Äthiopiens neuer Ministerpräsident Abiy Ahmed ist am Samstag nur knapp einem Anschlag entgangen. Bei der Explosion einer Granate auf einer Kundgebung mit Zehntausenden Menschen im Zentrum der Hauptstadt Addis Abeba wurden nach den Worten von Gesundheitsminister Amir Aman ein Mensch getötet und 156 verletzt.
Zehn davon seien in einem kritischen Zustand. Ein Augenzeuge berichtete, der Angreifer sei von Polizisten überwältigt worden.
Der Anschlag ereignete sich wenige Minuten, nachdem Abiy seine Rede auf der Kundgebung beendet hatte. Er sei unverletzt, erklärte sein Stabschef Fitsum Arega.
Einer der Organisatoren der Veranstaltung sagte, jemand habe versucht, eine Granate auf die Tribüne zu werfen, auf der sich Abiy befunden habe. Stabschef Fitsum erklärte, ein Attentäter mit «Hass im Herzen» habe einen Anschlag mit einer Granate verübt. Wer es war, sagte er nicht. Abiy selbst sagte in einer Fernsehansprache kurz nach dem Anschlag, die Attacke sei von Kräfte ausgeführt worden, die gegen ein vereintes Äthiopien seien.
Die Kundgebung zur Unterstützung des Ministerpräsidenten fand auf dem Maskal-Platz im Zentrum der Metropole statt. Der 41-jährige Abiy ist seit April im Amt und hat seitdem eine Reihe tiefgreifender Reformen in Angriff genommen.
An der Veranstaltung versprach er eine transparentere Regierungsarbeit und eine Aussöhnung der Nation, die durch jahrelange Proteste zerrissen ist. Kürzlich hatte er sich zudem bereiterklärt, das im Jahr 2000 mit dem Nachbarn Eritrea unterzeichnete Friedensabkommen voll umzusetzen.
Die damals vereinbarte Grenzziehung zwischen beiden Staaten war seitdem immer wieder umstritten. Laut der Abmachung soll Äthiopien die Grenzstadt Badme an Eritrea abgeben. Dagegen wehrten sich dort lebende ehemalige Soldaten und Angehörige des Tigray-Volkes.
Der Krieg hatte 2000 in einer Patt-Situation geendet und zu einer Militärkonzentration an der Grenze geführt. Eritrea verurteilte ebenso wie die USA und die EU den Anschlag.
Äthiopien, in dem zahlreiche ethnische Gruppen leben, gehört zu den am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften Afrikas. Kritiker beklagten jedoch, dass die Volksgruppen und Regionen ungleichmässig davon profitieren.
Die Unzufriedenheit in der Bevölkerung brach sich 2015 in Protesten bahn, in deren Folge die Regierung zurücktrat. Der damals verhängte Ausnahmezustand wurde erst kürzlich aufgehoben. Abiy versprach, die Sorgen der Menschen ernst zu nehmen sowie politische und Bürgerrechte zu gewährleisten. (sda/reu/kün)