Eine Verkettung von Ereignissen führte dazu, dass der Konflikt zwischen Israel und palästinensischen Gebieten wieder aufgeflammt ist. Können Sie einen Überblick geben, wie es dazu kam?
Hans-Lukas Kieser: In den vergangenen Wochen hatte die israelische Polizei in der Altstadt von Jerusalem diverse Plätze abgesperrt, auf denen sich muslimische Anwohner während des Ramadans normalerweise treffen. Das führte dazu, dass die Muslime ihren Ramadan nicht so feiern konnten, wie sie es traditionellerweise tun. Zeitgleich sind Räumungen von Wohnungen palästinensischer Familien im Quartier Scheich Dscharrah in Ostjerusalem geplant. Vermehrt sind israelische Ultranationalisten aufmarschiert, die Parolen wie «Tod den Arabern» rufen.
Warum kommt es gerade jetzt wieder vermehrt zu Zwangsräumungen von palästinensischen Familien?
Solche Räumungen passieren seit 50 Jahren immer wieder. Vor allem seit dem Scheitern des Friedensprozesses nach der zweiten Intifada im Jahr 2000 wird die Verdrängung von Palästinensern aus Ostjerusalem von israelischer Seite her stetig vorangetrieben. Gestützt werden diese Verdrängungspraktiken von rechtsgerichteten Regierungen, die seit damals an der Macht sind und in denen auch ultranationalistische Siedlungsbefürworter vertreten sind. Was jetzt geschieht, ist also nichts Neues. Speziell ist allerdings, dass die Räumungen in einem Moment passieren, in der die Situation besonders angespannt ist.
Um was geht es den israelischen Siedlern?
Die Siedlungspolitik gehört zu einer Strategie, die seit Jahrzehnten vorangetrieben wird. Dahinter steht das Ziel, einen Gürtel von jüdischen Siedlungen zu schaffen, um ein und für alle Mal zu verunmöglichen, dass Ostjerusalem Teil und Hauptstadt eines Staats Palästina wird. Auch bei den Siedlungen im Westjordanland geht es im Grunde darum, eine Zweistaatenlösung, wie es die internationale Friedensperspektive in den 90er-Jahren vorsah, zu verunmöglichen.
Letzte Woche scheiterte Ministerpräsident Benjamin Netanjahu nach der vierten Parlamentswahl in zwei Jahren erneut mit der Bildung einer Regierung. Wie sind die Konflikte inmitten dieser politisch unstabilen Situation zu bewerten?
Böse Zungen haben schon vor einer Woche gesagt: Jetzt braucht es dann wieder einen grösseren Konflikt, damit Netanjahu seinen Abgang von der Macht erneut verhindern kann. Und tatsächlich ist derzeit wieder ungewiss, ob das Netanjahu-Zeitalter demnächst zu Ende geht. Für den Moment lassen suspendierte Koalitionsverhandlungen Netanjahu im Sattel sitzen.
Er ist also nicht daran interessiert, dass die Konflikte so bald wie möglich beiseite gelegt werden?
Im Gegenteil. Er ist versucht, Öl ins Feuer zu giessen, damit dieses noch etwas weiter brodelt. Davon zeugen auch die besonders harten Luftangriffe auf Gaza in der Nacht auf Dienstag, bei der 26 Bewohner ums Leben kamen.
Journalistinnen vor Ort sprechen von den schlimmsten Auseinandersetzungen seit langer Zeit. Wie gravierend beurteilen Sie die Konflikte?
Sie sind gravierend. Viele Palästinenser sind sehr frustriert. Seit zwanzig Jahren wird Israel scharf rechts regiert, mit einer propagierten Siedlungspolitik, einem Rechtssystem, das Nicht-Juden benachteiligt und dies in einem Nationalstaatsgesetz klipp und klar festschreibt, mit dem Bauen von Sicherheitszäunen quer durch palästinensische Gebiete. In den letzten Jahren hat sich bei arabischen Bewohnern viel Wut angestaut. Als neuer Faktor kommen von jüdischer Seite beträchtliche Gruppen von Ultranationalisten hinzu, die ein grosses Mobilisierungspotenzial haben und sich nicht davor scheuen, Gewalt anzuwenden.
Droht nun eine dritte Intifada?
Es ist nicht auszuschliessen. Aber es gibt auch Gegenbewegungen, die Hoffnung machen. So hat sich Israel mit den meisten Golfstaaten ausgesöhnt. Ausserdem gibt es Bemühungen, wieder mit der Türkei ins Gespräch zu kommen und Botschafter auszutauschen. Dass die Regierungsbildung scheiterte, ist zwar schlecht, aber im Prinzip fehlt nicht viel, dass mehr denn je auch israelische Araber an der Regierung beteiligt werden. Diese konstruktive Lösung ist auf dem Tisch und zum Greifen nah.
Was bräuchte es denn jetzt, damit diese zum Greifen nahe Lösung zu Tragen kommt?
Eine rasche Deeskalation aller Akteure vor Ort und eine Einleitung demokratischer Prozesse. Mahmud Abbas muss die von ihm angekündigten gesamt-palästinensischen Wahlen durchführen und die israelische Regierung eine Lösung finden für eine Koalition mit arabischen Israelis. Förderlich ist, dass man mit Joe Biden in den USA nun einen Präsidenten hat, der an die Visionen der 90er-Jahre anknüpft, sprich, sich für die Zweistaatenlösung oder jedenfalls die Berücksichtigung palästinensischer Rechte einsetzt.
(Achtung: Netanjahu, nicht die Juden, nicht die Israeli)
Un bei den Palästinensern hat es welche die diese Einladung zur Eskalation gerne annehmen.
(Achtung: nicht die Muslime, nicht die Palästinenser)
Kinder an die Macht! Die wissen, dass sich gegenseitig totzuschlagen falsch ist. Die hätten inner kurzer Zeit eine friedliche Lösung gefunden.
Es ist Zeit, dass diese machtgeilen alten Männer nach Dekaden an der Macht und Zehntausenden Toten endlich abdanken.
@Ultranationalisten
Ihr seid echt sympathische Zeitgenossen. Mit euch auf ein Feierabendbier? Vermutlich ginge das nicht mal. Regeln und so.
Meine Güte, ihr tragt nur Hass in eurem Herzen.
Und Herr Netanyahu kümmert sich nicht darum, ganz im Gegenteil, er sorgt für noch mehr Hass. Seine Interessen sind im wichtiger als die der Menschen in "seinem" Land. Wirklich traurig.