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Super Tuesday: Barack Obama wird zum Königsmacher bei den Demokraten

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Barack Obama bei einem Auftritt im letzten Dezember in Malaysia.Bild: EPA
Analyse

Barack Obama wird zum Königsmacher bei den Demokraten

Vor dem Super Tuesday schliessen die gemässigten Kandidaten bei den Demokraten die Reihen hinter Joe Biden. Sein ehemaliger Boss spielt hinter den Kulissen eine wichtige Rolle.
04.03.2020, 09:37
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Das US-Wahljahr ist noch jung und schon reich an Überraschungen. Vor zwei Wochen galt der frühere Vizepräsident Joe Biden als «dead man walking». Er hatte bei den Vorwahlen der Demokraten in Iowa und New Hampshire desaströs abgeschnitten. Sein baldiger Rückzug als Anwärter auf die US-Präsidentschaft schien Formsache zu sein.

Mit dem zweiten Platz in Nevada konnte sich Biden ein wenig auffangen. Dann folgte am letzten Samstag die Vorwahl in South Carolina, und nun ist alles anders. Dank dem enormen Rückhalt bei der schwarzen Wählerschaft gelang ihm ein triumphaler Erfolg. Auf einmal ist Joe Biden der einzige ernsthafte Kandidat des gemässigten Parteiflügels.

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Joe Biden (l.) freut sich in Dallas über den Support von Pete Buttigieg.Bild: AP

Denn seither haben sich Pete Buttigieg und Amy Klobuchar aus dem Rennen abgemeldet. Beide vertreten ebenfalls moderate Positionen. Am Montagabend stellten sie sich bei einem Wahlkampfauftritt in Dallas (Texas) offiziell hinter Biden, zusammen mit dem ehemaligen Kongressabgeordneten Beto O’Rourke, dem früh gescheiterten Ex-Hoffnungsträger.

Obama telefonierte mit Buttigieg

Der Ort war keineswegs zufällig gewählt. Texas ist neben Kalifornien der gewichtigste Bundesstaat, in dem am heutigen Super Tuesday gewählt wird. Joe Biden liegt in den Umfragen hinter Bernie Sanders, allerdings nur relativ knapp. Ein prestigeträchtiger Sieg in diesem bedeutenden Staat könnte seiner Kandidatur zusätzlichen Schub verleihen.

Dennoch erstaunt das Timing des Rückzugs von Buttigieg und Klobuchar. Man hätte ihnen zugetraut, mindestens bis zum Super Tuesday durchzuhalten. Hier spielte womöglich eine Person eine Rolle, die sich aus den Vorwahlen bisher rausgehalten hat: Barack Obama. Zumindest im Fall von Pete Buttigieg hat er sich unauffällig eingeschaltet.

So telefonierte der frühere Bürgermeister von South Bend am letzten Sonntag nicht nur mit Joe Biden, sondern auch mit Obama, wie die «New York Times» mit Berufung auf einen demokratischen Parteifunktionär berichtete. Der Ex-Präsident habe den 38-jährigen Buttigieg nicht direkt zur Unterstützung von Biden aufgefordert, ihn aber daran erinnert, dass er einen «beträchtlichen Einfluss» habe und sich überlegen solle, wie er diesen am besten einsetzen könne.

Vice President Joe Biden laughs as President Barack Obama talks about him during a ceremony in the State Dining Room of the White House in Washington, Thursday, Jan. 12, 2017. Obama surprised Biden an ...
Obama und sein einstiger Vize haben nach wie vor regelmässig Kontakt.Bild: AP/AP

Konkret habe Obama darauf hingewiesen, dass Buttigieg mit einer Unterstützung Bidens dazu beitragen könne, eine «starke zentristische Herausforderung» für Bernie Sanders’ progressive Bewegung zu erzeugen. Buttigieg scheint es sich zu Herzen genommen zu haben. Nachdem er eine Nacht darüber geschlafen hatte, stellte er sich hinter Biden.

Obamas zwiespältiges Image

Am Wochenende hat Barack Obama gemäss CNN auch mit seinem einstigen Vize telefoniert und ihm zum Sieg in South Carolina gratuliert. Eine dem früheren Präsidenten nahe stehende Person betonte, Obama wolle nicht direkt in den Vorwahlkampf eingreifen. Er fürchte, eine offene Unterstützung für Biden könnte «nach hinten losgehen».

Dies reflektiert die zwiespältige Haltung vieler Demokraten gegenüber dem Ex-Präsidenten. Barack Obama gilt noch immer als Lichtgestalt, die umso heller strahlt, je mehr sein Nachfolger die Würde des Amtes besudelt. Viele Afroamerikaner verehren den ersten schwarzen Präsidenten, Joe Biden beruft sich regelmässig auf seinen früheren Boss.

