, Google Maps und Google Drive. Auch Facebook mache vorläufig nicht mit. Wie auch Instagram, WhatsApp und Facebook Messenger.
9to5mac ruft in Erinnerung, dass sich in der Übergangsphase vieles sehr schnell ändern könne: Einige Entwickler hätten sich vielleicht dafür entschieden, ihre Anwendungen vorübergehend aus dem Mac App Store zu entfernen, «bis sie sichergestellt haben, dass die Anwendungen auf dem Apple Silicon Mac einwandfrei funktionieren», während andere Anbieter sich noch nicht entschieden hätten, ob sie ihre Anwendungen aus dem Store entfernen wollen oder nicht.
Dazu gibts noch keine verlässlichen Angaben von unabhängigen Dritten. Rund um den Verkaufsstart dürften solche Vergleichstests (Benchmarks) bald vorliegen.
Auf Intel-Macs läuft bekanntlich auch das Microsoft-Betriebssystem Windows. Apple selbst bietet dafür das Software-Tool Boot Camp an, das allerdings mit macOS Big Sur nicht unterstützt wird. Dann gibts sogenannte Virtualisierungs-Programme, um eine Windows-Umgebung zu emulieren. Zu den populärsten Anbietern gehört die Firma Parallels. Sie stellt Mac-Nutzern eine baldige Lösung in Aussicht:
Aktuell sei die Situation für Apple mehr als günstig, einen solchen Umstieg zu verkünden, kommentierte «MacTechNews». Apple mache mit seinen eigenen Chips riesige Fortschritte auf hohem Niveau und bei den x86-Prozessoren gehe es nur langsam voran. Doch was, wenn das Blatt sich wende und plötzlich AMD oder Intel einen Durchbruch erzielten?
Apples zehnjährige Erfolgsgeschichte mit der Entwicklung von iPhone- und iPad-Chips lässt diesbezüglich wenig befürchten. Der Alleingang ist aber sicher ein Wagnis.
Microsoft, Lenovo und andere Hersteller hätten in der Vergangenheit immer wieder Notebooks mit einer ARM-Version von Windows 10 auf den Markt gebracht, die aber nie Erfolg hatten. Laut Experten wegen mangelnder Kompatibilität.
Apple hat am Dienstagabend das Veröffentlichungsdatum des neuen Mac-Betriebssystems macOS 11 Big Sur kommuniziert. Das Software-Update sei am 12. November verfügbar.
macOS Big Sur wurde unter der Haube komplett neu gestaltet, damit es auch mit den neuen Apple-Silicon-Macs läuft. Zudem rückt die Benutzeroberfläche näher an die iPhone-Software iOS heran. Alles ist bunter und moderner.
Kompatibel sind folgende Macs:
Um den Wechsel auf die neue Prozessor-Architektur reibungslos ablaufen zu lassen, beinhaltet macOS Big Sur eine Art automatisches Übersetzungsprogramm für bisherige Software. Apple bezeichnet dieses Tool als Rosetta 2.
Mit Rosetta 2 sollen vorhandene Anwendungen während der Installation automatisch übersetzt werden. Damit soll es also möglich sein, dass Programme, die von Entwicklern noch nicht vollständig (für die neue Apple-Prozessoren) angepasst wurden, dennoch ohne Änderungen funktionieren.
Die erste Generation von Rosetta hatte Apple für die Umstellung von Macs mit PowerPC-Prozessor auf Intel-basierte Macs in den Jahren 2006 bis 2009 eingesetzt.
Siehe oben (Rosetta 2).
Kurzfassung: Ältere Mac-Programme laufen als Emulation auf den neuen Macs. Das sollte automatisch geschehen. Hier besteht aber noch ein gewaltiger Aufklärungsbedarf. Apple sollte unbedingt aktiv informieren in den nächsten Tagen respektive wenn dann macOS 11 Big Sur verfügbar ist.
Sie können natürlich weiter genutzt werden.
Einen harten Bruch mit der Intel-Generation will Apple ganz im Sinn der Mac-Nutzerschaft vermeiden.
Alle Macs mit Intel-Prozessor sollen noch viele Jahre macOS-System-Updates erhalten, man werde auch noch einige Macs mit Intel-Prozessor vorstellen, versprach Apple schon im Sommer 2020 bei der Vorankündigung der Umstellung.
Mit Material der Nachrichtenagentur SDA-Keystone.