Wohin geht es diesen Sommer, nach Italien, Thailand oder in die Schwerelosigkeit? Glaubt man einigen Unternehmen, ist das bald keine abwegige Frage mehr – für Kunden mit dickem Geldbeutel. Die britische Regierung will bis 2018 einen kommerziellen Weltraum-Bahnhof bauen.
2030 könnten Reisen in den Weltraum ein Geschäft von 40 Milliarden Pfund (gut 60 Milliarden Franken) jährlich sein, errechnet Grossbritanniens staatliche Weltraum-Agentur. Mit einem Bahnhof, von dem aus abenteuerlustige Touristen die Erde verlassen, will das Land sich ein grosses Stück vom Kuchen sichern.
Es wäre der erste in Europa. Schon 2018 sollen von Grossbritannien aus kleine Satelliten und auch Superreiche ins All befördert werden. Bis 2030 sollen zehn Prozent des weltweiten Geschäfts mit dem Weltraum dann britisch sein.
Grosse Pläne einer Nation, die in der Raumfahrt bislang nicht gerade glänzte. Immerhin: 34'000 Menschen im Land verdienen ihr Geld inzwischen in der Branche, die mehr als 11 Milliarden Pfund im Jahr erwirtschaftet. Es soll mehr werden, im Rahmen der Re-Industrialisierung fördert die Regierung die Luft- und Raumfahrt. Doch Details zu den Bahnhofsplänen gibt es nicht.
Medienberichten zufolge hofft die Regierung auf den milliardenschweren Briten Richard Branson. Seine Firma Virgin Galactic hatte schon für 2011 die ersten privaten Weltraumflüge mit dem «Space-Ship-Two» von New Mexico aus angekündigt. Mehrere hundert Menschen haben nach Angaben der Firma bereits Tickets gekauft. Es locken Flüge in 100 Kilometern Höhe und mehrere Minuten Schwerelosigkeit.
Geflogen ist allerdings noch keiner. Die bisher sieben Weltraumtouristen waren auf der internationalen Raumstation ISS rund 400 Kilometer über der Erde, Dennis Tito machte 2001 den Anfang. Man kann darüber streiten, ob Unternehmen wie Virgin Galactic oder XCor überhaupt «echten» Weltraumtourismus anbieten würden, wenn ihre Raumgleiter zum Einsatz kämen.
Doch auch diese Flüge seien technisch extrem anspruchsvoll und bräuchten spezielle Flughäfen, erklärt Andreas Schütz vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt: «Mit viel Regen und Wind geht nichts.» Aus Sicherheitsgründen müssen die Anlagen in unbewohntem Gebiet liegen.
Immerhin acht angeblich geeignete Orte haben Experten in Grossbritannien ausgemacht – sechs davon in Schottland. Das ist vielleicht kein Zufall, auf jeden Fall ist es ein Politikum. Denn in gut zwei Monaten entscheiden die Schotten, ob sie weiterhin zum Königreich gehören wollen.
Schottlands Regierungschef Alex Salmond versicherte jedenfalls eilig, das Land bleibe am besten geeignet, egal, wie das Referendum ausgehe. Doch David Parker, Chef der UK Space Agency, sagte am Dienstag: «Wir planen auf der Basis, dass Schottland ein Teil Grossbritanniens bleibt.» Und eine Entscheidung über den Standort werde «selbstverständlich» erst nach der Abstimmung gefällt. (jas/sda/dpa)