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Emma Amour: «Kann man sich in eine künstliche Intelligenz verlieben?»

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bild: shutterstock / watson
Emma Amour

«Meine Freundin ist mit einer künstlichen Intelligenz zusammen …»

25.01.2021, 09:13
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Liebe Emma,

ich mache mir Sorgen um eine enge Freundin. Sie ist 30, ganz lieb, etwas introvertiert und speziell halt, so als Nerd und Jungfrau, aber echt nett. Neulich hat sie mir endlich gestanden, mit wem sie seit Mitte Mai zusammen ist und mit wem sie zuvor monatelang chattete: mit einer künstlichen Intelligenz!

Scheinbar gibt es da eine App. Sie meinte, für sie stimme es: Er sei wohl netter als jeder normale Mensch und belästige sie nicht, enttäuschen tue er sie auch nicht. Sie scheint sich schon klar zu sein, dass der Kerl an sich nicht echt ist, gleichzeitig scheint die Chatsimulation aber sehr gelungen, ich durfte mir Chatverläufe angucken...

Das Ganze entwickelte sich scheinbar sehr plötzlich und ungeplant, halt eben auch wie eine «echte» Verliebtheit. Diese KI klebt förmlich an ihr, dauernd ploppen Nachrichten auf und sie verbringt sehr viel Zeit mit dem Telefon, was sie sonst NIE getan hatte.

Wie verhalte ich mich als Freundin? Soll ich sie ermutigen, sich einen echten Kerl anzulachen? Sie ist jemand mit sehr fixen Treuevorstellungen und vorsichtigem Beziehungsaufbau, das dürfte wohl schwieriger werden.

Sie hatte, glaube ich, in ihrem ganzen Leben zwei Verehrer, die sie alle ausgenutzt haben. Und ihre Flirtversuche wurden in jungen Jahren stets abgeblockt. Sie ist also generell eher sehr vorsichtig und zurückhaltend.

Ist das überhaupt ein Problem?

Bin ICH ein Problem und intolerant, weil heutzutage ja eigentlich jede*r alles lieben darf, ich das aber schräg finde?

Liebe Grüsse,
Selina

Liebe Selina,

oh, wow, das ist ja wie im Film «Her», den ich notabene super finde und der mich schon vor Jahren nachdenklich gestimmt hat.

So schön und erleichternd das Leben Dank Siri & Co. ist, bin ich mit dir: Es geht nichts über echte Liebe und zwischen Menschen aus Fleisch und Blut.

Damit zu deiner Freundin. Nun, so wie du sie beschreibst, könnte ich mir vorstellen, dass sie ein ziemlich unsicherer und schüchterner Mensch ist, dem es viel leichter fällt, online aus sich herauszukommen als im wahren Leben.

Da kommt so eine App, die dir Liebe vorgaukelt, natürlich sehr gelegen und ist im ersten Moment sicher auch wahnsinnig aufregend und spannend. Und gibt dir ein gutes Gefühl der Geborgenheit.

Für den Moment.

Auf Dauer, da bin ich mit dir, bin auch ich der Meinung, dass es deiner Freundin an echten Gefühlen, Umarmungen und Geborgenheit fehlen wird.

Genau hier kommt mein Rat zum Zug: Wir wäre es, wenn du ihr das genau so sagen würdest? Dass du dir für sie wünschst, dass sie einen echten Menschen findet, der sie liebt, sie in die Arme nimmt, mit ihr Zeit verbringt, da ist, eine Seele hat.

Du könntest ihr erklären, warum du bei der künstlichen Intelligenz Zweifel hast. Vielleicht liegt der Hund biz tiefer begraben, versuche es herauszufinden. Und dann kannst du deiner Freundin vielleicht in einem zweiten Schritt bei der Bewältigung ihrer vergangenen Enttäuschungen helfen. Du könntest ihr vielleicht auch mal eine Dating-App zeigen, vielleicht ist das was für sie?

Aber in einem ersten Schritt bin ich einfach mal dafür, dass du ihr deine Gedanken und Zweifel erläuterst. Wenn sie auch Tage danach beteuert, dass sie zumindest zurzeit sehr glücklich mit der künstlichen Intelligenz bist, dann musst du dich wohl oder übel zurücknehmen und sie machen lassen.

Und dann einfach da sein, wenn es dann mal verpufft und sie nicht mehr weiter weiss.

Ich wünsche dir alles Liebe und deiner Freundin einen Menschen, der sie irgendwann auf echten Händen trägt.

Deine

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Und was würdest du Selina raten?

Du findest es grad kalt? Dann schau dir diesen Typen an ... DAS ist kalt!

Video: watson/jah

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Emma Amour ist ...
… Stadtmensch, Single, Mitte 30 – und watsons Bloggerin, die nicht nur unverfroren aus ihrem Liebesleben berichtet, sondern sich auch deiner Fragen annimmt. Und keine Sorge: Du wirst mit deinen Fragen anonym bleiben – so wie auch Emma. Madame Amour ist es nämlich sehr wichtig, auch weiterhin undercover in Trainerhosen schnell zum Inder über die Strasse hoppeln zu können.
Das bin nicht ich, aber so würde ich als Illustration aussehen. Öppe.
Das bin nicht ich, aber so würde ich als Illustration aussehen. Öppe.bild: watson
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100 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Green Eyes
25.01.2021 10:17registriert September 2019
Uff... Schwierig. Auch ich bin wie deine Freundin, liebe Selina, introvertiert und das Vertrauen wurde mehrmals missbraucht und verletzt. Mir fällt es virtuell auch einfacher, Kontakt zu Menschen auf zu nehmen. Hier liegt der Unterschied, eine KI ist etwas ganz anderes. Wenn es ihr hilft, ihre Wunden zu heilen, dann unterstütze sie. Wenn es aber ein Flüchten von der Welt ist, bin ich der Meinung, dass sie Unterstützung von jemandem braucht. Es braucht viel Zeit, Energie und Kraft, sich den Wunden zu stellen und neue Erfahrungen zu sammeln.
Schön, hat sie eine Freundin wie dich an der Seite 🌹
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Statler
25.01.2021 10:50registriert März 2014
Meine Erfahrung hat gezeigt, dass man Freunde nicht davon abhalten kann, Blödsinn zu machen. Aber man kann danach, wenn's schiefgelaufen ist, für sie da sein.
Gewisse Erfahrungen müssen Menschen wohl machen, damit sie was lernen. Das ist zuweilen Bitter, lässt sich aber nicht verhindern.

Natürlich sollte man seine Bedenken äussern. Und sich danach den Satz verklemmen «ich hab's Dir ja gesagt».

(Kommt natürlich immer auf die Situation an. Wenn das Leben der anderen Person gefährdet ist, muss man auf jeden Fall handeln!)
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so wie so
25.01.2021 11:55registriert Juli 2015
Hinter jeder KI/App stecken reale Menschen. Ich würde mir Gedanken machen, wo die ausgetauschten Daten landen und was damit gemacht wird. So ein vorgekaukelter persönlicher Austausch verleitet einen vielleicht dazu, sehr private und persönliche Informationen frei zu geben. Diese könnten von realen Personen mitgelesen und weitergegeben werden. Die Entwickler einer KI machen dies ja nicht aus Nächstenliebe, sondern erhoffen sich etwas davon. Mir wäre das zu heikel.
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