Es waren drei einfache Charterflüge, doch diese hatten es in sich. Denn an Bord war eine äusserst wertvolle Fracht: NHL-Superstars im Gesamtwert von mehreren hundert Millionen Dollar. Insgesamt wurden 148 Stars aus Kanada und den USA für das heute beginnende Turnier eingeflogen. Darunter der Kanadier Sidney Crosby, der Russe Alexander Owetschkin, der Tscheche Jaromir Jagr, der Finne Teemu Selänne und natürlich auch die neun NHL-Schweizer um Roman Josi und Mark Streit.
Taking off in a couple minutes #sochi #shortflight keep it down @21_Moser pic.twitter.com/IzFthaZCO8
— Roman Josi (@rjosi90) 9. Februar 2014
Anders als für die alljährlichen Weltmeisterschaften pausiert die NHL seit Nagano 1998 für die Olympischen Spiele. Dank dem Abkommen zwischen dem Internationalen Olympischen Komitee und der teuersten Liga der Welt geniesst das olympische Turnier auch in den USA und vor allem in Kanada die volle Aufmerksamkeit.
Für die meisten NHL-Stars ist Olympia eine Herzensangelegenheit und eine willkommene Abwechslung. Absagen wegen Lustlosigkeit gibt es im Gegensatz zur WM nicht. «Alle Teams haben ihre NHL-Stars an Bord. Ich glaube, das hier wird das beste Eishockey-Turnier der Welt», freut sich beispielsweise Finnlands Superstar Teemu Selänne.
Ein Blick auf die Kaderlisten der zwölf qualifzierten Teams lässt die Hockeyfans tatsächlich schon im Vorfeld mit der Zunge schnalzen. Die Mannschaften sind gespickt mit NHL-Stars aus Übersee. Hier sehen Sie, auf wen Sie während des Turniers unbedingt eine Auge werfen müssen.
Vom russischen 25-Mann-Kader spielen zwar nur 16 Spieler in der NHL, diese sorgen dort aber für die grosse Musik. Alexander Owetschkin (Washington Capitals), Jewgeni Malkin (Pittsburgh Penguins) und Pawel Dazjuk (Detroit Red Wings) gehören seit Jahren zu den absoluten Topskorern. Gespickt wird das Kader aus der heimischen KHL mit den Spektakel-Stürmern Ilja Kowaltschuk (SKA St. Petersburg) und Alexander Radulow (ZSKA Moskau), welcher am Spengler Cup schon für Furore sorgte. Auf den russischen Superstars lastet beim Heimspiel allerdings ein unglaublicher Druck. Das Heimpublikum erwartet nichts anderes als das erste Hockey-Gold seit Albertville 1992. Von allen Olympia-Wettbewerben waren die Eishockey-Spiele der «Sbornaja» zuerst restlos ausverkauft.
Für die Slowaken kam die Hiobsbotschaft kurz vor dem Turnierstart: Starstürmer Marian Gaborík (Columbus Blue Jackets, 787 NHL-Spiele/686 Punkte) muss wegen eines Schlüsselbeinbruchs passen. Der Weltmeister von 2002 ist aber dennoch gut bestückt: Hinten räumt Fahnenträger Zdeno Chara (Boston Bruins) auf, während Lubomir Visnovsky (New York Islanders) das Spiel orchestriert, vorne wirbeln die Hossa-Brüder Marian (Chicago Blackhawks) und Marcel (Dinamo Riga).
Das US-Kader – nur mit NHL-Cracks bestückt – lässt sich in diesem Jahr wirklich sehen. Die Stärke der US-Boys ist seit längerem die mannschaftliche Geschlossenheit, viele haben aber die individuelle Klasse, Spiele im Alleingang zu entscheiden. Zu den Hoffnungsträgern gehören Patrick Kane (Chicago Blackhawks, Ex-Biel), David Backes (St. Louis Blues), Dustin Brown (Los Angeles Kings, Ex-ZSC), Ryan Kesler (Vancouver Canucks), Phil Kessel (Toronto Maple Leafs) sowie Zach Parise und Ryan Suter (beide Minnesota Wild).
Slowenien, das ist die Familie Kopitar: An der Bande steht Vater Matjaz, auf dem Eis ist Sohn Anze die grosse Figur. Der Center ist der einzige NHL-Spieler im Kader, 2012 führte er seine Los Angeles Kings mit 33 Toren und 63 Assists zum Gewinn des Stanley Cup. Der Rest des Teams spielt vorwiegend in der DEL oder in der österreichischen Eishockey-Liga.
