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US-Wahlen 2020

Michelle Obama warnt: Wie Splitterparteien die US-Wahl beeinflussen

epa08747849 A Maryland resident drops off his completed ballot for the 2020 presidential election at an official ballot drop box in Bethesda, Maryland, USA, 15 October 2020. The 2020 presidential elec ...
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«Griesgrämige Patrioten», «Kochender Frosch»: Wie Drittparteien die US-Wahl beeinflussen

Der Einfluss solcher Splitterparteien ist grösser, als man denken könnte. Sogar Michelle Obama warnt die Wähler vor ihnen.
21.10.2020, 06:33
Samuel Schumacher / ch media
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Kleine Parteien wie die freiheitsliebenden Libertären oder die Grünen fristen in Amerika ein Schattendasein. Ihnen bei Präsidentschaftswahlen die Stimme zu schenken, ist nicht viel mehr als vergebene Liebesmüh. Seit dem Ende des Bürgerkrieges 1865 haben die Republikaner und die Demokraten das höchste Amt des Landes stets unter sich ausgemacht.

Das wird auch am 3. November wieder so sein. Dabei würde es den rund 250 Millionen wahlberechtigten Amerikanern nicht an Alternativen mangeln. Mehrere dutzend Splitterparteien haben ihre eigenen Kandidaten ins Rennen um das Weisse Haus geschickt. Neben ernst zu nehmenden politischen Organisationen wie den Libertären (sie sind die Einzigen, die in allen 50 Bundesstaaten antreten und kommen laut Umfragen auf 2 Prozent) oder den Grünen (1 Prozent) finden sich auf den Wahllisten der einzelnen Bundesstaaten aber auch zahlreiche Protestbewegungen wie die «Grumpy Old Patriots» («Griesgrämige Alte Patrioten»), «Bread and Roses» («Brot und Rosen»), «Boiling Frog» («Kochender Frosch») oder «Bull Moose» («Stier Elch»).

Nur einer hat die 15-Prozent-Regel in jüngerer Zeit geknackt

In this Oct. 15, 1992 photo, President Bush, left, talks with independent candidate Ross Perot as Democratic candidate Bill Clinton stands aside at the end of their second presidential debate in Richm ...
Ross Perot (mitte) im Duell mit George Bush senior (links) und Bill Clinton.Bild: AP

Die Regeln verhindern, dass solche Parteien überhaupt eine Chance haben. Nur schon, weil sie nicht an den wichtigen Fernseh-Debatten teilnehmen dürfen, solange sie in Umfragen unter 15 Prozent Wähleranteil bleiben. Der letzte alternative Kandidat, der diese Hürde genommen hatte, war der fiskalkonservative Ross Perot, der als Vertreter der «Reform Partei» 1992 gegen Bill Clinton und George Bush senior antrat. Perot holte immerhin 19 Prozent der Wählerstimmen, gewann aber keinen einzigen Bundesstaat für sich.

Die Anhänger der Splittergruppierungen sagen, die sogenannten «Dritten Parteien» seien trotzdem wichtig, damit die Wählerinteressen des gesamten politischen Spektrums abgebildet werden können. Die allermeisten Republikaner und Demokraten aber empfinden die Konkurrenz aus den Schattenwinkeln der amerikanischen Gesellschaft als gefährlich. Michelle Obama höchstpersönlich ermahnte ihre Mitbürgerinnen am Parteitag im August:

Former first lady Michelle Obama speaks at a rally to encourage voter registration on Friday, Sept. 28, 2018, in Coral Gables, Fla. (AP Photo/Brynn Anderson)
Mahnende Worte: Ex-First-Lady Michelle ObamaBild: AP/AP
«Es ist die falsche Zeit, um jetzt Spielchen zu spielen mit Kandidaten, die keine Chance haben.»

Ohne alternative Kandidaten hätte es den Irakkrieg nie gegeben

Welche Konsequenzen solche «Spielchen» haben können, zeigte sich etwa im Jahr 2000. Damals verlor der Demokrat Al Gore gegen George W. Bush. Den Unterschied machten mickrige 537 Stimmen im entscheidenden Bundesstaat Florida. Ebenda holte der grüne Kandidat Ralph Nader ganze 97488 Stimmen – und ebnete damit den Republikanern den Weg ins Weisse Haus. Anders gesagt: ohne Drittparteien kein Bush-Sieg im Jahr 2000 und wahrscheinlich kein Irakkrieg. Die Welt wäre heute eine andere.

Es ist durchaus denkbar, dass die libertäre Kandidatin Jo Jorgensen in zwei Wochen eine ähnliche Rolle spielen wird wie Ralph Nader vor 20 Jahren. Denn das Rennen zwischen Trump und Biden ist in mehreren Wackelstaaten sehr eng. In Florida etwa führt der Demokrat mit gerade mal einem Prozentpunkt vor dem Republikaner. (aargauerzeitung.ch)

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quelle: keystone/watson
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20 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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ELMatador
21.10.2020 08:14registriert Februar 2020
Das Problem ist doch, dass die USA ihr Politisches-System in den letzten 200 Jahren nicht aktualisiert hat.

Durch das veraltete System und das Gerrymandering auf Staatenstufe, ist nur ein enges Zweiparteiensystem möglich. Spannend ist, dass Bevölkerungsmässig fast mehr Wähler alternativ eingestellt sind als Rechts Konservativ. Trotz Minderheit stellen die Republikaner aber eine Senatoren und Richter Mehrheit.
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HeidiW
21.10.2020 09:56registriert Juni 2018
Die USA kennt nur das relative Mehrheitswahlrecht (Majorz) und nicht wie die Schweiz das Verhältniswahlrecht (Proporz). Durch das relative Mehrheitswahlrecht, haben Kleinparteien keine Chance jemals in der Regierung mit zu arbeiten.
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Swisslord
21.10.2020 10:44registriert August 2016
Von Journalisten aus einem aus demokratischer Sicht besten Länder der Welt, hätte ich ein bisschen mehr erwartet von diesem Artikel. Der Artikel läuft in Prinzip auf "Votershaming" aus und geht zudem fälschlicherweise davon aus, dass die Wähler der Grünen ansonsten die Demokraten wählen und gibt ihnen auch noch die Mitschuld am Irakkrieg, was ungeheuerlich ist. Es ist die Aufgabe der Politiker für sich die Stimmen zu gewinnen. Al Gore und die Demokratische Partei sind für die Niederlage verantwortlich. Niemand sonst.
Bei einer Auswahl zwischen Gössi und Glarner gehe ich auch nicht mehr wählen
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