Bei Donald Trump hiess es «Make America Great Again», Joe Biden kontert nun mit «Build Back Better». Während es der 45. Präsident weitgehend bei unerfüllten Versprechen beliess, packt der 46. kräftig zu. Ein 1.9-Billionen-Dollar-Hilfspaket hat er bereits durch den Kongress gepeitscht. Nun folgt der zweite Streich: ein Infrastrukturprogramm, das gegen vier Billionen Dollar kosten wird.
Bereits die Trump-Regierung kündete immer wieder mal «Infrastruktur-Wochen» an, konkrete Taten blieben jedoch aus. Dabei haben eingefrorene Stromleitungen in Texas und verschmutztes Trinkwasser im ganzen Land – ganz zu schweigen von den Schlaglöchern in den Strassen und dem misslichen Zustand der Flughäfen – die Notwendigkeit eines umfassenden Infrastrukturprogramms aufgezeigt.
Präsident Biden will es nicht bei Worten belassen. Er stellt heute in Pittsburgh ein zweiteiliges Programm vor: Rund zwei Billionen Dollar sollen für eine Rundum-Erneuerung der physischen Infrastruktur aufgebracht werden, also für Strassen, Brücken, Flug- und Schiffshäfen etc. Billige Wohnungen für Alte und Behinderte, eine Überholung des maroden Stromnetzes sowie der Aufbau eines neuen 5G- und eines Breitbandnetzes gehören ebenfalls dazu. Insgesamt sollen diese Massnahmen zwei Billionen Dollar kosten.
Zwei Billionen Dollar wird auch der zweite Teil des Programms verschlingen. Er ist der sozialen Erneuerung der amerikanischen Gesellschaft gewidmet, will heissen: Ausbau der Krankenversicherung, Steuererleichterung für Familien mit Kindern etc. Insgesamt läppern sich so rund vier Billionen, verteilt auf 15 Jahre, zusammen.
Wer soll das bezahlen? Während das Corona-Hilfspaket durch eine Erhöhung der Staatsschulden finanziert wurde, soll das Infrastrukturprogramm gegenfinanziert werden. Mit anderen Worten: Die gewaltigen Ausgaben sollen mit ebenso gewaltigen Einnahmen ausgeglichen werden.
Präsident Biden handelt dabei nach der Devise des legendären Räubers Willie Sutton. Dieser hatte auf die Frage eines Richters, weshalb er stets Banken überfalle, geantwortet: «Weil dort das Geld ist.»
Der US-Präsident will zwar keine Banken ausrauben, er bittet die multinationalen Konzerne und die Superreichen zur Kasse. Konkret will er die Unternehmenssteuer-Reduktion seines Vorgängers teilweise wieder aufheben. Trump hatte diese Steuer von 35 auf 21 Prozent gesenkt, Biden will sie nun wieder auf 28 Prozent erhöhen.
Zudem werden endlich auch die Milliardäre zur Kasse gebeten. Der Steuersatz für Superreiche soll von 37 auf 39,6 Prozent aufgestockt werden. Angesichts der Milliardengewinne, welche Jeff Bezos & Co. während der Coronakrise eingeheimst haben, ein zumutbares Opfer.
Selbstverständlich werden die Republikaner alle Hebel in Bewegung setzen, um diese Steuererhöhungen zu verhindern. Präsident Biden und die Demokraten haben jedoch gute Chancen, diesen Plan durch den Kongress zu bringen. Zum einen ist das Infrastrukturprogramm – wie auch das Corona-Hilfspaket – in der Bevölkerung äusserst beliebt.
Zum anderen können die Demokraten im Senat zum zweiten Mal zu einem obskuren Verfahren namens «reconciliation process» greifen (fragt nicht!) und so einen drohenden Filibuster überlisten.
Die Grand Old Party (GOP) befindet sich in der Zwickmühle. Lange haben dort Superreiche wie die Koch-Brüder den Ton angegeben. Trump hat jedoch den Charakter der Partei verändert und sie zunehmend zu einer Arbeiter-Partei der Weissen verwandelt. So stellt Nobelpreisträger und «New York Times»-Kolumnist Paul Krugman fest:
Bei Charles Koch – sein Bruder David ist inzwischen verstorben – und seinen superreichen Mitstreitern breitet sich Panik aus. Jane Mayer hat im «New Yorker» aufgedeckt, dass das neue Wahlrechtsgesetz auch bei den Republikanern auf breite Zustimmung stösst. Das Gesetz sieht vor, dass landesweite Regeln für die Wahlen eingeführt werden, die verhindern sollen, dass einzelne Bundesstaaten Sondergesetze einführen, welche vor allem Schwarze am Abstimmen hindern sollen.
Vor allem soll dieses Gesetz verhindern, dass Milliardäre die Wahlen mit «schmutzigem Geld» kaufen können. «Stop billionaires from buying elections» (Hindert die Milliardäre daran, die Wahlen zu kaufen) ist ein Slogan, der auch bei konservativen Wählern gut ankommt. Das hat eine von Charles Koch & Co. in Auftrag gegebene Untersuchung ergeben. Deshalb sollen es nun die von ihnen grosszügig unterstützten Senatoren der GOP mithilfe des Filibusters richten und auf diesem Weg das Gesetz verhindern, das bereits vom Abgeordnetenhaus beschlossen wurde.
Biden will hier ganz offensichtlich und entschlossen den Paradigmenwechsel. Weg vom Reaganistischen "Government is the problem"-Mantra der letzten 40 Jahre und zurück zu einer sozialen Marktwirtschaft à la New Deal. Und dem langweiligen, harmlosen, alten, weissen Establishment-Zentristen könnte das sogar gelingen. Es wäre ihm jedenfalls zu wünschen.
Die Milliardäre werden von der besseren Infrastruktur profitieren und sich schön sozial fühlen.
Bitte liebe Demokraten, belehrt mich eines Besseren und beweist, dass ihr nicht so verlogen seid wie die GOP.