Noch im Februar schien die Pandemie in Indien besiegt. Dank strenger Massnahmen flachte die Kurve seit ihrem Höhepunkt im letzten September immer mehr ab. «Indien hat die Pandemie erfolgreich eingedämmt», verkündete der Gesundheitsminister Harsh Vardhan am 2. Februar. Doch er freute sich zu früh. Die Fallzahlen sollten nur noch bis am 8. Februar sinken, bevor sie schliesslich explodierten.
Als wäre diese Kurve, die steiler fast nicht sein könnte, noch nicht besorgniserregend genug, wird in Indien gefeiert, als gäbe es kein Morgen.
Das Kumbh Mela, was so viel bedeutet wie «das Fest des Kruges», wird in der nordindischen Pilgerstadt Haridwar nur alle 12 Jahre gefeiert. Wenn es so weit ist, pilgern Millionen von Menschen – sowohl Gläubige als auch Schaulustige – an den Ganges in Haridwar, im Bundesstaat Uttarakhand, wo rituelle Waschungen stattfinden. Diese sollen die Badenden von ihren Sünden befreien. Auffallend sind dabei die Sadhus: Hinduistische Mönche in bunten Gewändern, die dem weltlichen Leben entsagen und asketisch leben.
Natürlich stellt sich jetzt die Frage, ob dieses Fest nicht hätte verschoben werden können. Die Antwort ist Nein. Denn die Festlichkeiten richten sich nach einer spezifischen Konstellation von Mond, Sonne und Jupiter. Und ebendiese findet nur alle 12 Jahre statt, da die Umlaufzeit des Jupiters um die Sonne etwa so lange beträgt.
More than 1 lakh people on the bank of river Ganges a day before Shahi Snan in Maha Kumbh, Haridwar.
— Md Asif Khan (@imMAK02) April 11, 2021
Meanwhile 400 people found Corona positive in Haridwar just before Shahi Snan.
Why don't govt ban this religious congregation? pic.twitter.com/BktmiwM4uP
Dem neuen Ministerpräsidenten des Bundesstaates Uttarakhand, Tirath Singh Rawat, blieb nicht viel anderes übrig, als an die Pilger zu appellieren, Masken zu tragen und die Sicherheitsabstände einzuhalten. Denn auch wenn die Gesundheit der Menschen eine Priorität sei, könne man Glaubensfragen nicht einfach ignorieren, so der Ministerpräsident gemäss «indiatoday». Dass diese Bitten vergeblich waren, zeigen die zahlreichen Bilder, die derzeit auf Twitter kursieren:
The safest place from Corona is this crowd at Haridwar or election rallies in Bengal. Corona bhi confusiya jata hai kis ko infect karun pic.twitter.com/c1ynffcVfG
— Sandeep Mall (@SandeepMall) April 14, 2021
Gemäss Polizeiangaben hätten sich am vergangenen Montag etwa drei Millionen Menschen für das Fest in Haridwar eingefunden. Eine Kontrolle der Sicherheitsmassnahmen war unter diesen Menschenmassen ein Ding der Unmöglichkeit. Zwar wurde das Fest von dreieinhalb Monaten auf einen Monat gekürzt, doch von diesem Monat befindet man sich jetzt gerade mal in der Halbzeit. Noch bis Ende April dürften sich die Tausenden von Pilgern dicht gedrängt in und um das Wasser tummeln.
Kumbh Mela", or the Pitcher Festival, amidst the spread of the coronavirus disease (COVID-19), in Haridwar, India. #KumbhMela @Reuters pic.twitter.com/hnNF8hOLRV
— Danish Siddiqui (@dansiddiqui) April 12, 2021
Wer nun die religiösen Menschen an den Pranger stellen möchte, sei aber nicht zu voreilig und werfe einen Blick in den Bundesstaat Bengal im Osten Indiens. Dort finden nämlich Regionalwahlen statt, welche ebenfalls riesige Menschenmassen auf die Strasse ziehen:
Undoubtedly the biggest political rally this season. #BengalElection2021 #NarendraModi #COVID19 pic.twitter.com/xkc8zSiEry
— Manaswini (@manswinni) April 7, 2021
In den nächsten Wochen wird sich zeigen, wie sich diese Menschenmassen auf die Entwicklung der Corona-Lage auswirken werden. Doch ein Blick auf die momentanen Fallzahlen, die Bilder und die Videos lässt nichts Gutes verheissen.
#WATCH: Union Home Minister and BJP leader Amit Shah holds a roadshow in Siliguri, ahead of the fifth phase of #WestBengalElections2021 pic.twitter.com/JBrl5R1MUU
— ANI (@ANI) April 12, 2021
Partyyyyferieen 🎉🎊🎉