Rund eine Woche vor der Präsidentenwahl in Belarus (Weissrussland) sind Zehntausende Menschen zu einer Kundgebung der Opposition in Minsk gekommen. Die politisch unerfahrene Kandidatin Swetlana Tichanowskaja habe am Donnerstagabend rund 34 000 Menschen mobilisiert, teilte die Menschenrechtsorganisation Wesna mit. Es ist die grösste Aktion der Opposition in der Ex-Sowjetrepublik seit Jahren. Tichanowskaja will am 9. August den autoritären Präsidenten Alexander Lukaschenko herausfordern. Auf die 37 Jahre alte Ehefrau des prominenten inhaftierten Bloggers Sergej Tichanowski richten sich alle Hoffnungen der Lukaschenko-Gegner.
Lukaschenko, der als «letzter Diktator» Europas gilt, will sich für eine sechste Amtszeit bestätigen lassen. Er regiert die Ex-Sowjetrepublik seit 26 Jahren mit harter Hand. Um bessere Chancen bei der Abstimmung zu haben, schloss sich Tichanowskaja mit den Teams der von der Wahl ausgeschlossenen Bewerber Viktor Babariko und Waleri Zepkalo zu einem Bündnis zusammen.
People are still coming. This must be the most massive political rally in Belarus history. pic.twitter.com/ah9JMA4U0H
— Franak Viačorka (@franakviacorka) July 30, 2020
Lukaschenko wirft den Oppositionellen immer wieder vor, Unruhen provozieren zu wollen und mit dem Ausland Umsturzversuche zu planen. Tichanowskaja wies die Vorwürfe bei der Kundgebung vehement zurück. Zuletzt wurden auch mutmassliche russische Söldner in der Nähe von Minsk festgenommen. Welchen Einfluss dies auf die Wahl haben wird, war bislang nicht absehbar.
Tichanowskaja will im Fall eines Sieges Neuwahlen ansetzen und alle politischen Gefangenen freilassen, darunter auch ihren Mann Sergej, wie sie bei der Veranstaltung sagte. «Ich bin müde, alles hinzunehmen, ich bin müde, zu schweigen, und ich bin müde, Angst zu haben.» Sie wolle das System ändern, aber nicht selbst an die Macht kommen.
Experten gehen davon aus, dass es im Fall eines Sieges von Lukaschenko zu neuen Protesten kommt. Bisher wurden Präsidentenwahlen in Belarus nicht als demokratisch anerkannt. (cma/sda/dpa)
Lukaschenko, wir haben ein Auge darauf.