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#OscarsSoWhite: Hollwoodstars sehen rot

#OscarsSoWhite: Hollwoodstars sehen rot

22.01.2016, 10:0022.01.2016, 10:38
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Die Oscars sind zu weiss – und damit ein rotes Tuch, nicht nur für schwarze Stars. Wieder sind alle Kandidaten in den Schauspielkategorien Weisse, Afroamerikaner haben in Hollywood das Nachsehen. Die Kritik wächst.

«Black is beautiful» war der Tenor der 74. Oscar-Verleihung mit einem dreifachen Triumph schwarzer Stars: Als erste Afroamerikanerin überhaupt gewann damals Halle Berry («Monster's Ball») den Oscar als beste Hauptdarstellerin. Denzel Washington wurde als bester männlicher Schauspieler gefeiert, Alt-Star Sidney Poitier für sein Lebenswerk mit einem Ehren-Oscar ausgezeichnet.

Denzel Washington und Halle Berry 2002.
Denzel Washington und Halle Berry 2002.
Bild: ANDY CLARK/REUTERS

Doch das ist 14 Jahre her. Bei der diesjährigen Oscar-Verleihung Ende Februar wird sich kein schwarzer Darsteller einen Preis abholen. Denn zum zweiten Mal in Folge wurden 20 weisse und überhaupt keine afroamerikanischen Schauspieler nominiert.

Halle Berry, die sich damals unter Tränen bedankte, glaubte noch: «Die heutige Nacht hat eine Tür aufgestossen.» Doch davon ist nicht viel geblieben, die Filmakademie ist mehr denn je unter Beschuss. Unter dem Twitter-Hashtag #OscarsSoWhite wächst die Entrüstung. Schwarze und weisse Stars – wie George Clooney, Michael Moore, Spike Lee und Lupita Nyong'o – melden sich zu Wort.

Film-Familie Smith boykottiert geschlossen

Regisseur und Darsteller Spike Lee bekräftigte in einem Interview mit dem Sender ABC, dass er und seine Frau nicht zur Oscar-Show gehen würden. Im vorigen November hatte er von der Filmakademie einen Ehren-Oscar erhalten – und sich bei der Gala heftig über eine Unterrepräsentanz von Schwarzen in Hollywood beklagt. «Es ist einfacher, als Schwarzer Präsident der USA als Präsident eines Studios zu werden.»

Auch Jada Pinkett Smith will aus Protest fernbleiben und die Show auch nicht im Fernsehen anschauen. «Um Anerkennung zu betteln oder auch nur darum zu bitten, mindert Würde und Macht», sagte die Schauspielerin und Ehefrau von Will Smith in einem Facebook-Video. Smith gab seiner Frau Rückendeckung – auch er werde die Show boykottieren, sagte er dem US-Sender ABC.

«Wir gehören dieser Community an, aber zu diesem Zeitpunkt fühlen wir uns nicht wohl damit, dort zu stehen und zu sagen, dass dies in Ordnung ist.» Smith war für seine Rolle in dem Drama «Concussion» als Oscar-Kandidat gehandelt und dann übergangen worden. Er mache sich Sorgen über eine «rückläufige Bewegung zu Separatismus und zu rassistischer und religiöser Disharmonie», sagte Smith.

Weisse Rückendeckung

Der Ausschluss schwarzer Schauspieler sei «einfach verrückt», wetterte der Oscar-Preisträger Michael Moore («Bowling for Colombine»). Er wolle die Show boykottieren, sich als «stolzes» Academy-Mitglied aber weiter für eine Stärkung der Vielfalt einsetzen.

Oscar-Preisträger George Clooney klagte gegenüber der Filmzeitschrift Variety ebenfalls über die gegenwärtige Praxis. Auch Latinos und Frauen seien davon betroffen. Vor zehn Jahren habe es mehr Nominierungen für Schwarze gegeben, etwa für Don Cheadle und Morgan Freeman. «Wir gehen in die falsche Richtung», sagte Clooney.

Die schwarze Oscar-Preisträgerin Lupita Nyong'o («12 Years a Slave») tat ihren Frust auf Instagram kund. «Ich stimme meinen Kollegen zu, die zu einem Wandel aufrufen», schrieb die Kenianerin.

Cheryl Boone Isaacs bei der Verkündung der Oscar-Nominationen mit dem Schauspieler John Krasinski.
Cheryl Boone Isaacs bei der Verkündung der Oscar-Nominationen mit dem Schauspieler John Krasinski.
Bild: PHIL MCCARTEN/REUTERS

Fast die ganze Academy ist weiss

Der Oscar-Akademie gehören rund 7000 Mitglieder an – 94 Prozent seien weiss, 77 Prozent männlich, das Durchschnittsalter liege bei 62 Jahren, ermittelte die «Los Angeles Times». Die Vorsitzende Cheryl Boone Isaacs, eine Afroamerikanerin, setzt sich schon länger für eine grössere Vielfalt ein. Natürlich sei sie über die rein weissen Nominierungen «untröstlich und frustriert», sagte Isaacs.

Den Vorwurf des Rassismus will die Akademie aber nicht an sich hängen lassen. Sie habe für eine Reihe von schwarzen Schauspielern gestimmt und bedauere es, dass keiner nominiert wurde, sagte Akademie-Mitglied und Schauspielerin Penelope Ann Miller («The Artist») dem «Hollywood Reporter». «Aber zu unterstellen, dass wir alle Rassisten sind, ist sehr beleidigend.»

(sda/dpa)

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36 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Fumo
22.01.2016 10:22registriert November 2015
Wie wäre die Sichtweise dass anstatt weisse oder schwarze einfach nur Menschen nominiert wurden?
Wenn es im letzten Jahr keine "nennenswerte" Rollen gab die, von schwarzen besetzt, einer Nomination würdig waren muss es ja nicht an der Hautfarbe liegen.
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Ehringer
22.01.2016 12:55registriert Februar 2015
Ja, Hollywood (und Amerika) hat ein Rassismusproblem. Dennoch: mir kommt schlichtweg kein afroamerikanischer Schauspieler in den Sinn, der in den letzten beiden Jahren mit seiner Rolle einen Oscar wirklich verdient hätte. Ich sehe das Problem nicht bei der Academy, sondern beim Hollywoodbusiness selber, da dort noch immer nur selten grosse Rollen an Schwarze vergeben werden.

Und zum Schluss kann ich es als 9gagger nicht lassen: wenn es ein Aufstand der Schwarzen gibt, dann will ich auch einen Aufstand für Leonardo DiCaprio!
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Luca Brasi
22.01.2016 14:35registriert November 2015
Naja, die Afroamerikaner machen 13% der US-Bevölkerung aus und zudem ist der Oscar ein internationaler Preis, womit auch Engländer, Deutsche, Österreicher, etc. die Chance haben nominiert zu werden. Die Latinos beschweren sich weitaus weniger und die Italoamerikaner könnten auch bei jedem US-Präsidenten jammern, daß es kein Giuliani, etc. wird. In der Schweiz sind Tessiner auch unglücklich, wenn sie keine Preise gewinnen oder keinen Bundesrat stellen, aber machen sie deswegen einen Boykott oder Hashtags?
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