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Steve Bannon macht den Trump: Jetzt steht ihm das Wasser bis zum Hals

White House Chief Strategist Steve Bannon listens at right as President Donald Trump speaks during a meeting on cyber security in the Roosevelt Room of the White House in Washington, Tuesday, Jan. 31, ...
Einst waren sie Freunde: Donald Trump und Steve Bannon.Bild: AP/AP
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Steve Bannon macht den Trump: Jetzt steht ihm das Wasser bis zum Hals

Der ehemalige Chefstratege ist wegen Veruntreuung von mindestens einer Million Dollar angeklagt. Die Methode hat er vom Präsidenten abgekupfert.
21.08.2020, 14:4021.08.2020, 15:34
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Selbstverständlich gilt auch für Steve Bannon die Unschuldsvermutung. Aber es sieht zappenduster aus für den ehemaligen Wahlkampf-Manager von Donald Trump und den kurzzeitigen Chefstrategen des Präsidenten: Die Ermittler des Southern District of New York (SDNY) klagen ihn wegen Veruntreuung und Geldwäscherei an. Sie gelten als die besten ihres Faches und verlieren kaum je einen Fall. Es droht eine Gefängnisstrafe von bis zu 20 Jahren.

Die Verbrechen, die sie Bannon vorwerfen, sind simpel und leicht zu beweisen. Und die Ankläger müssen sich nicht auf zweifelhafte Zeugen verlassen. Aus der Anklageschrift geht hervor, dass sie über einen sogenannten «paper trail» verfügen, will heissen: Sie haben schriftliche Beweise.

Bannon selbst plädiert auf unschuldig und ist gegen eine Kaution von fünf Millionen Dollar auf freien Fuss entlassen worden.

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Steve Bannon verlässt das Gericht in New York.Bild: keystone

Wie ernst die Lage ist, zeigt der Umstand, dass selbst William Barr, Trumps treu ergebener Justizminister, die Anklage entweder nicht verhindern konnte oder wollte. Das SDNY ist als nationale Institution dem Justizministerium unterstellt. Die ehemalige SDNY-Ermittlerin Maya Wiley erklärt denn auch auf dem TV-Sender MSNBC: «Steve Bannon steckt bis zum Hals im Schlammassel.»

Was ist vorgefallen? Nach seiner Entlassung als präsidialer Chefstratege – oder seiner Kündigung, Genaues weiss man nicht – zettelte Bannon verschiedene Projekte an. Eines davon trug den Namen «We Build the Wall». Dabei handelt es sich um ein gemeinnütziges Unterfangen, mit Spendengeldern von normalen Bürgern Teile der Mauer gegen Mexiko zu bauen.

Das Projekt war gut getimt. Bald waren rund 25 Millionen Dollar gesammelt. Doch nur ein kleiner Teil davon wurde auch für den Spendenzweck verwendet. Zwar wurden in den Bundesstaaten New Mexico und Texas ein paar Kilometer Mauer errichtet, aber sie sind lausig konstruiert und drohen, in den Rio Grande zu stürzen.

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Bannons Mitstreiter: der Kriegsveteran Brian Kolfage.Bild: keystone

Der grössere Teil der Spendengelder floss in in die Taschen von Bannon und seinen zweifelhaften Mitstreitern. Dabei handelt es sich um den Kriegsveteranen Brian Kolfage – er hat beide Beine und einen Arm verloren –, den Venture-Kapitalisten Andrew Badolato und einen gewissen Timothy Shea. Ebenfalls mit von der Partie war Kris Kobach, ein Trump-Hardliner und gescheiterter Staatssekretär von Kansas.

Bannons Mitstreiter von «We Build the Wall» haben einen mehr als zweifelhaften Ruf. Einer von ihnen vertreibt einen Softdrink, der angeblich «Tränen von Linken» enthalten soll. Ein anderer verfügt über eine lange Liste von Pleiten, unbezahlten Steuerrechnungen und Anklagen wegen sexueller Übergriffe.

Aus der Anklageschrift geht hervor, dass Kriegsveteran Kolfage hunderttausende von Dollars für Anzahlungen an ein Schiff, für ein Luxus-SUV, einen Golfwagen, Schmuck, Schönheitsoperationen und Steuerschulden verwendet hat. Bannon selbst soll mindestens eine Million Dollar für private Zwecke abgezweigt haben.

