Seit den Siebzigerjahren sind die USA der hauptsächliche Vermittler im Nahostkonflikt zwischen Israel auf der einen und den Palästinensern sowie den arabischen Staaten auf der anderen Seite. Doch alle Versuche Washingtons, den Konflikt zu lösen, sind bisher sang- und klanglos gescheitert. Der Friedensplan von Präsident Donald Trump reiht sich ein in eine lange Abfolge von diplomatischen Initiativen seiner Vorgänger. Ein Überblick.
Die vom amerikanischen Aussenminister Henry Kissinger initiierte Genfer Nahostkonferenz soll kurz nach dem Ende des Jom-Kippur-Kriegs Verhandlungen zwischen den Hauptakteuren des Nahostkonflikts ermöglichen. Unter dem Vorsitz des Uno-Generalsekretärs treffen sich die Aussenminister von Jordanien, Ägypten und Israel; Syrien und Libanon bleiben der Konferenz fern, da die Palästinensische Befreiungsorganisation PLO nicht teilnehmen darf. Beisitzer sind die USA und die Sowjetunion. Die Konferenz endet bereits am ersten Tag ergebnislos, etabliert aber die USA als Hauptvermittler zwischen den Konfliktparteien.
Auf Vermittlung von US-Präsident Jimmy Carter unterzeichnen der ägyptische Präsident Anwar as-Sadat und der israelische Ministerpräsident Menachem Begin am 17. September 1978 in Camp David ein Friedensabkommen. Am 26. März 1979 folgt in Washington der Friedensvertrag zwischen den beiden Staaten, der die Beziehungen zwischen ihnen normalisiert. Ägypten erkennt damit das Existenzrecht Israels an, das sich im Gegenzug bis 1982 vollständig aus dem 1967 besetzten Sinai zurückzieht. Dieser diplomatische Vermittlungserfolg ist von Dauer: Trotz eines frostigen Verhältnisses halten Israel und Ägypten, das deswegen in der arabischen Welt lange isoliert bleibt, den Frieden bis heute. Sadat bezahlt allerdings mit seinem Leben dafür – er wird 1981 von Islamisten ermordet.
Nach geheimen Verhandlungen unterzeichnen PLO-Chef Jassir Arafat und der israelische Ministerpräsident Jizchak Rabin im September 1993 als Gäste von US-Präsident Bill Clinton das Abkommen «Oslo I», das die Einführung einer Teilautonomie für die Palästinenser im Gazastreifen und im Westjordanland vorsieht. Die PLO erkennt damit das Existenzrecht Israels an und verpflichtet sich, dessen Vernichtung aus ihrer Charta zu streichen. Israel erkennt im Gegenzug die PLO als Vertreterin des palästinensischen Volkes an. Eine Vielzahl von Streitfragen bleibt jedoch offen.
1994 erhalten Rabin, sein Aussenminister Schimon Peres und Arafat den Friedensnobelpreis. Im selben Jahr kommt durch Clintons Vermittlung ein Friedensvertrag zwischen Israel und Jordanien zustande. Im September 1995 folgt schliesslich «Oslo II», das den Rückzug Israels aus grossen Teilen des Westjordanlands festlegt. Kurz darauf wird Rabin jedoch von einem jüdischen Fundamentalisten erschossen, worauf der Friedensprozess ins Stocken gerät – und seither nie mehr richtig vom Fleck gekommen ist.
Um den ins Stocken geratenen Friedensprozess wieder in Gang zu setzen, treffen sich israelische und palästinensische Delegierte auf Vermittlung von US-Präsident Clinton und des jordanischen Königs Hussein in Wye Plantation in der Nähe von Washington. Das Abkommen wird am 23. Oktober 1998 im Weissen Haus vom israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu und dem Vorsitzenden der Palästinensischen Autonomiebehörde Jassir Arafat unterzeichnet, Clinton fungiert als Zeuge. Das Wye-Abkommen, das die Übergabe weiterer Gebiete und die Freilassung von palästinensischen Gefangenen vorsieht, wird nur zum Teil umgesetzt.
Ehud Barak gewinnt 1999 die israelischen Wahlen und verspricht, den Friedensprozess neu zu beleben. Im Juli 2000 verhandelt er in Camp David unter Vermittlung von US-Präsident Bill Clinton mit Arafat über einen Friedensvertrag. Bisher ausgeklammerte Probleme wie der Status von Jerusalem oder die Rückkehr von Flüchtlingen kommen dabei zum ersten Mal zur Sprache. Es erfolgt keine Einigung; die als «Camp David II» bezeichneten Verhandlungen werden ergebnislos abgebrochen. Die Konfliktparteien weisen sich die Schuld gegenseitig zu; Clinton macht wütend Arafat dafür verantwortlich: «You have been here fourteen days and said no to everything.» («Sie waren 14 Tage hier und haben zu allem Nein gesagt.»)
Die Lage eskaliert weiter, als im September der israelische Oppositionsführer Ariel Scharon den Tempelberg besucht, was viele Palästinenser als Provokation betrachten. Tags darauf beginnt die sogenannte Zweite Intifada, ein palästinensischer Aufstand mit zahlreichen Anschlägen.
Mitten in der Zweiten Intifada beschliesst das «Nahost-Quartett» – bestehend aus den USA, der Uno, der EU und Russland – im Dezember 2002 einen dreistufigen Friedensplan, der im April 2003 veröffentlicht wird. Der Plan, der als «Road Map» bekannt wird, soll innerhalb von drei Jahren zu einem unabhängigen Palästinenserstaat führen. Auf Druck von US-Präsident George W. Bush treffen sich der israelische Premier Ariel Scharon und Arafat mit ihm in Jordanien, um die Grundlagen für die Umsetzung des Friedensplans zu erarbeiten. Die palästinensische Seite ruft eine «Hudna» – einen temporären Waffenstillstand – aus, doch es kommt schnell wieder zu Feindseligkeiten. Ende Jahr steckt die Umsetzung der Road Map endgültig in einer Sackgasse.
