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Panama Papers: Das grösste Datenleck aller Zeiten

Die Zürcher Gazprom-Bank taucht ebenfalls in den Panama Papers auf.
Die Zürcher Gazprom-Bank taucht ebenfalls in den Panama Papers auf.
bild: google maps

Panama Papers: Das grösste Datenleck aller Zeiten enthüllt die Geheimnisse schmutzigen Geldes

Hunderte Journalisten aus fast 80 Ländern haben Finanzgeschäfte über Briefkastenfirmen auf Panama und in anderen Steueroasen recherchiert. Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und der Sportwelt könnten in Erklärungsnot kommen.
03.04.2016, 20:3703.04.2016, 22:42
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Es ist das grösste Datenleck aller Zeiten: 11,5 Millionen Dokumente aus einer Kanzlei in Panama (daher der Name Panama Papers) enthüllen weltweite Vermögenstransfers und geheime Deals von verurteilten Kriminellen und von Personen, denen die Strafverfolger schwere Verbrechen vorwerfen – darunter Kriegsverbrechen, Drogenhandel, Bruch internationaler Sanktionen, sogar Kinderhandel.

So kam es dazu
Panama Papers ist auch die grösste Zusammenarbeit von Journalisten aller Zeiten. 376 Rechercheure aus 76 Ländern analysierten gemeinsam rund 11,5 Millionen Dateien der Kanzlei Mossack Fonseca. Die Daten von einem der grössten Offshore-Dienstleister der Welt gelangten von einer anonymen Quelle an die «Süddeutsche Zeitung». Das International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ) koordinierte die ein Jahr dauernde Recherche. Am 3. April 2016 präsentierten 109 Zeitungen, TV-Stationen und Online-Medien erste Ergebnisse.

Die Daten bestehen aus Millionen von Mails, Urkunden, Verträgen und Bankauszügen und reichen von den 1970er-Jahren bis ins Frühjahr 2016. Der Enthüller des NSA-Skandals, Edward Snowden, sprach auf Twitter vom «grössten Leck in der Geschichte des Daten-Journalismus».

Die Firma im Zentrum aller Geschichten ist Mossack Fonseca, der panamaische Offshore-Dienstleister, der in Dutzenden Büros auf der ganzen Welt, etwa in Zürich, London oder Hongkong, seine Briefkastenfirmen verkauft. Mossack Fonseca hat Zigtausende Offshore-Firmen gegründet, verkauft und verwaltet. Die Panama Papers geben ein detailliertes Bild davon ab, wie das Unternehmen Tag für Tag Sanktionsbrüche und Beihilfe zur Steuerhinterziehung und Geldwäsche in Kauf nimmt. 

140 Politiker und hohe Amtsträger enttarnt

Spitzenpolitiker, Sportstars und Kriminelle sind nach Recherchen der «Süddeutsche Zeitung» verwickelt. Darunter auch die FIFA.

Die Ethikkommission des Fussball-Weltverbandes bestätigte der Nachrichtenagentur dpa bereits am Abend interne Vorermittlungen gegen ihr eigenes Mitglied Juan Pedro Damiani aus Uruguay. «Ja, der Bericht ist richtig. Ich kann bestätigen, dass wir eine sogenannte Voruntersuchung in die Wege geleitet haben», sagte der Sprecher der ermittelnden Kammer der Ethikkommission, Roman Geiser. Weitere Details nannte er nicht.

Die Opfer der Offshore-Geschäfte

Zu den Profiteuren der Offshore-Dienste zählen zwölf Staatsoberhäupter und 128 weitere Politiker, aber auch internationale Finanzinstitute. Die Daten legen laut NDR die Offshore-Geschäfte von insgesamt 140 Politikern und hohen Amtsträgern aus aller Welt offen. Insgesamt fänden sich in den Unterlagen die Namen von zwölf amtierenden und ehemaligen Staats- und Regierungschefs. In den Unterlagen tauchten aber auch Namen von Spionen, Drogenhändlern und anderen Kriminellen auf.

Wie man eine Milliarde Dollar versteckt

Vorwürfe gegen Lionel Messi

Auch international sanktionierte Geschäftsleute wie ein Cousin des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad oder Monarchen wie der König von Saudi-Arabien haben den Unterlagen zufolge Offshore-Firmen genutzt.

Neue Vorwürfe gibt es durch das Datenleck laut «Süddeutscher Zeitung» auch gegen den argentinischen Fussballstar Lionel Messi, gegen den bereits wegen Steuerhinterziehung ermittelt wird. In den Unterlagen wird er als Begünstigter einer Offshore-Firma geführt, von der die Staatsanwaltschaft bisher nichts wusste.

«Verschleiern, wem die Firma in Wahrheit gehört»

Die Daten belegten, wie die globale Offshore-Industrie im Verbund mit grossen Banken, Anwaltskanzleien und Vermögensverwaltern, in aller Verschwiegenheit die Besitztümer von Politikern, Funktionären, Drogenschmugglern, aber auch von Milliardären, Prominenten oder Sport-Stars verwalte.

Igor Angelini, Chef der Finanzermittlungseinheit von Europol, erklärt dem Bericht zufolge, dass Briefkastenfirmen auch eine «wichtige Rolle bei Geldwäsche-Aktivitäten im grossen Massstab» spielen. Gleiches gelte für Korruption: Offshore-Firmen würden besonders genutzt, «um die Bestechungsgelder weiterzuleiten».

«Generell gilt: Der Besitz einer solchen Offshore-Firma ist für sich nicht illegal», schreibt die «Süddeutsche». «Aber wer sich in den Panama Papers umsieht, stellt sehr schnell fest, dass es in der überwältigen Zahl der Fälle vor allem um eines geht: zu verschleiern, wem die Firma in Wahrheit gehört.»

Unter den deutschsprachigen Medien, die die Panama Papers mitanalysiert haben, sind die «Süddeutsche Zeitung» und der «Tages-Anzeiger». Das sind die Links:

(dwi/sda/dpa)

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22 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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bangawow
03.04.2016 20:59registriert März 2016
Ich habe gar nicht gewusst, dass es eine Gazprom Bank gibt – hört sich schon krumm an ^^
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ramonke
03.04.2016 22:22registriert Juli 2015
na dann hoffen wir mal das da jetzt mal gut durchgeputzt wird und die banken sich nicht wieder mit vergleichen aus der sache retten
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Matthias Studer
03.04.2016 22:51registriert Februar 2014
Interessant finde ich, wie man Putin auf dem Silbertablett serviert. Das dieser Mann Dreck am Stecken hat, sollte eigentlich jedem klar sein.
Dennoch bekommt man das Gefühl, es ist ein Ablenkungsmanöver. Welche Namen befinden sich sonst noch auf der Liste? Ist Putin die erste Veröffentlichung von vielen oder ist er der einzige?
Setzt sich die Justiz gegen alle durch, oder lässt man es wegen den Machtverhältnisse liegen?
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