«Suomi» setzt in Sotschi auf 14 NHL-Cracks. Angeführt wird das Team von «Oldie» Teemu Selänne. Der Teamkollege von Jonas Hiller bei den Anaheim Ducks will mit Finnland endlich das erste Hockey-Gold bei Olympischen Spielen gewinnen. Unterstützt wird Selänne von den nicht verwandten Olli (Winnipeg Jets) und Jussi Jokinen (Pittsburgh Penguins), Kimmo Timonen (Philadelphia Flyers) und Torhüter Tuuka Rask (Boston Bruins). Nicht im Kader steht Mikko Koivu von den Minnesota Wild, der wegen einer Verletzung absagen musste.
Im Kader des Titelverteidigers stehen natürlich ausschliesslich NHL-Cracks. Der grosse Superstar ist natürlich Sidney Crosby von den Pittsburgh Penguins. Auf dem Gold-Schützen von Vancouver liegt der Fokus, doch die Ahornblätter haben mit John Tavares (New York Islanders), Jonathan Toews (Chicago Blackhawks), Corey Perry, Ryan Getzlaf (beide Anaheim Ducks), Rick Nash (New York Rangers), Patrice Bergeron (Boston Bruins), Shea Weber (Nashville Predators) oder Patrick Marleau (San José Sharks) viele Alternativen. Nicht mit dabei sind Joe Thornton (San José Sharks), Steven Stamkos (Tampa Bay Lightning) und Tyler Seguin (Boston Bruins).
Die meisten Norweger spielen in der «Svenska Hockeyligan», nur Mats Zuccarello Aasen hat es in die beste Liga der Welt geschafft. Bei den New York Rangers kommt der kleingewachsene Flügel aber auch nur selten zum Einsatz. Gefährlich sind die Norweger aber auch ohne NHL-Cracks, Patrick Thoresen (SKA St. Petersburg, Ex-Lugano) gehört in der russischen KHL seit Jahren zu den besten Vorlagengebern.
Drei NHL-Cracks haben die Österreicher, die erstmals seit 2002 wieder bei Olympia dabei sind, in Sotschi dabei. Thomas Vanek und Michael Grabner gehören bei den New York Islanders zu den Teamstützen, während Michael Raffl, Mark Streits Teamkollege bei den Philadelphia Flyers, eine starke Rookie-Saison spielt. NHL-Erfahrung haben beim Team Austria ausserdem Andreas Nödl und Thomas Pöck.
Wie die Finnen werden auch die routinierten Tschechen von einem Altstar angeführt: Jaromir Jagr erlebt derzeit seinen 13. Frühling, der bald 42-Jährige will seine Karriere mit der zweiten olympischen Goldmedaille krönen. Dabei helfen sollen 16 weitere NHL-Cracks wie Thomas Plekanec (Montreal Canadiens), Jakub Voracek (Philadelphia Flyers), David Krejci (Boston Bruins) und Patrik Elias (New Jersey Devils).
Beim aktuellen Weltmeister fehlt einer der grössten Stars. Henrik Sedin muss wegen einer Rippenverletzung passen. Damit können die «Tre Kronor» nur auf Daniel Sedin aus dem kongenialen Zwillings-Paar zählen. Mit ihm stürmen aber immer noch NHL-Grössen wie Henrik Zetterberg, Daniel Alfredsson (beide Detroit Red Wings) und Patrik Berglund (St. Louis Blues). Nur ein Schwede (Jimmie Ericsson) spielt übrigens nicht in der besten Liga der Welt.
Bei den «Eisgenossen» ruhen die Hoffnungen vor allem auf Routinier Mark Streit (Philadelphia Flyers) und WM-MVP Roman Josi (Nashville Predators). Mit Raphael Diaz und Yannick Weber (beide Vancouver Canucks) stehen die zwei Teamstützen an der Seite von zwei weiteren NHL-Spielern. Im Sturm sollen Damien Brunner (New Jersey Devils) und Nino Niederreiter (Minnesota Wild) für Furore sorgen. Die Nummer 1 im Tor ist Jonas Hiller (Anaheim Ducks), sein Backup Reto Berra (Calgary Flames) muss sich aber nicht verstecken.
Die Letten sind das grosse Fragezeichen des Olympia-Turniers. Acht Spieler stehen bei Dinamo Riga unter Vertrag und auch der grosse Rest spielt in der KHL. Zemgus Girgensons von den Buffalo Sabres ist der einzige NHL-Spieler des Teams. Mit Ronalds Kenins (ZSC Lions) und Kaspars Daugavins (Servette) kennt man in der Schweiz zwei Letten aber bestens.