In seiner Show «Nuhr im Ersten» blendete Dieter Nuhr am Donnerstagabend das Buch «Was weisse Menschen über Rassismus nicht hören wollen – aber wissen sollten» von der Journalistin und Podcasterin Alice Hasters ein. Dass er keinen Blick hineingeworfen hat, wurde schnell klar. Denn wie der 60-Jährige betonte, war ihm «der Titel ein bisschen zu rassistisch».
«Zu glauben, die Hautfarbe – ob weiss oder schwarz, egal – bringe automatisch eine bestimmte Haltung mit sich, das ist ja klassischer Rassismus. Die Frau behauptet ernsthaft, als Weisser wäre ich automatisch Rassist», sagte Nuhr in seiner Show und führte dann selbst eine Behauptung an: «Das Buch war in den USA ein riesen Renner.»
Und weiter: «Ehrlich gesagt glaube ich, dass diese Form der Scheinintellektualität einer arroganten Linken massgeblich dafür verantwortlich ist, dass es so etwas wie Donald Trump geben konnte.»
Autorin Alice Hasters hat über Twitter auf Nuhrs Aussagen reagiert. Sie schreibt schlicht: «Wusstet ihr schon, dass mein Buch in den USA ein ‹riesen Renner› war?» Fakt ist nämlich: Das Buch ist bislang nicht einmal ins Englische übersetzt worden.
wusstet ihr schon, dass mein Buch in den USA ein "riesen Renner" war?
— Alice Hasters (@alicehasters) November 12, 2020
Alice Hasters, die 1989 in Köln geboren wurde, veröffentlichte ihr Buch im vergangenen Jahr. Sie hat einen Podcast, studierte in München Journalismus und arbeitet freiberuflich. Sie verfasste unter anderem Texte für «Die Zeit», gibt Lesungen und war beispielsweise zu Gast in den Talkshows «Anne Will» und «Kölner Treff». In ihrem Bestseller «Was weisse Menschen über Rassismus nicht hören wollen – aber wissen sollten» berichtet sie von eigenen Erfahrungen mit Alltagsrassismus.
Auf Twitter meldeten sich auch Moderatorin Dunya Hayali und die Rapperin Lady Bitch Ray zu Wort. Die Reaktionen auf Nuhrs Aussagen finden Sie hier.
Alice Hasters: *schreibt Buch mit Titel "Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen aber wissen sollten"*
— sibel schick (@sibelschick) November 13, 2020
Dieter #Nuhr: "Ich will nicht hören oder wissen, was in diesem Buch steht"
🤡
Dieter #Nuhr s Aussagen über @alicehasters Buch sind nicht nur ignorant, boomerhaft & rassistisch, sondern auch total unprofessionell, sonst würde er wissen,
— Lady Bitch Ray (@LadyBitchRay1) November 13, 2020
dass „weiß“ keine Hautfarbe, sondern eine politische Kategorie ist, die mit Macht- & Herrschaftsstrukturen einhergeht
Nein Herr #Nuhr.
— Dunja Hayali ❤️🇩🇪🇪🇺🧠 (@dunjahayali) November 13, 2020
„Die Frau“, die einen Namen hat (@alicehasters),
behauptet das so platt nicht.
Das behaupten aber gerne die,
bei denen die eigene Form der „Scheinintellektualität“ an „Arroganz“ kaum zu überbieten und auch um keine Ausrede für den eigenen Rassismus verlegen ist https://t.co/QpRjSzhQYu
Jo Lendle, Verleger des Hanser Verlages, in dem das Buch von Alice Hasters erschienen ist, äussert sich ebenfalls zum Thema. Ein Exemplar des Buches sei bereits per Post auf dem Weg zu Dieter Nuhr, schreibt er auf Facebook. Und auch:
Nuhr erregt immer wieder Kritik von verschiedenen Seiten. So löste er Proteste aus, als er zu Beginn der Corona-Pandemie in Deutschland im März bei Twitter schrieb: «Wir haben eine Erkrankungsrate von 0,0001 Prozent der Bevölkerung. Also ich würde gerne einfach auftreten am Wochenende...» Auch wegen dieser Äußerung gab es später Kritik, als er sich auf Bitten der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) an der Online-Aktion #fürdasWissen beteiligte.
In einem dpa-Interview betonte Nuhr kürzlich: «Ich bin weder Corona- noch Klimaleugner, ich bin ja kein Idiot. Es geht mir um eine differenzierte Sicht auf die Dinge.»