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US-Wahlen 2020: Donald Trump vs. Joe Biden – die Rolle des Geldes

Donald Trump vs. Joe Biden – die unheimliche Rolle des Geldes

Immer mehr Geld strömt in den US-Wahlkampf. Die Summen sind schwindelerregend – und bei einem Teil weiss niemand, wo es herkommt. Das hat Folgen.
23.09.2020, 20:53
Fabian Reinbold, Washington / t-online
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Kämpfen auch ums Geld: Donald Trump und Joe Biden
Kämpfen auch ums Geld: Donald Trump und Joe BidenBild: SHutterstock/keystone/watson
Ein Artikel von
t-online

Um zu erahnen, welche aussergewöhnliche Rolle Geld in amerikanischen Wahlkämpfen spielt, lohnt ein Blick auf Donald Trump . Der US-Präsident agiert im Allgemeinen eher kurzfristig und impulsiv statt langfristig und strategisch. Doch in einer Hinsicht liess Trump keine Zeit verstreichen.

Mit dem Einsammeln von Spenden für seine Wiederwahl begann er wenige Stunden, nachdem er den Amtseid abgelegt hatte. Seit Januar 2017 bittet sein Team die Unterstützer Woche für Woche um Geld oder veranstaltet Spendengalas, auf denen ein Foto mit Trump schon einmal 580'000 Dollar kostet.

Geld ist allgegenwärtig, unverzichtbar und strömt auch aus undurchsichtigen Quellen in den US-Wahlkampf. Vor allem wird es immer mehr. Bei der Wahl 2016 wurden 6.5 Milliarden US-Dollar ausgegeben (rund 5.5 Milliarden Euro). Ein Grossteil von 4.1 Milliarden entfiel auf die Wahlen zum Kongress, während 2.4 Milliarden in das Rennen ums Weisse Haus flossen.

Geld ist freie Meinungsäusserung

2020 wird dieser Rekord fallen. Allein für das Rennen um die Präsidentschaft wurden bis Ende August bereits 6.2 Milliarden Dollar ausgegeben. Zum Vergleich: In Deutschland gaben die Parteien im Bundestagswahlkampf 2017 rund 100 Millionen Euro aus.

Highlights von Bidens kämpferischer Rede gegen Trump

Video: watson/een

Geld hat in US-Wahlkämpfen immer eine wichtige Rolle gespielt, schliesslich sind die USA ein grosses Land. Es muss etwa in vielen regionalen Märkten Wahlwerbung geschaltet werden, es braucht einen Mitarbeiterstamm und der Kandidat reist mit eigenem Wahlkampfflieger. Da es keine staatliche Parteienfinanzierung gibt, verwenden die Kandidaten und Parteien viel Zeit aufs Spendensammeln und eine grosse Menge des gespendeten Geldes wiederum darauf, neue Spender aufzutun.

Seit zehn Jahren fliesst schlagartig noch viel mehr Geld ins System. Das hat mit einem Grundsatzurteil des US-Verfassungsgerichts zu tun. 2010 verfügte die konservative Mehrheit am Supreme Court , dass Firmen dieselben Rechte hätten wie Bürger und dass jede Obergrenze für Wahlkampfspenden gegen den ersten Verfassungszusatz verstiesse. Übersetzt heisst das: Geld ist freie Meinungsäusserung.

Das Problem des dunklen Geldes 

Das hatte heftige Folgen. Zwar sind Direktspenden von Bürgern an Kandidaten nach wie vor begrenzt – auf 2'800 Dollar pro Jahr. Doch es sprossen neue Lobbyorganisationen aus dem Boden, die keine Grenze kennen: die Super Political Action Committees, kurz Super PACs. Privatpersonen, Unternehmen, Gewerkschaften oder andere SuperPACs können ihnen so viel Geld spenden, wie sie wollen.

Kurz erklärt: So funktionieren die US-Wahlen

Video: watson

Die einzige Einschränkung: Ein Super PAC darf das Geld nicht direkt an den Kandidaten weiterleiten. Es kann aber unendlich Werbung für ihn schalten. Auch politische gemeinnützige Vereine können unbegrenzt Spendengelder annehmen – sie werden nicht einmal gezwungen, die Urheber zu veröffentlichen. So flossen zuletzt auch Hunderte Millionen Dollar an «dark money» in den Wahlkampf: dunkles Geld aus unbekannten Quellen. So kann Einflussnahme auf Kandidaten verschleiert werden.

Interessieren Sie sich für die US-Wahl? Washington-Korrespondent Fabian Reinbold schreibt über den Wahlkampf, seine Arbeit im Weissen Haus und seine Eindrücke aus den USA unter Donald Trump einen Newsletter. Hier können Sie die «Post aus Washington» kostenlos abonnieren, die dann einmal pro Woche direkt in Ihrem Postfach landet.

Die Kritik an den Zuständen nimmt zu. Im Vorwahlkampf der Demokraten sperrte sich etwa der linke Kandidat Bernie Sanders gegen die Unterstützung von Super PACs. Er setzte stattdessen auf ein Netzwerk an Einzelspendern – mit beachtlichem Erfolg. Mit Abstand am meisten Geld in diesem Vorwahlkampf gab Multimilliardär Mike Bloomberg aus: Er zahlte aus eigener Tasche mehr als eine Milliarde Dollar. Je wichtiger Geld wurde, desto mehr witterten Multimilliardäre wie Bloomberg und Trump ihre Chancen.

Geld ist nicht alles

Doch Geld ist nicht alles. Bei der Wahl 2016 hatte Hillary Clinton doppelt so viele Spenden eingesammelt wie Trump. Die Demokraten konnten zwar mehr Werbung im Fernsehen schalten, doch Trump dominierte die Berichterstattung, erreichte mit günstiger Werbung im Internet Wähler und seine Botschaft verfing besser. Bis zum Sommer 2020 wiederum hatte Trump sehr viel mehr Geld zur Verfügung als Joe Biden , ohne dass sich dies in den Umfragen niedergeschlagen hätte. Am Ende gewinnt nicht, wer am meisten Geld hat, sondern wer sich als Kandidat besser inszeniert.

Über die starke Polarisierung im Land lässt sich weiterhin hervorragend Geld eintreiben, vor allem über die Sorge, die verhasste Gegenseite könnte vorn liegen. Manche Beobachter hatten erwartet, dass im Zuge der Pandemie und Wirtschaftskrise die Spendenbereitschaft nachlassen würde, doch das ist nicht der Fall. Allein im August sammelte Biden 364 Millionen Dollar ein – auch das ein neuer Rekord in der Geschichte der US-Wahlen .

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Joe Biden wird an der Democratic National Convention in Milwaukee eine Rede halten. Biden wird an der Convention offiziell als demokratischer Kandidat gegen Donald Trump nominiert werden.
quelle: keystone / usa biden harris handout
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Video: watson
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11 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Juliet Bravo
23.09.2020 21:25registriert November 2016
In den USA wie in der Schweiz sollte man darüber Transparenz haben!
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Ökonometriker
23.09.2020 21:08registriert Januar 2017
6 Milliarden sind ca. 20 USD pro Bürger. Die Kosten für Kampagnen bei nationalen Wahlen und Abstimmungen bewegen sich in der Schweiz auf einem ähnlichen Niveau.

Was sich nicht auf einem ähnlichen Niveau bewegt, ist der Diskurs: in der Schweiz wird systembedingt viel Sachbezogener argumentiert.
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