Selbstverständlich hat sich Donald Trump umgehend von Bannon distanziert. Er sprach von ihm als «ehemaligen Goldman-Sachs-Banker», der nur kurze Zeit für ihn tätig gewesen sei. Das private Mauer-Projekt habe er nie unterstützt, sagte der Präsident und tat es als Bluff ab. Dumm bloss, dass sein Sohn Donald jr. es einst öffentlich in den höchsten Tönen gepriesen hat.

Wie auch immer, Tatsache ist, dass Bannon streng nach Trump-Methode gehandelt hat. «We Build the Wall» nahm nicht nur das wichtigste Wahlversprechen des Präsidenten auf, es benützte sein Bild auch in seiner Propaganda und betonte stets, es handle im Einklang mit dem Department of Homeland Security.

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Bewundert Steve Bannon: Roger Köppel.Bild: EPA/KEYSTONE

Auch der Geist des Projekts war von der Trump-Methode geprägt. So kommentiert die «New York Times»:

«Das Schema war typisch für Trump – eine exakte Kopie des Talents des Präsidenten, die Hoffnung von enttäuschten Amerikanern auszunützen. Mit anderen Worten: We Build the Wall ist de facto eine Trump-Tribute-Band [Rockgruppen, die berühmte Bands wie etwa die Beatles naturgetreu nachahmen, Anm. d Verf.].»

Nicht nur beim Mauer-Projekt hat Bannon Trump imitiert. Auch er gibt lieber das Geld anderer aus als sein eigenes. Deshalb umgibt er sich stets mit Superreichen. Das Online-Newsportal Breitbart liess er sich vom IT-Milliardär Robert Mercer und dessen erzkonservativer Tochter finanzieren, ebenso seine pompösen Filmprojekte.

Mit den Mercers hat sich Bannon inzwischen überworfen. Doch seine Nähe zu Milliardären ist geblieben. So verkehrt er regelmässig mit Bernie Marcus, dem Begründer des Baumarktes Home Depot. Auch der Mädchen-Sklavenhändler Jeffrey Epstein gehörte zu seinem Freundeskreis.

Verhaftet wurde Bannon auf der 35-Millionen-Dollar-Yacht des chinesischen Milliardärs Guo Wengui. Dieser führt in den USA ein Luxusleben und verkehrt auch in Trumps Golfresort Mar-a-Lago. In China wird Guo wegen verschiedener Verbrechen angeklagt.

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War ein Freund von Bannon: Jeffrey Epstein.Bild: keystone

Wie Trump gibt sich Steve Bannon als Anwalt des kleinen Mannes, «the forgotten men and women». Es ist reinste Heuchelei. Bannon ist zwar in einfachen Verhältnissen aufgewachsen. Heute führt er jedoch trotz seines schäbigen Aussehens ein Luxusleben. Die einfachen Leute verspottet er derweil als «hobos» (Tippelbrüder).

Bannon ist bereits das siebte Mitglied des ehemaligen Trump-Teams, das angeklagt wird. Unter anderem gehören dazu Bannons Vorgänger Paul Manafort, Sicherheitsberater Michael Flynn, der persönliche Anwalt Michael Cohen und Kumpel Roger Stone.

Spötter meinen daher, man müsse bald ein eigenes Gefängnis für die Trump-Truppe bauen. Dabei sollte man nicht vergessen, auch eine präsidiale Suite einzuplanen: Soeben hat wieder einmal ein Richter entschieden, dass Trump seine Finanzunterlagen herausrücken muss.

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103 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Benster
21.08.2020 14:50registriert März 2014
Bin gespannt was der Köppel zu sagen hat. War beim Vortrag von Bannon in Oerlikon dabei. Köppel hat ihn dort mehrmals gelobt als Kämpfer des kleinen Mannes , gegen das reiche Establishment. 100te von rechten Schweizer im Publikum haben geklatscht. Mir war schon da klar dass es alles nur show ist.
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Paul Badman
21.08.2020 14:55registriert November 2015
Mir kam auch gleich der Anlass in den Sinn, bei dem der Roger Köppel dem Bannon bildlich in den Ehrenwertesten gekrochen ist. Wer die Realsatire "with the thundering applaus" nachhören will:
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Walter Sahli
21.08.2020 14:57registriert März 2014
Die Konspirationisten (das Wort habe ich gestern auf #12 gelernt) wird's nicht gross kümmern, schliesslich hat Bannon gesagt, er sei unschuldig.
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