Aroniasaft soll gegen Coronaviren wirksam sein – darauf deutet eine Studie hin. Doch bevor die Leute in den Supermarkt gehen und das Portemonnaie zücken, sollten sie kritisch hinschauen. Konsumentenschützer warnen: So manche Empfehlung zum Schutz vor Coronaviren wägt Konsumenten nicht nur in falscher Sicherheit, sondern kann der Gesundheit letztlich mehr schaden als nutzen.
Im Internet kursieren Meldungen zu einer Studie, die eine virenhemmende und virentötende Wirkung von Aroniasaft gegen das Coronavirus entdeckt haben will. Beteiligt an der Studie waren das Institut für Molekulare Virologie am Universitätsklinikum Ulm, das Labor Prof. Dr. G. Enders MVZ in Stuttgart sowie die CogniVerde GmbH in Gross-Umstadt.
Der Saft der Aroniabeere (Aronia melanocarpa) kann dem Forscherteam zufolge im Mund-Rachenraum den Andockvorgang des Virus an die Rachenschleimhäute hemmen. Die Studienautoren empfehlen, den Saft der Aroniabeeren gegen das Coronavirus zu gurgeln und anschliessend zu schlucken.
Konsumentenschützer warnen davor, solchen Empfehlungen uneingeschränkt Glauben zu schenken – und sich damit möglicherweise in falscher Sicherheit zu wiegen.
«Da das lediglich erste Laborversuche von bestimmten Inhaltsstoffen der Aroniabeere gegen Viren sind, ist es für Handlungsempfehlungen viel zu früh», sagt Konsumentenschützer Armin Valet.
Der Konsumentenschützer rät, bei neuen Studien, angepriesenen Nahrungsergänzungsmitteln sowie anderen vermeintlichen Corona-Wundermitteln wie Superfoods skeptisch zu sein. Und das nicht nur in Hinblick auf die Wirksamkeit. So manche Empfehlungen seien mit gesundheitlichen Risiken verbunden.
Valet warnt:
Und weiter:
Hinzu kommt, dass solche Mittel leicht ein falsches Sicherheitsgefühl vermitteln. «Es gibt derzeit keine Säfte, Pulver oder Kapseln, die nachweislich gegen Coronaviren helfen. Mögliche Wirkweisen basieren bislang nur auf Vermutungen oder Experimenten», erklärt Valet.
«Den besten Schutz gegen Corona bieten nach wie vor die Corona-Schutzmassnahmen sowie die Corona-Impfung. Nahrungsergänzungen und Superfoods wie Aronia können Krankheiten wie Covid-19 weder heilen noch davor schützen», betont Valet.
Nahrungsergänzungsmittel sind keine Arzneimittel. Sie brauchen keine Zulassung. Sie werden (in Deutschland) nur beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit gemeldet. Sie müssen keinen Wirknachweis erbringen und auch keine klinischen Studien vorweisen. Das heisst: Für viele Präparate greifen Verbraucher tief in den eigenen Geldbeuten – und warten vergebens auf den erhofften Nutzen.
«Nahrungsergänzung kann, wie der Name schon sagt, Nahrung nur ergänzen. Nahrungsergänzungen können dann sinnvoll sein, wenn ein ärztlich bestätigter Mangel an bestimmten Vitaminen, Mineralstoffen oder Spurenelementen vorliegt. Ein gesunder Mensch, der sich gesund und ausgewogen ernährt, braucht solche Präparate nicht», sagt Valet. «Möchten Sie dennoch ein Glas Aroniabeeren-Saft am Tag trinken, schadet es Ihnen wahrscheinlich nicht. Die Beeren enthalten reichlich Vitamine. Nur einen Schutz vor Coronaviren sollten Sie nicht erwarten.»
Neben Vitamin C (13.7 mg pro 100 g) enthalten Aroniabeeren zudem Folsäure (20 µg), Zink (0.15 mg) und Eisen (0.9 mg). «Ausserdem sind Aroniabeeren reich an sekundären Pflanzenstoffen, wie den Flavonoiden und phenolischen Säuren. Vor allem die antioxidativ wirkenden roten Pflanzenfarbstoffe Anthocyane (349 Milligramm Anthocyanidine pro 100 Gramm) und Proanthocyane sind hierbei zu nennen», weiss Diplom-Oecotrophologin Silke Restemeyer von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE). Anthocyane finden sich unter anderem auch in Heidelbeeren, Brombeeren und Rotkohl.
Zu viel darf man von der Aronia-Beere auch laut der Ernährungsexpertin nicht erwarten. «Zwar liessen sich bisher in in-vitro-Studien, in Tierversuche sowie teilweise in Interventionsstudien am Menschen antioxidative, entzündungshemmende, leberprotektive und antikanzerogene Wirkungen der Beere nachweisen. Alle diese Wirkungsbehauptungen sind jedoch wissenschaftlich nicht abschliessend belegt», sagt Restemeyer.
Ob Aroniabeeren tatsächlich Krebserkrankungen vorbeugen, bei Leber- und Nierenleiden den Körper entgiften, Verdauungsbeschwerden lindern, den Blutdruck und den Cholesterinspiegel regulieren und sich günstig auf das Herz-Kreislauf- und Immunsystem auswirken, bleibt also erstmal ungeklärt.
Wer dennoch Aroniabeeren-Saft trinken möchte, für den hat die Ernährungsexpertin einen Tipp: «Die enthaltenen Gerbstoffe können bei empfindlichen Menschen Bauchschmerzen verursachen. Die Verträglichkeit ist oft besser, wenn Sie getrocknete Aroniabeeren oder reinen Aroniasaft zu oder nach einer Mahlzeit essen beziehungsweise trinken.»