Insta-Storys sind der goldene Porsche unter den diversen Möglichkeiten, auf Social Media anzugeben. Könnt ihr euch noch an die erbärmlichen Versuche erinnern, als man mit seinen Partyfotos im Schüler-VZ, Meinbild, Twoleftfeet etc. auftrumpfen wollte? Richtig. Die Herausforderung nach einer durchzechten Nacht bestand nicht nur darin, eimerweise Wasser gegen den Kater zu trinken und es dabei unauffällig zu bewerkstelligen, Omas Sonntagsbraten runterzuwürgen, sondern auch dank der Zettelchen in der Hosentasche die Portale wiederzufinden, auf denen man im Dunkeln geblitzt worden ist. Mit Duckface.
Später wurde diese Praxis in Facebook-Alben kopiert.
Heute posten alle, die den Swag ganz besonders spüren, Squad-Videos auf Instagram. Gratulation! Ihr seid so cool.
Luca springt auf dem roten Teppich. Irgendwer bekommt neue Vorhänge. Menschen essen zu Mittag. Insta-Storys sind, so scheint es zumindest, der Platz in diesem Internet, an dem 2017 wieder alles Belanglose erlaubt ist. Du bist verliebt in deinen alten Schulfreund Marc? Poste wie ihr bei der U-Bahn wartet! Du hast deine Abschlussarbeit fertig geschrieben? Braves Mädchen, einmal über den Bildschirm filmen und hoch damit. Während die meisten User versuchen in ihrem hochoffiziellen Insta-Feed zumindest ein Stück weit Bescheidenheit vorzugaukeln, sind Insta-Storys zum Ort der unüberlegten Prahlerei geworden. Frei nach dem Motto: Wenn das Ganze eh wieder verschwindet, kann ich auch mal peinlich sein.
Als Richtwert muss sich der User eigentlich nur eine Frage stellen: Würdest du das, was du in deiner Insta-Story von dir gibst, auch in deinen neurotisch kuratierten Black-and-White-Feed laden? Nein, denn in den meisten Fällen handelt es sich
Sie zeigen, wie man gerne als Privatperson wahrgenommen werden möchte. Als stille Pflanzenliebhaberin, die ihr schickes Zuhause würdigt. Als feiner Typ, der sich jeden dritten Tag Fine Dining gönnt (#highcuisine), als beliebter Partyclown, der seinen Drink problemlos in einem Zug runterschüttet und seine Zunge geschmeidig um den Strohhalm wickelt.
Während das emanzipatorische Potenzial von Selfies (#loveyourself) inzwischen als gesellschaftlich anerkannt gelten dürfte, fehlt es an Diskussionen rund um das Thema Insta-Storys. Warum scheint es für viele befriedigend zu sein, ihren verlebten Alltag live zu dokumentieren? Ist live das neue Foto? Aus welcher Motivation sehen sich die Follower die kurzen Geschichten überhaupt an?
Die koreanischen Forscher Lee, Sung und Moon konnten in ihrer 2015 veröffentlichten Studie über die Nutzung von Instagram immerhin feststellen, dass Archivieren neben der sozialen Interaktion und dem Selbstausdruck der stärkste Motivator ist, das soziale Netzwerk zu nutzen.
Die Selbstdarstellungs-Endlosschleife ist wie der Einblick ins gedankliche Schlafzimmer der Menschen, die die Sicherheitsvorkehrungen auf ihren anderweitigen Kanälen penibelst hochgeschraubt haben. Auf Facebook wird keiner mehr von Danias Geburtstagsfeier lesen: Sie wird spontan gestreamt oder geboomerangt (tolles Wort!).
Besonders am Wochenende ist Insta-Storys wie FOMO (fear of missing out – die Angst, etwas zu verpassen) mal drei, weil man nicht nur aus SMS-Schnipsel weiss, was man verpasst, sondern direkt nachschauen kann, wie sich Lukas an deine Freundin Simona rangemacht hat.
Let’s face it: Insta-Storys, sie sind der letzte ungezäunte Spielplatz in der digitalen Welt des Sehens und Gesehenwerdens und zeigen äusserst detailgetreu, warum es sich scheisse anfühlen kann, nicht dabei zu sein.
Oder, im Gegenteil: Kein Problem darstellt, den ganzen Tag mit Balsamico-Chips im Bett zu verbringen, während die Sonne scheint. Denn ganz ehrlich? So viel verpasst hat man in den meisten Fällen dann ja auch nicht. Wie bei jedem anderen Autounfall gilt auch hier: Niemand ausser deinem Daumen zwingt dich, hinzusehen.
In dem Sinne: Frohes Posten!