Spanien erlebte einen der stärksten Corona-Ausbrüche in Europa. Die Menschen durften ihre Häuser nur noch zum Einkaufen verlassen, 28'400 Personen sind an den Folgen von Covid-19 verstorben. Nach einigen ruhigen Wochen steigen die Fallzahlen wieder an.
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In den letzten Tagen meldete Spanien im Schnitt wieder über 1000 Neuansteckungen. Die Regierung des südeuropäischen Landes mit 47 Millionen Einwohnern ist besorgt: Die Behörde für Gesundheitliche Notfälle bestätigte, dass es «möglich ist, dass wir bereits eine zweite Welle haben».
Es sei aber irrelevant, ob man man die Situation schon als zweite Welle bezeichnet oder nicht. Denn «wenn die grösseren Neuausbrüche schnell unter Kontrolle gebracht werden können, habe man die Situation weiter im Griff», argumentieren die Behörden. Ein Contact Tracing ist aber bei den aktuellen Fallzahlen kaum mehr möglich, der Touristenverkehr erschwert die Situation zusätzlich.
Anders als in Deutschland oder Portugal, wo es einige lokale grössere Ausbrüche gab, verteilen sich die Fälle in Spanien über fast das gesamte Land. Aktuell werden über 200 lokale Ausbrüche gezählt, sagte Gesundheitsminister Salvador Illa am Mittwoch.
Besonders stark betroffen ist aber zurzeit der Nordosten des Landes, die Regionen Aragonien und Katalonien.
Verhältnismässig konstant bleiben die Fallzahlen auf den Ferieninseln Mallorca, Ibiza und den Kanarischen Inseln. Allerdings wurde die Partymeile «Ballermann» in Mallorca geschlossen, unter anderem weil die Touristen sich nicht an die Maskenpflicht hielten.
Wie in vielen europäischen Ländern infizieren sich zurzeit vorwiegend jüngere Menschen. So gab es beispielsweise in der südspanischen Stadt Córdoba einen Ausbruch, nachdem junge Menschen ihren Abschluss in einer Disco gefeiert hatten – zwei Wochen später wurden 91 Partygänger, die an dem Abend im selben Club waren, positiv auf das Coronavirus getestet.
Laut Angaben der spanischen Behörden handelt es sich bei den aktuellen Ansteckungen allerdings vorwiegend um Fälle mit leichten Symptomen.
Nebst den jungen Partygängern sind auch viele Saisonarbeiter aus der Landwirtschaft betroffen.
In Spanien gibt es einen Flickenteppich an verschiedenen Regelungen: Jede Region geht anders mit dem Virus um. Grund dafür sind auch die lokalen Ausbrüche im ganzen Land. Hunderttausende Menschen wurden zwischenzeitlich wieder in einen Lockdown versetzt.
Eine «Stay-at-Home»-Empfehlung gab's letzte Woche auch in Barcelona: Die Bewohner der zweitgrössten Stadt Spaniens wurden gebeten, zuhause zu bleiben. Gruppen von mehr als 10 Personen sind verboten. Touristen müssen vor der Reise ein Formular ausfüllen. Bei der Einreise gibt es einen Gesundheitscheck, so darf die Körpertemperatur beispielsweise nicht höher als 37,5 Grad sein.
Im Vergleich zum landesweiten Lockdown im März und April schwindet aber offenbar die Bereitschaft der Spanier, die Quarantäne zu akzeptieren. Insbesondere junge Menschen weigern sich je länger, je mehr, zu Hause zu bleiben.
Nach wie vor herrscht in ganz Spanien an den allermeisten öffentlichen Orten eine Maskenpflicht. So beispielsweise in Bars, Clubs und auch an privaten Partys.
Der bereits angeschlagene Tourismus in Spanien könnte einen weiteren Dämpfer erfahren. So meinte beispielsweise Frankreichs Premierminister Jean Castex, dass man die Situation in Spanien beobachte und vorzu entscheide, ob die Grenze für Spanier offen bleibe. Spaniens Tourismusdirektor forderte Frankreich kurz später auf, die Grenzen offen zu halten: «Wir leben mit dem Virus, aber das bedeutet nicht, dass wir nicht reisen und eine Art Normalität wiederherstellen können.»
Andere europäische Länder wie Finnland oder Norwegen lassen bereits jetzt schon keine Spanier mehr ohne Quarantänepflicht einreisen.
Aus wirtschaftlichen Gründen wird Spanien wie erwähnt versuchen, die Grenzen für Touristen offen zu behalten. Die entscheidende Frage für viele Schweizer Touristen wird sein, ob das Bundesamt für Gesundheit Spanien auf die Liste der Risikoländer setzt und Ferienrückkehrer somit in eine 10-tägige Quarantäne müssen.
Der Grenzwert, damit ein Land auf die Liste kommt, liegt bekanntlich bei 60 Neuinfektionen pro 100'000 Einwohnern über einen Zeitraum von 14 Tagen.
Vor einem Monat, am 24. Juni 2020, lag Spanien bei einem Wert von 11, heute bei 33. Steigen die Zahlen im gleichen Stil an, könnte der Grenzwert von 60 in den nächsten Wochen erreicht werden.