Der Tankstellenbetreiber Socar verbreitet auf den sozialen Medien Kriegspropaganda. Der Ölmulti aus Aserbaidschan mischt sich damit in den Konflikt mit Armenien um Nagorni Karabach ein. In der Bergregion ist es Ende September zu neuen Kämpfen gekommen und die Lage scheint sich vorerst nicht zu beruhigen. Das Brisante: Socar ist ein wichtiger Partner der Migros.
Seit 2012 besteht die Kooperation zwischen der Migros-Tochter Migrolino und Socar. Der staatliche Öl- und Gaskonzern übernahm damals das Tankstellennetz der Esso Schweiz und damit 170 Tankstellenshops. Über 60 Stationen davon verkaufen heute Migros-Artikel.
Schon damals stand die Migros für die Zusammenarbeit in Kritik. Menschrechtsorganisationen warfen Socar ihre Nähe zu Aserbeidschans Regime vor und verurteilten das Land wegen Missachtung der Menschenrechte. Mit dem Konflikt um Nagorni Karabach leben die Vorwürfe nun wieder auf. Der CVP-Nationalrat Stefan Müller-Altermatt fordert auf Twitter eine Erklärung der Migros.
Die @migros hat da definitiv ein Problem mit dem Partner, der unverblühmt Kriegspropaganda betreibt.
— Stefan Müller-Altermatt (@MullerAltermatt) October 7, 2020
Ich tanke definitiv nicht bei Socar. Und für nächste Woche organisiere ich ein Treffen der Migros mit den Armeniern in der Schweiz. Da braucht‘s viel Erklärung. pic.twitter.com/ERgudgZO8k
«Der Franken fürs Migros-Schoggistängeli fliesst möglicherweise direkt in den Krieg und das darf nicht sein», sagt Müller-Altermatt gegenüber watson. Soca Energy Schweiz gehöre zu 100 Prozent Socar Aserbeidschan und die wiederum gehören dem Staat. Es gehe nicht, dass Migros so eine Partnerschaft hat.
Auch in der armenischen Diaspora in der Schweiz ist man entsetzt. «Was Socar auf ihrer offiziellen Facebook-Seite veröffentlicht, ist nichts anderes als eine Kriegs- und Hasspropaganda gegen Armenien», sagt Sarkis Shahinian. Er ist Ehrenpräsident der Gesellschaft Schweiz-Armenien (GSA) und Generalsekretär der Parlamentarischen Gruppe Schweiz-Armenien.
Nationalrat Müller-Altermatt ist der Meinung, dass die Verträge mit Socar gekündigt werden müssen. Wenn nicht sofort, dann bestimmt mittelfristig. «Die Migros muss sicherstellen, dass kein Geld der Schweizer Kunden in den Krieg fliesst», so Müller-Altermatt.
Die Migros reagiert auf die Anfrage von watson zurückhaltend. «Selbstverständlich geht die Migros nur Verträge unter Berücksichtigung von national und international gültigen Gesetzen ein.» Was damit gemeint ist, führt der Grosshändler nicht aus. Auch nicht, ob die Migros etwas unternimmt und was die Propaganda-Posts für die Partnerschaft mit Socar bedeuten.
Die Gesellschaft Schweiz-Armenien (GSA) hat ihrerseits klare Antworten auf diese Fragen. Sie fordern sofortiges Handeln von der Migros. Demnächst starte die Gesellschaft eine Medienkampagne gegen Socar, wie Ehrenpräsident Shahinian mitteilt. Man erwarte, dass sich die Migros von Socar und allen aserbaidschanischen Firmen distanziere. «Wenn nicht, dann muss die Migros wissen, dass wir auch ihr gegenüber kein Blatt vor dem Mund nehmen werden. Die Migros wird somit ebenfalls Ziel unserer Kampagne.»
Die Positionen von SOCAR zum aserbaidschanischen Regime sind schlimm, aber vorhersehbar.
Die Tatenlosigkeit der MIGROS hingegen ist zutiefst beschämed. Noch so ein Konzern, der keine Verantwortung übernimmt...