Präsident Bush hofft, den Konflikt noch vor Ende seiner Amtszeit im Januar 2009 lösen zu können. Er lädt den israelischen Ministerpräsidenten Ehud Olmert und Palästinenserpräsident Mahmud Abbas im November 2007 zu einer Konferenz in Annapolis ein. Sie soll nach jahrelangem Stillstand im Friedensprozess die Voraussetzungen dafür schaffen, dass die Konfliktparteien die strittigen Fragen bis Ende 2008 bereinigen. Olmert und Abbas vereinbaren direkte Friedensgespräche, doch die Initiative scheitert. Noch im gleichen Jahr übernimmt die radikalislamische Hamas in Gaza, aus dem sich Israel 2005 zurückgezogen hat, die Macht und vertreibt dort die von Abbas geführte Fatah. Darauf riegelt Israel den Gazastreifen ab.
Nach einer fast zweijährigen Pause bringt US-Präsident Barack Obama im September 2010 Abbas und den israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu in Washington an den Verhandlungstisch. Doch bereits nach wenigen Wochen brechen die Palästinenser die Gespräche wieder ab, weil Israel ihre Forderung, den Baustopp für jüdische Siedlungen im besetzten Westjordanland zu verlängern, nicht erfüllt.
Ende Juli 2013 bringt US-Aussenminister John Kerry die Konfliktparteien wieder an den Verhandlungstisch. Die direkten Gespräche stocken jedoch bald, da beide Seiten ihre Forderungen als Voraussetzung für Friedensverhandlungen nicht durchsetzen können. Während Netanjahu verlangt, dass Abbas den jüdischen Staat anerkennt, fordert Abbas einen Siedlungsstopp in den besetzten Gebieten. Nachdem sich die Fatah von Abbas mit der radikalislamischen Hamas auf die Bildung einer Einheitsregierung verständigt hat, legt Israel die Gespräche Anfang 2014 auf Eis.
US-Präsident Donald Trump gibt bekannt, als Friedensvermittler im Nahostkonflikt auftreten zu wollen. Als Nahost-Beauftragten ernennt er seinen Schwiegersohn Jared Kushner. Dass Trumps Nahost-Politik deutlich israelfreundlich ist, zeigt sich im Jahr darauf, als der Präsident Jerusalem als Hauptstadt Israels anerkennt und den Umzug der US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem ankündigt. Dies stellt einen Affront für die Palästinenser dar: Abbas erklärt, die USA hätten sich als Friedensvermittler im Nahen Osten «disqualifiziert», und bricht die Kontakte mit Washington ab.
Im Mai 2018, zum 70-jährigen Jubiläum der Staatsgründung Israels, eröffnen die USA wie angekündigt ihre Botschaft in Jerusalem. Dagegen protestieren tausende von Palästinensern; an der Grenze zum Gazastreifen fallen Schüsse und es gibt Tote und Verletzte. Im August frieren die USA Millionenhilfe für die Palästinenser ein – Washington will die palästinensische Seite so zurück an den Verhandlungstisch zwingen. Diese bezeichnet dies als «Erpressung». Im März 2019 setzt Trump seine israelfreundliche Nahost-Politik fort und erkennt die seit 1967 von Israel besetzten und 1981 annektierten syrischen Golanhöhen formell als Staatsgebiet Israels an.
Am 28. Januar 2020 präsentiert Trump im Weissen Haus zusammen mit Netanjahu den politischen Teil des US-Nahost-Plans, der ohne palästinensische Beteiligung erarbeitet wurde. Der Plan, den Trump als «grossen Schritt» Richtung Frieden bezeichnet, sieht einen «entmilitarisierten Palästinenserstaat» mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt an der Seite Israels vor. Zudem sollen die israelischen Siedlungen im Westjordanland anerkannt werden und das Jordantal unter israelischer Kontrolle bleiben. Palästinensische Flüchtlinge sollen kein Rückkehrrecht nach Israel erhalten. Die Hamas lehnt den Plan umgehend ab. Auch der palästinensische Regierungschef Mohammed Schtajjeh kritisiert Trumps Plan. Er verstosse gegen das Völkerrecht und werde «Israel die Souveränität über palästinensisches Territorium» geben.
Den wirtschaftlichen Teil des Plans hat Trumps Nahost-Beauftragter Kushner bereits im Juni 2019 an einer Konferenz in Bahrain vorgestellt. Investitionen in Milliardenhöhe sollen die Wirtschaft in den Palästinensergebieten ankurbeln. Die Palästinenser sehen darin einen Versuch Washingtons, einen politischen Konflikt in einen wirtschaftlichen umzudeuten.
(Mit Material der Nachrichtenagentur SDA.)
Insgesamt 222 Jahre bzw. 93 Prozent des gesamten Zeitraums befanden sich die Vereinigten Staaten im Krieg. Seit der Gründung der Vereinigten Staaten von Amerika im Jahr 1776 sind 239 Jahre vergangen. Davon befanden sie sich 222 Jahre, also 93 Prozent der Zeit, im Krieg mit anderen Ländern.
Diesen Plan müsste die internationale Staatengemeinschaft konsequent durchsetzen.
Ich weiss: Vollkommen unrealistisch heute.
Und doch vermutlich die einzige Chance, den Konflikt nicht nur immer weiter zu befeuern.