Nach dem irrtümlichen Abschuss eines Passagierflugzeugs im Iran haben Hunderte Menschen gegen die Führung der Islamischen Republik protestiert. Unterstützung bekamen die Demonstranten von US-Präsident Donald Trump, der ihren Mut lobte und den Beistand Amerikas zusicherte.
Am Rande der regierungskritischen Proteste am Samstagabend in Teheran wurde der britische Botschafter kurzzeitig festgesetzt. Die Regierung in London rügte dies als «ungeheuerliche Verletzung internationalen Rechts». Auch die EU äusserte sich deswegen besorgt und rief zur Deeskalation auf. Botschafter geniessen im Gastland Immunität - damit sind sie vor straf- und zivilrechtlicher Verfolgung geschützt.
Die Demonstranten in Teheran empörten sich über das Eingeständnis der iranischen Staatsführung, doch für den Absturz des ukrainischen Passagierflugzeugs verantwortlich zu sein. Zuvor hatten die Behörden das tagelang abgestritten und von einem technischen Defekt als Ursache gesprochen. Bei dem Abschuss starben 176 Menschen, darunter nach Angaben Teherans 147, die auch die iranische Staatsbürgerschaft hatten.
Die Revolutionsgarden erklärten, die Maschine sei versehentlich als feindlicher Marschflugkörper eingestuft und dann abgeschossen worden. Präsident Hassan Ruhani versprach eine gründliche Untersuchung und sagte, der «unverzeihliche Vorfall» werde juristisch konsequent verfolgt. Zudem sollten die Familien der Opfer entschädigt werden.
Ähnlich äusserte sich der oberste Führer, Ajatollah Ali Chamenei, der sein tiefstes Mitgefühl ausdrückte und eine lückenlose Aufklärung forderte. Der ukrainische Staatschef Wolodymyr Selenskyj nahm eine offizielle Entschuldigung Ruhanis an und kündigte an, Entschädigungsforderungen zu übersenden.
Die Lage war eskaliert, nachdem die USA den iranischen Top-General Ghassem Soleimani Anfang Januar in Bagdad gezielt getötet hatten. Nach dem Vergeltungsangriff des Irans auf von den USA genutzte Militärstützpunkte im Irak hatten Trump und Ruhani angekündigt, den Konflikt auf die politische Ebene zurückführen zu wollen.
Der britische Botschafter Rob Macaire wurde am Samstagabend eine halbe Stunde lang festgesetzt, wie er auf Twitter schrieb. Zuvor habe er an einer Trauerkundgebung für die Absturzopfer teilgenommen, unter denen auch Briten waren. Die Veranstaltung verliess er aber nach eigenen Angaben nach fünf Minuten, als Parolen gerufen wurden. Er habe nicht an einer Demonstration teilgenommen, betonte er.
Die Nachrichtenagentur Tasnim berichtete dagegen, Macaire habe vor der Universität Amir Kabir Demonstranten animiert, «radikale Aktionen» durchzuführen. Er wurde deshalb am Sonntag ins Aussenministerium einbestellt.
Rob Macaire wurde dabei mitgeteilt, dass seine Teilnahme an einer «illegalen Kundgebung» gegen die diplomatischen Vorschriften verstossen habe. Die Teilnahme habe nichts mit seinen Verpflichtungen als Vertreter seines Landes zu tun gehabt, erklärte das Aussenministerium dem Diplomaten laut einem Bericht der staatlichen Nachrichtenagentur Irna.
Der britische Aussenminister Dominic Raab schrieb dagegen von einer grundlosen und unbegründeten Festnahme. Auch die deutsche Regierung rügte die Festsetzung des Botschafters als «völlig inakzeptablen Verstoss gegen internationales Recht». Frankreich sprach seine uneingeschränkte Solidarität aus.
US-Präsident Trump schickte inhaltsgleiche Twitter-Nachrichten auf Englisch und auf Persisch an das «tapfere, leidgeprüfte» iranische Volk. «Ich stehe seit Beginn meiner Präsidentschaft an Ihrer Seite, und meine Regierung wird Ihnen auch weiterhin zur Seite stehen», schrieb er an die Demonstranten. «Wir verfolgen Ihre Proteste aufmerksam und lassen uns von Ihrem Mut inspirieren.»
In einem weiteren Tweet forderte Trump, die iranische Regierung müsse Menschenrechtsorganisationen erlauben, die anhaltenden Proteste zu beobachten und darüber zu berichten. «Es kann weder ein weiteres Massaker an friedlichen Demonstranten noch eine Abschaltung des Internets geben. Die Welt sieht zu.»
Im Atomkonflikt des Irans mit den USA wollen Deutschland und Russland trotz der jüngsten Rückschläge an dem Abkommen von 2015 festhalten. Beide Länder seien dafür, diese Vereinbarung weiter umzusetzen, sagte Kremlchef Wladimir Putin nach einem Gespräch mit Kanzlerin Angela Merkel in Moskau. Merkel betonte, alle diplomatischen Kanäle müssten genutzt werden. Ziel sei, dass der Iran keine Atomwaffen bekomme.
Putin erinnerte daran, dass es der Ausstieg der USA war, der dazu geführt habe, dass der Iran seine freiwilligen Verpflichtungen aus dem Abkommen ausgesetzt habe. Der Iran hatte vor wenigen Tagen angekündigt, keine Beschränkungen für die Anzahl und Modelle seiner Zentrifugen mehr zu beachten. Damit kann das Land sein Atomprogramm nun unbegrenzt weiterführen und auch Uran unlimitiert anreichern.
In dem Atomabkommen mit den fünf Uno-Vetomächten und Deutschland hatte sich der Iran verpflichtet, sein Nuklearprogramm so zu gestalten, dass das Land keine Atombomben bauen kann. Im Gegenzug sollten Sanktionen aufgehoben werden. Die USA verhängten nach ihrem Ausstieg aus dem Abkommen massive Sanktionen gegen Teheran. (sda/dpa)