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SRF zeigt wieder Werbung in Filmen – und bricht damit ein Versprechen

Harry Potter und die Kammer des Schreckens.
Den zweiten Harry-Potter-Film gab es auf RTS nur mit Werbe-Unterbrechungen.Bild: Warner Bros. Pictures

SRF zeigt wieder Werbung in Filmen und Serien – und bricht damit ein Versprechen

Um sich von privaten Fernsehsendern abzugrenzen, versprach die SRG nach der «No-Billag»-Abstimmung, auf Unterbrecherwerbung zu verzichten. Dieses Versprechen hatte eine kurze Halbwertszeit.
22.12.2020, 15:5323.12.2020, 14:50
stefan ehrbar / ch media
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Am Sonntag war es wieder soweit: Das Schweizer Fernsehen zeigte den Weihnachtsklassiker «Love Actually». Doch mitten in der Romanze beschloss der Sender, ihn mit ein paar Werbespots zu unterbrechen. Eine Ausnahme ist das nicht: Auch «Harry Potter und die Kammer des Schreckens» auf RTS deux oder «Alle Jahre wieder» auf SRF zwei wurden in den letzten Tagen mit Werbung unterbrochen. Damit bricht die SRG ein Versprechen.

Nach der Ablehnung der No-Billag-Initiative an der Urne hatte SRG-Generaldirektor Gilles Marchand im September 2018 angekündigt, Filme und Serien nicht mehr mit Werbung zu unterbrechen. So wolle sich die SRG «künftig noch stärker von TV-Angeboten privater Stationen abgrenzen». Damit reagierte Marchand auf Vorwürfe im Abstimmungskampf, wonach sich die SRG zu sehr privaten Angeboten angeglichen habe.

«Freiwilliger Verzicht aufgehoben»

Ab dem 1. Januar 2019 setzte die SRG dieses Versprechen um. Nun hat sie aber still und heimlich wieder davon Abschied genommen. Auf den 1. September hat sie die sogenannte Unterbrecherwerbung im linearen Fernsehprogramm wieder eingeführt. Mit dem werbefreien Genuss von Spielfilmen und Serien ist bei den gebührenfinanzierten Sendern damit erstmals Schluss.

SRG-Sprecher Edi Estermann bestätigt entsprechende Informationen. «Die SRG hat den freiwilligen Verzicht auf die Unterbrechung von Filmen und Serien in der Hauptsendezeit wieder aufgehoben», sagt er. «Seit September unterbrechen wir auch in der Hauptsendezeit und ohne Beschränkung auf einzelne Sender wieder Filme und Serien mit einer Dauer von mindestens 90 Minuten.» Ausgenommen seien Schweizer Filme. Auch werde auf eine Werbepause verzichtet, «wo sie aus programmlicher Sicht nicht passt».

Die SRG muss sparen

Das Gesetz erlaube es der SRG, auf allen Sendern zwischen 18 und 23 Uhr Sendungen mit einer Dauer von mindestens 90 Minuten einmal mit Werbung zu unterbrechen. Die SRG habe den Verzicht aus finanziellen Gründen aufgehoben. «In der aktuellen finanziellen Situation der SRG ist er nicht mehr tragbar», sagt Estermann. Die SRG setze gerade ein Sparprogramm in der Höhe von 150 Millionen Franken um. Zudem gingen die Werbeeinnahmen wegen der immer stärkeren Fragmentierung der Nutzung und der Veränderung des Nutzungsverhaltens zurück. So überspulen etwa viele Nutzer die Werbeblöcke im Replay-TV.

Hinzu kommen laut Estermann Auswirkungen der Coronakrise und Transformations-Massnahmen der SRG. All das erlaube es ihr nicht mehr, «freiwillig auf Einnahmen zu verzichten». Von der Aufhebung des Verzichts und den zusätzlichen Werbeplätzen erhofft sich die SRG Einnahmen von über 5 Millionen Franken pro Jahr.

Private haben keine Beschränkungen

Die Ziele, die 2018 beim Verzicht auf die Unterbrecherwerbung formuliert worden seien, könne die SRG immer noch einhalten. Private, kommerzielle Sender hätten keine Einschränkungen bezüglich der Unterbrecherwerbung, sagt Estermann. Die SRG hingegen dürfe pro längere Sendung nur einmal einen Werbespot einplanen, und der sei auch noch meist kürzer.

Tatsächlich spielen private Fernsehsender wie RTL oder Sat.1 in einer anderen Liga, was die Zahl der Werbeblöcke angeht. Das zeigt etwa eine Analyse der Finalshow von «The Voice of Germany», die am Sonntagabend auf Sat.1 lief. Ein Twitter-Nutzer hat die Stoppuhr angeworfen. Von den 242 Minuten, welche die Sendung insgesamt dauerte, wurde demnach über eine Stunde mit Werbung gefüllt. Sieben Werbeblöcke wurden Zuschauern vorgespielt, die live mitverfolgen wollten, wie die Schweizerin Paula dalla Corte den Sieg davontrug.

Laut Zahlen der Stiftung Werbestatistik Schweiz wurden letztes Jahr 704 Millionen Franken mit Fernsehwerbung umgesetzt. Das entspricht einem Minus von 8,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die SRG wies letztes Jahr kommerzielle Erträge in der Höhe von 267 Millionen Franken aus – über 20 Millionen Franken weniger als im Jahr zuvor. Der Rest der Fernsehwerbung fliesst zu den Sendern privater Medienhäuser wie CH Media mit 3+ oder TV24, zu dem auch dieses Medium gehört. Ausländische Akteure wie die RTL-Mediengruppe oder die Pro7Sat1-Gruppe unterhalten zudem eigene Werbefenster für die Schweiz.

Die Coronakrise hat die negative Entwicklung bei der Fernsehwerbung noch einmal beschleunigt. Ende September teilte etwa die SRG mit, sie werde dieses Jahr noch einmal 65 Millionen Franken weniger Werbe- und Sponsoringgelder einnehmen als letztes Jahr, was den Spardruck weiter erhöhe.

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127 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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T13
22.12.2020 16:47registriert April 2018
Dann müssen wirs doch auch nicht so genau nehmen mit den Abgaben oder?
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Mr. Van
22.12.2020 16:42registriert Juli 2019
Demnach aber auch die Billag-Gebühren einstellen - Pro Sieben und RTL verlangen auch keine zusätzliche Gebühr zu den Werbeeinahmen..
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Kronenhirsch
22.12.2020 16:17registriert Juni 2018
Zum Guck gibt es noch ZDF Arte und ARD Schweizer Fernsehen höchstens noch für Tagesschau und Sport
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«Meine Frau will unserem Kind einen völlig dämlichen Namen geben!»

Hoi zäme!

Folgendes: Meine Frau hat schon während der ersten Schwangerschaftswochen völlig absurde Namensvorschläge für unser Kind aufgeschrieben. Wirklich Namen, wo man sich an den Kopf fasst. Irgendwelche englischen Wörter, die sie einfach «cool» findet oder «schön». Da standen Dinge drauf wie Umbrella. Als Vorname. Ich mache keine Witze!!! Sie meinte noch: «Sag es einfach ein paar Mal, das klingt doch schön. Amberellaaa» ....... Aber da war ich noch naiv und dümmlich und dachte, das wären einfach die Hormone und dass sie zu lange auf diesen komischen Schwangerschafts-Social-Media-Seiten rumgesurft ist. Das wird schon wieder, dachte ich!

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