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Coronavirus: So schlecht halten sich Schweizer im Vergleich an den Lockdown

Ein ungewohntes Bild: Viele Fussgänger auf einem Haufen.
Ein ungewohntes Bild: Viele Fussgänger auf einem Haufen.Bild: shutterstock

Diese Länder setzen #StayAtHome am besten um – die Schweiz gehört nicht dazu

Bewegungsdaten des US-Technologiekonzerns Apple zeigen, wie strikt die Lockdowns in den verschiedenen Ländern umgesetzt werden. Die Schweiz schneidet dabei nicht besonders gut ab.
22.04.2020, 19:0624.04.2020, 07:59
Lea Senn
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Wer mit Apple Maps auf seinem Smartphone den Weg in einen Shop sucht, füttert automatisch Apples Datenbank mit Bewegungsdaten. Diese wurden kürzlich – in anonymisierter Form – auf der Webseite von Apple veröffentlicht.

Für die meisten Länder und sogar für einige Grossstädte sind die Bewegungsdaten abrufbar. Allerdings sind keine konkreten Distanzen in Kilometern ablesbar, sondern nur die Abweichung in Prozent zu einem «normalen» Tag vor der Coronazeit – im Falle von Apples Datensatz ist das der Montag, 13. Januar 2020.

Ist also für ein Land ein Wert von 60 Prozent angegeben, kann das bedeuten, dass sich nur noch knapp zwei Drittel nach draussen begeben haben und ein Drittel zuhause blieb – oder dass alle Einwohner des Landes ihre Aktivitäten eingeschränkt haben und im Schnitt somit nur noch knapp zwei Drittel der normalen Strecke für Freizeit, Arbeitsweg und Co. zurück gelegt haben.

Wie sich die Schweiz bewegt

Werfen wir zuerst einen Blick auf die Schweiz. Die Angaben von Apple decken sich im Grossen und Ganzen mit den Erhebungen vom Kanton Zürich, die wir auf watson mehrfach verfolgt haben.

Bewegungsdaten Schweiz

Bewegungsdaten Apple
Bild: watson

Bereits am Wochenende vor dem offiziellen Lockdown blieben Herr und Frau Schweizer vermehrt zu Hause. Ab dem 17. März waren dann die meisten Geschäfte, Kinos und Co. geschlossen – ab da sackten die Bewegungsdaten in den Keller.

Der Alphornblaeser David Reimann von der Alphornvereinigung Kriens-Pilatus blaest um 19:00 Uhr wie viele andere Alphornblaeser in der Schweiz zum Dank fuer alle im Einsatz stehenden Menschen im Kampf  ...
Er verbringt sein Wochenende nach Vorschrift: Der Alphornbläser David Reimann aus Kriens LU. Bild: KEYSTONE

Gegen Ende März bewegte man sich in der Schweiz nur noch rund ein Drittel so stark wie am Referenztag im Januar. Inzwischen scheint die Bevölkerung in unserem Land aber etwas «lockdownmüde» zu sein: Der Trend zeigt klar nach oben, obwohl bis zum heutigen Tag noch keine Lockerungen vom Bundesrat in Kraft traten.

Wie sich unsere Nachbarn bewegen

Ein ähnliches Phänomen wie in der Schweiz ist auch in Deutschland zu beobachten – allerdings sind dort bereits erste Lockerungen in Kraft getreten. Seit Montag (und von diesem Tag stammen die aktuellsten Zahlen von Apple) sind kleinere Geschäfte in Deutschland wieder geöffnet.

Etwas zurückhaltender sind die Österreicher, obwohl auch bei Ihnen einige Geschäfte wieder offen sind. Keinen Schritt in Richtung Normalität machen die Franzosen und Italiener. In beiden Ländern bewegen sich die Leute nur rund einen Viertel so viel wie im Januar.

Schweiz und Nachbarländer

Bewegungsdaten Apple
Bild: watson

Wer nach wie vor aktiv ist

Wer hat sich seit Anfang März am meisten eingeschränkt? Vergleichen wir die Bewegungsradien der Fussgänger aller von Apple untersuchten Länder, sticht ein Land heraus: Japan.

Die Japaner haben sich seit dem 1. März 2020 im Schnitt sogar mehr bewegt als am Referenztag Mitte Januar. Allerdings wurde dort auch erst vor gut zwei Wochen der Notstand ausgerufen – seither schränkten die Japaner ihren Bewegungsradius auch deutlich ein. Ihr Tagesschnitt in Bezug auf die Bewegung dürfte also in Kürze fallen.

