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Bundes-Notbremse bei hohen Corona-Zahlen in Deutschland geplant

Deutsche Regierung beschliesst Corona-Notbremse

13.04.2021, 16:0313.04.2021, 16:29
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epa09132428 German Chancellor Angela Merkel wears a protective face mask as she arrives for a statement after a cabinet meeting in Berlin, 13 April 2021. The German cabinet in its 137th session agreed ...
«Die bundeseinheitliche Notbremse ist überfällig»: Bundeskanzlerin Angela Merkel.Bild: keystone

Um was geht's?

Die Menschen in weiten Teilen Deutschlands müssen sich auf Ausgangsbeschränkungen und geschlossene Läden nach national verbindlichen Vorgaben einstellen. Entsprechende Änderungen des Infektionsschutzgesetzes hat die Bundesregierung am Dienstag beschlossen, wie die Deutsche Presse-Agentur erfuhr.

«Wenn wir warten würden, bis alle Intensivbetten belegt sind, ist es zu spät»
Angela Merkel

Von den insgesamt 26 725 Intensivbetten in Deutschland sind momentan 4'688 von Covid-19-Patient*innen belegt. Davon müssen 2'666 beatmet werden. 14,3 Prozent der Intensivbetten sind noch frei, die Verfügbarkeit sank in den letzten Wochen jedoch laufend.

Und was bringt das?

Ziel ist die bessere Eindämmung der Corona-Pandemie. Schon kurz nach dem Beschluss wurde erste Kritik laut. Die Parteien im Bundestag dürften auf Änderungen drängen.

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Wie sehen die Massnahmen aus?

Vorgesehen sind unter anderem Ausgangsbeschränkungen. So soll in Deutschland von 21.00 bis 5.00 Uhr der Aufenthalt ausserhalb einer Wohnung oder eines dazugehörigen Gartens im Grundsatz nicht erlaubt sein. Dies soll nicht gelten, wenn der Aufenthalt etwa der Versorgung von Tieren oder der Berufsausübung dient.

«Ein wichtiger und dringender Beschluss»
Angela Merkel

In einem neuen Paragrafen 28b des Infektionsschutzgesetzes soll ferner festgelegt werden, dass private Zusammenkünfte im öffentlichen oder privaten Raum nur dann gestattet sind, wenn an ihnen höchstens die Angehörigen eines Haushalts und eine weitere Person einschliesslich dazugehörender Kinder bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres teilnehmen. Bei Todesfällen sollen bis zu 15 Personen zusammenkommen dürfen.

Unter anderem dürfen bei einer höheren Inzidenz zudem die meisten Läden und die Freizeit- und Kultureinrichtungen sowie die Gastronomie nicht öffnen. Ausgenommen werden sollen der Lebensmittelhandel, Getränkemärkte, Reformhäuser, Babyfachmärkte, Apotheken, Sanitätshäuser, Drogerien, Optiker, Hörgeräteakustiker, Tankstellen, Stellen des Zeitungsverkaufs, Buchhandlungen, Blumenfachgeschäfte, Tierbedarfsmärkte, Futtermittelmärkte und Gartenmärkte. Hier sollen Abstand- und Hygienekonzepte gelten.

Übernachtungsangebote zu touristischen Zwecken sollen bei entsprechenden Inzidenzen in einer Region untersagt sein.

Ganz anders sieht es in Grossbritannien aus:

Wann treten diese Massnahmen in Kraft?

Gelten sollen diese und andere Beschränkungen, wenn in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt an drei aufeinanderfolgenden Tagen die 7-Tage-Inzidenz über 100 liegt. Das bedeutet, dass binnen einer Woche mehr als 100 Neuinfizierte auf 100'000 Einwohner kommen. Dieser Punkt ist allerdings umstritten.

Aktuell betrifft dies 207 der 294 Landkreise. In der Schweiz würden momentan sämtliche Kantone die 100er-Inzidenz übetreffen.

Darf man dann überhaupt noch irgendetwas?

Geöffnet werden dürften laut dem Beschluss Dienstleistungen, die medizinischen, therapeutischen, pflegerischen oder seelsorgerischen Zwecken dienen sowie Friseurbetriebe – jeweils mit Maske.

An Schulen soll Präsenzunterricht nur mit zwei Coronatests pro Woche gestattet werden. Überschreitet in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt an drei aufeinander folgenden Tagen die 7-Tage-Inzidenz 200, soll Präsenzunterricht untersagt werden. Vorgesehen ist zudem, dass der Bund über eigene Verordnungen die Corona-Massnahmen vor Ort steuern kann - dazu bräuchte es aber jeweils die Zustimmung von Bundestag und Bundesrat.

Neben der Novelle des Infektionsschutzgesetzes hat das Kabinett auch eine Pflicht für Angebote von Coronatests in Unternehmen auf den Weg gebracht. Der Entwurf einer geänderten Arbeitsschutzverordnung sieht vor, dass die Unternehmen ihren Beschäftigten in der Regel einmal in der Woche Tests zur Verfügung stellen.

Die schärferen Lockdown- und Testregeln sollen die Zahl der Infizierten, Covid-19-Kranken und Todesfälle drücken, bis auch durch immer mehr Impfungen die Pandemie eingedämmt werden kann.

Die Reaktionen

Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach forderte, die geplanten Ausgangsbeschränkungen nicht aufzuweichen. Ausgangssperren hätten in Portugal, England und Frankreich eine wichtige Rolle bei der Pandemiebekämpfung gespielt, sagte er der «Augsburger Allgemeinen». Studien hätten auch eine klare Wirksamkeit erwiesen.

epa09083857 German health politician Karl Lauterbach of SPD party speaks during a press conference on the current coronavirus and vaccination situation in Berlin, Germany, 19 March 2021. He pleaded fo ...
Prof. Dr. Karl Lauterbach begrüsst die Massnahmen.Bild: keystone

Die AfD-Fraktionsvorsitzende Alice Weidel wittert bereits wieder eine Verschwörung:

Kritik folgt jedoch nicht nur aus dem rechten Lager. Auch die stellvertretende Bundesvorsitzende der Grünen, Ricarda Lang, äussert sich kritisch:

So feiern die Briten das Ende des Lockdowns

Video: watson

(bal/sda/dpa)

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70 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Sagittarius
13.04.2021 16:13registriert März 2019
Huch... Ich weiss nicht, ob ich das bewundern oder bemitleiden soll.

Verglichen mit unseren Nachbarländern, scheinen die Massnahmen in der Schweiz geradezu sanft.
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Hans12
13.04.2021 17:24registriert September 2019
Ich frage mich, wie lange sie die Deutschen das gefallen lassen. Ich denke das wäre in der Schweiz unmöglich durchseztbar.
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harbourCity
13.04.2021 16:00registriert Januar 2021
Eine Ausgangssperre von 21 - 5 Uhr wird genau nichts verbessern. Aber wenns nicht besser wird, wirds halt dann auf den ganzen Tag ausgeweitet. Und wenn das dann nichts nutzt, muss halt jeder den ganzen Tag alleine in einem Raum bleiben.
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