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Trump stellt mögliche Verschiebung der US-Wahl in den Raum

FILE - In this July 24, 2020, file photo President Donald Trump speaks during an event to sign executive orders on lowering drug prices, in the South Court Auditorium in the White House complex in Was ...
Donald Trump will keine Briefwahl.Bild: keystone

Trump stellt mögliche Verschiebung der US-Wahl in den Raum

30.07.2020, 15:3330.07.2020, 18:19
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US-Präsident Donald Trump hat offen mit dem Gedanken an eine Verschiebung der Wahl im November gespielt. In einem Tweet schrieb er am Donnerstag mit Blick auf den von ihm befürchteten Wahlbetrug durch eine Zunahme der Briefwahl infolge der Corona-Pandemie: «Die Wahl hinausschieben, bis die Menschen ordentlich, sorgenfrei und sicher wählen können???»

Die Hürden für eine Verschiebung der Präsidentenwahl am 3. November sind allerdings extrem hoch, weil der Termin seit 1845 gesetzlich festgeschrieben ist. Nötig wäre eine Änderung durch den US-Kongress, die noch dazu vor Gerichten angefochten werden könnte. Ausserdem wären auf diesem Weg nur einige Wochen zu gewinnen. Denn der weitere Zeitplan ist in der Verfassung festgeschrieben und damit noch starrer: der Starttermin für den neuen Kongress am 3. Januar und der Amtsantritt des Präsidenten am 20. Januar. Eine Verschiebung erscheint daher höchst unwahrscheinlich.

Trump setzte seinen Tweet kurz nach der Bekanntgabe historisch schlechter Konjunkturdaten für das zweite Quartal ab. Infolge der Corona-Krise ist die US-Wirtschaft in einem noch nie da gewesenen Ausmass eingebrochen. Die Pandemie hat Trump seines wichtigsten Arguments für die Wiederwahl beraubt: eine boomende Wirtschaft.

Am Vortag hatte es bereits eine andere Hiobsbotschaft gegeben. Seit Beginn der Corona-Pandemie starben im Zusammenhang mit der Krankheit Covid-19 bereits mehr als 150'000 Menschen in den USA.

In Umfragen liegt Trump derzeit deutlich hinter dem designierten Präsidentschaftskandidaten der US-Demokraten, Joe Biden. Auch wenn man diese Ergebnisse wegen des komplizierten Wahlsystems und zudem drei Monate vor der Wahl mit äusserster Vorsicht geniessen muss: Trump steht unter Druck.

Der Vorschlag, die Wahlen zu verschieben, kam sogar auf dem rechtskonservativen TV-Sender Fox News schlecht an.

Politexperte Christ Stirewalt meinte in einer Einschätzung, dass man auch während des Zweiten Weltkriegs und des Bürgerkriegs hatte Wahlen durchführen können. Dass Trump als Amtsinhaber eine Verschiebung vorschlage, sei ein «eklatanter Ausdruck seiner gegenwärtigen Schwäche». Ein Präsident der gute Aussichten auf eine Wiederwahl habe, würde so etwas nie und nimmer vorschlagen.

In seinem Tweet wiederholte Trump seine Befürchtung, dass eine starke Zunahme der Briefwahl zur «betrügerischsten Wahl» der Geschichte führen könnte. «Es wird eine grosse Blamage für die USA», schrieb er weiter. Trump hat für seine Befürchtung eines Wahlbetrugs bislang keine nachhaltigen Belege geliefert, äussert aber immer wieder Bedenken. Die meisten Wahlexperten gehen davon aus, dass Briefwahl im Grundsatz sicher ist - auch wenn eine Änderung des Wahlmodus wegen der Pandemie nur wenige Monate vor der Abstimmung eine grosse Herausforderung darstellt.

Die Demokraten wiederum schätzen die Briefwahl als Option, weil damit möglicherweise mehr ihrer Anhänger abstimmen werden und dies zudem in der Pandemie das Gesundheitsrisiko verringern würde. Die Demokraten werfen Trump vor, dass er sich mit seinen düsteren Warnungen eine Rechtfertigung schaffen will, um das Ergebnis der Präsidentschaftswahl am 3. November nicht anzuerkennen. In einem Interview hatte Trump kürzlich offengelassen, ob er eine Wahlniederlage akzeptieren würde.

Im April hatte Trump Spekulationen seines Rivalen Biden über eine mögliche Verschiebung des Termins noch entschieden zurückgewiesen. «Ich habe nie auch nur daran gedacht, den Wahltermin zu verschieben», sagte Trump damals und sprach von «erfundener Propaganda». Der 3. November - der geplante Wahltermin - sei ein gutes Datum. Biden hatte nach Angaben von Journalisten gesagt, Trump wolle den Wahltermin nach hinten verschieben, weil er denke, dass er nur so gewinnen könnte.

Der ehemalige Pressesprecher des Weissen Hauses unter Ex-Präsident George W. Bush, Ari Fleischer, rief Trump auf, die «schädliche Idee» nicht weiterzuspinnen, und riet ihm, den Tweet zu löschen. «Das ist keine Idee, die irgendjemand, insbesondere POTUS (der Präsident der Vereinigten Staaten), in Umlauf bringen sollte», schrieb Fleischer auf Twitter. «Unsere Demokratie basiert auf Wahlen, bei denen jeder die Regeln kennt und die für alle gelten. Der Wahltag ist und bleibt der 3. November 2020.»

Der demokratische Senator Tom Udall sah in Trumps Tweet ein Ablenkungsmanöver. Trump könne die Wahl nicht verzögern, schrieb er auf Twitter. «Wir sollten uns nicht von seiner #COVID19-Inkompetenz ablenken lassen. Aber die Tatsache, dass er dies auch nur andeutet, ist ein ernsthafter, schauriger Angriff auf den demokratischen Prozess. Alle Mitglieder des Kongresses - und der Regierung - sollten ihre Stimme erheben.»

Die US-Bürgerrechtsorganisation ACLU erklärte, man befinde sich in Amerika. «Wir sind eine Demokratie, keine Diktatur.» Das Wahldatum sei festgelegt. «Nichts, was Präsident Trump sagt, tut oder twittert kann diese Tatsache ändern.» (cma/sda/dpa)

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103 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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nafets
30.07.2020 15:41registriert Januar 2020
ohne lange überlegen zu müssen, ist Trump himself die Allergrösste Blamage schlecht hin... also noch tiefer kann
Trump wohl kaum noch sinken - oder ist da noch mehr möglich? wir werden es, wie fast jeden Tag, ganz bestimmt erfahren...
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Amadeus
30.07.2020 15:50registriert September 2015
Die Wahl ist betrügerisch....ausser Donald gewinnt. Dann zählt das Argument natürlich nicht mehr.
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Raffaele Merminod
30.07.2020 15:48registriert Februar 2014
ER ist die grösste Blamage für die USA
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