Ähnliches ist zurzeit in Russland zu erkennen: Erst seit Anfang April sind Einwohner weniger unterwegs. Obwohl das Coronavirus vorher schon seit Wochen weltweit Thema Nummer Eins war, hat Apple kaum weniger Bewegungen in Russland aufgezeichnet.

epa08376990 General view of a deserted Red Square in Moscow, Russia, 20 April 2020. Russian President Vladimir Putin extended the current nationwide lockdown with stay-at-home orders until the end of  ...
Inzwischen ist der Rote Platz in Moskau auch menschenleer – bis vor wenigen Wochen sah das noch anders aus.Bild: EPA

Anders ist es in Taiwan: Hier blieben die Bewohner auch in den letzten Tagen kaum vermehrt Zuhause. In der langfristigen Tendenz bewegen sich die Leute zwar leicht weniger – insbesondere an Wochenenden steigen die Zahlen aber fast wieder auf die Vergleichswerte vom Januar.

Und auch in Schweden, das mit seiner «Durchseuchungs»-Strategie einen Sonderfall darstellt, zeigen die Bewegungsdaten nur einen vergleichsmässig kleinen Rückgang. In den letzten Tagen bewegten sich die Schweden etwa zwei Drittel so stark, wie noch im Januar.

Japan, Taiwan, Russland und Schweden

Bewegungsdaten Apple
Bild: watson

Wer im Stillstand ist

Seit dem 1. März 2020 ist das Leben auf den Strassen Spaniens nicht wiederzuerkennen. Und das widerspiegelt sich auch in den Zahlen von Apple. Die Bewegungsdaten sind um rund 90% eingebrochen im Vergleich zum Referenztag Mitte Januar. Das kommt nicht von ungefähr: Spanien ist von der Pandemie stark betroffen, das öffentliche Leben extrem stark eingeschränkt.

Auch die beiden Nachbarländer Portugal und Marokko bewegen sich in einem ähnlichen Rahmen. Das bereits erwähnte Italien, das vom Coronavirus sehr stark betroffen war, steht ebenfalls nach wie vor still. Obwohl der Lockdown dort verhältnismässig früh verhängt wurde, zeigt die Bewegungs-Kurve noch immer nicht nach oben. Die Italiener bleiben noch immer zu Hause – obwohl sie schon seit Wochen in ihre Häuser verbannt sind.

Spanien, Portugal, Marokko, Italien

Bewegungsdaten Apple
Bild: watson
Woher die Daten stammen
Apple hat seine gesammelten Bewegungsdaten online anonymisiert zur Verfügung gestellt. Die Daten wurden durch Suchanfragen für Wegbeschreibungen via Apple Maps erhoben. Da Apple keine demographischen Angaben zu den Bewegungsdaten speichert, gibt es keine Garantie, dass die Aussagen repräsentativ sind. Bei den meisten Regionen standen Fussgänger-, ÖV- und Strassenverkehrsdaten zur Verfügung. Für unsere Auswertungen haben wir uns auf die Fussgänger-Daten beschränkt. Daten zur Volksrepublik China sind nicht vorhanden.
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18 Kommentare
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Töfflifahrer
22.04.2020 19:37registriert August 2015
Da wird aber Äpfel mit Birnen verglichen. Einige Staaten haben eine Ausgangssperre und in einigen Ländern dürfen nur noch sog. Key-Worker zur Arbeit und um rausgehen zu dürfen, brauchen die einen triftigen Grund. In der Schweiz können wir noch raus unter Wahrung der geltenden Regelungen !
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Julien Marchand
22.04.2020 20:54registriert März 2014
Sorry, wieder mal so ein Artikel ohne Kontext. Natürlich sind unsere Bewegungsdaten höher, wir haben a) keine Ausgangssperre und b) arbeiten viele Leute noch am Arbeitsplatz. Nur logisch, haben wir andere Werte als Länder, die einen vollständigen Lockdown haben.
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Hans Jürg
22.04.2020 21:46registriert Januar 2015
Wenn ich richtig verstehe, sind das nur die Bewegungsdaten von Iphone-Benutzern. Also kann man einzelne Länder doch gar nicht 1:1 vergleichen? Es gibt Länder, wo der Anteil von Apple Kunden im Vergleich zu Kunden anderer Betriebssystemen sehr tief ist und umgekehrt. Ist es dann nicht ein Àpfel mit Birnen-Vergleich? Oder wurde das in der Auswertung von Apple entsprechend gewichtet?
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