Die jungen, enthusiastischen Anhänger von Bernie Sanders aber beurteilen Obama kritisch. Sie werfen ihm eine zu grosse Nähe zur Wall Street vor. Er habe zu wenig gegen die grassierende Ungleichheit unternommen. Ausserdem geben sie ihm die Schuld daran, dass die Demokraten vor vier Jahren Hillary Clinton und nicht ihr Idol nominiert haben.

Die Reihen hinter Biden schliessen

Dies dürfte erklären, warum Obama zögert, sich mit seinem einstigen Vize zu solidarisieren, mit dem er nach wie vor regelmässig in Kontakt steht. Der Ex-Präsident wolle dazu beitragen, die Partei am Ende des Vorwahl-Prozesses zu vereinen und in den Kampf gegen Donald Trump zu führen, sagte die mit Obama vertraute Person zu CNN.

Eine zu frühe Einmischung könnte die Spaltung vertiefen. Hinter den Kulissen aber dürfte sich Obama weiter als «Königsmacher» betätigen und dazu beitragen, die Reihen der «Moderaten» hinter Joe Biden zu schliessen. In den letzten Tagen haben zahlreiche gewichtige Parteiexponenten dem 77-Jährigen ihre Unterstützung zugesagt.

Democratic presidential candidate former New York City Mayor Mike Bloomberg looks to a protester during a FOX News Channel Town Hall, co-moderated by FNC's chief political anchor Bret Baier of Sp ...
Mike Bloomberg (r.) wurde am Montag in einer Fox-News-Townhall als Beschützer von Rassisten und Vergewaltigern beschimpft.Bild: AP

Ein Unsicherheitsfaktor bleibt Mike Bloomberg, der erst am Super Tuesday ins Rennen einsteigt und das gleiche Wählersegment umwirbt. Seine Kandidatur aber hebt trotz gewaltigem finanziellem Einsatz nicht richtig ab. Schneidet der frühere Bürgermeister von New York schlecht ab, könnte er sich schon bald zugunsten von Biden zurückziehen.

Warren lauert auf ihre Chance

Der Sanders-Anhang beobachtet die Vorgänge im moderaten Lager mit Unmut. Denn der Senator aus Vermont muss sich auf dem linken Flügel mit Elizabeth Warren herumschlagen. Obwohl sie überhaupt nicht auf Touren kommt, macht sie keine Anstalten, das Rennen aufzugeben. Vielmehr deutet sie an, bis zum Parteikonvent im Juli durchhalten zu wollen.

Welche/r demokratische KandidatIn setzt sich durch?

Insgeheim hofft die Senatorin wohl, sich doch noch als Alternative zu den «alten weissen Männern» aufdrängen zu können, obwohl sie mit 70 Jahren auch nicht mehr taufrisch ist. Ausgeschlossen ist es in diesem turbulenten Vorwahl-Zyklus nicht. Derzeit aber läuft die Roulette-Kugel für Joe Biden, getreu dem Grundsatz «Totgesagte leben länger».

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Diese Demokraten kandidieren gegen Trump
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Bernie Sanders, Senator aus Vermont, Jahrgang 1941. Sanders ist zwar ein unabhängiger Senator, aber Mitglied der demokratischen Fraktion.
quelle: epa/epa / tannen maury
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54 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Ravel
03.03.2020 15:47registriert Juni 2015
Wenn die Demokraten tatsächlich auf Biden setzen, ist ihnen echt nicht mehr zu helfen. Sie hatten jetzt mehr als vier Jahre Zeit um zu begreifen, woher der Wind weht und was 2016 schief gelaufen ist.
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der_senf_istda
03.03.2020 15:21registriert Juni 2017
Bleibt Warren im Rennen, so hilft dies Biden.
Warren nimmt hauptsächlich Sanders Stimmen weg und verhindert so, dass er auf über 50% der Stimmanteile kommt.
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Doradal
03.03.2020 15:43registriert März 2015
Die „Moderaten“ werden in amerikanischen Kreisen eher Zentristen genannt. Ihre Parole ist es zu beschwören, dass sich in der US Politik nichts drastisches ändern lässt und Bernie Sanders ein Revolutionär ist. Wenn man die US Politik seit dem Ende des zweiten Weltkriegs betrachtet und sich überlegt, wem geholfen wird und auf wen die Kosten abgewälzt werden, wird schnell klar, dass sich eben etwas drastisch ändern muss. Die Zentristen haben in den letzten 35 Jahren den Mittelstand stetig ausgehöhlt und sichergestellt, dass die Reichen noch reicher werden.
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