Impf-Vorreiter Israel ist nach mehreren kritischen Phasen zum ersten Mal seit Langem in einer bequemen Ausgangslage: Über 60 Prozent der Bevölkerung sind geimpft, fast alle sogar bereits doppelt.
>> Coronavirus: Alle News im Liveticker
Und die hohe Impfquote wirkt sich positiv auf die Fallzahlen aus. Diese sind so tief wie seit Sommer 2020 nicht mehr. Seit der ersten Märzwoche verzeichnete Israel einen exponentiellen Abfall der Fallzahlen – zu diesem Zeitpunkt waren 44 Prozent der Bevölkerung vollständig geimpft.
Auch aus den Spitälern gibt's gute Nachrichten: Erstmals seit zehn Monaten ist die Zahl der Corona-Schwerkranken unter die Marke von 100 gefallen. Noch im Januar lag sie bei 1192 Personen.
Diese Zahlen sind umso erstaunlicher, wenn man berücksichtigt, dass Israel sich bereits im Februar aus dem Lockdown verabschiedet hat. Die ersten Schritte umfassten Lockerungen in Bezug auf die Reiseverbote innerhalb und zwischen Städten. Auch Firmen, die keine Kunden empfangen, durften ihren Betrieb wieder aufnehmen.
Ende Februar wurden dann erstmals Privilegien für Geimpfte geschaffen: Sie durften wieder ins Theater, Fitness, Hotels und in Synagogen.
Ab dem 7. März waren Zusammenkünfte von 20 Personen drinnen und 50 Personen draussen erlaubt. Auch Touristenattraktionen wurden für Geimpfte geöffnet. Erste Events mit bis zu 300 Personen waren möglich. Zu diesem Zeitpunkt befand sich Israel in einer vergleichbaren Situation mit der Schweiz jetzt, was die Massnahmen betrifft. Allerdings waren in Israel damals bereits über 40 Prozent geimpft.
Und weitere Öffnungen folgten schon bald: Grossveranstaltungen – wenn auch teilweise nur mit reduzierter Auslastung – sind seit dem 19. März wieder möglich. Dabei galt eine Obergrenze von 5000 Personen.
Mitte April kam dann der nächste Lockerungsschritt, der die Maskenpflicht im Freien aufhob. Ausserdem kehrten Grundschüler wieder in den Präsenzunterricht zurück und Studierende durften die Prüfungen vor Ort ablegen. Die Anzahl der Teilnehmer von Veranstaltungen wurde auf 10'000 angehoben.
Israels Lockerungen zeigen, dass die Impfkampagne ein voller Erfolg ist und bislang zu keinerlei Anstieg der Zahlen geführt hat – im Gegenteil. Das dürfte auch in der Schweiz Hoffnung auf einen guten Sommer machen.
Nebst den Impfungen testet Israel viel: Von den 39'000 Tests in den letzten 24 Stunden fielen gerade einmal 0,2 Prozent (61 Tests) positiv aus. Testen lassen sich unter anderem Personen, die noch nicht geimpft sind, aber trotzdem Privilegien wie beispielsweise Veranstaltungen oder Gastronomie im Innenbereich geniessen wollen. Dazu darf der Test allerdings nicht älter als 48 Stunden sein.
Eine weitere verbleibende Massnahme ist das Maskenobligatorium in öffentlichen Innenräumen. Ausserdem gibt es noch immer viele Einschränkungen bei der Einreise nach Israel.
Im Vergleich zur Schweiz leben die Israelis darum aktuell mit weniger strikten Massnahmen – in der meisten Zeit während des vergangenen Jahres war es umgekehrt, wie der Stringency Index der University of Oxford zeigt.
Auch in den Spitälern Israels hat sich die Situation beruhigt. Insbesondere die älteren Menschen sind inzwischen gut geschützt. Eine neue Studie aus dem Fachjournal «Nature Medicine» zeigt dazu, wie sich der Anteil der schweren Krankheitsverläufe auf die jüngeren Gruppen verlagert hat. Die Forscher schliessen daraus in Zusammenhang mit der Priorisierung der Altersgruppen einen klaren Erfolg durch die Impfkampagne.
Obwohl sich das israelische Gesundheitswesen zuerst kritisch über die frühen Lockerungen geäussert hat, sehen auch die Experten nun optimistisch einer Art Normalität entgegen – schliesslich geben die Fallzahlen den Entscheiden zu Lockerungen recht.