Das ewige Duell – Irland gegen England. Und dann auch noch Rugby. Es ist Sonntag, Match Day. Schneeregen peitscht durch Dublin, die Pubs rund um das Stadion brechend voll. Alle Klischees werden erfüllt: Engländer tragen ihre Fahnen als Kreuzfahrer-Kettenhemden, doch die irischen Schlachtenbummler sind klar in der Überzahl. Laut wird es dann, als das Spiel beginnt.
Aber nur vom Lärmpegel her und nie zwischen den beiden Fan-Gruppen. Auch nicht, als die Iren die Briten nach Jahren mal wieder besiegen können. Nicht mal freundlich gemeinte Frotzeleien sind zu hören, obwohl die Länder so lange leidige Konflikte miteinander ausgetragen haben. Dennoch waren sie irgendwie auch immer miteinander verwoben, wie diese Reise durch die Geschichte von Dublins Trink- und Pub-Kultur verdeutlichen wird. Los geht's!
1700 leben etwa drei Millionen Menschen in Irland. Die Pubs sind für die wachsende Masse von enormer Bedeutung. Weil sauberes Trinkwasser Mangelware ist, wird das reine Bier zu einem alltäglichen Getränk. 1760 gibt es rund 40 Brauereien in Dublin. Eine gehört einem gewissen Arthur Guinness, der gerade mit einem Erbe von 100 Pfund die St.James's Gate Brewery gekauft hat. Die Geschichte seiner Brauerei steht stellvertretend für den Aufstieg des irischen Biers im britischem Königreich.
Die Bier-Hallen, in denen das Gebräu gebechert wird, sind Spiegelbild der Gesellschaft. Frauen (und Priester) werden in abgeschirmten Bereichen untergebracht (siehe Bildstrecke), damit die derbe fluchenden Männer sich nicht zurückhalten müssen. Die holzvertäfelten Pubs sind auf Brusthöhe mit goldenen Reibe-Blechen versehen, an denen sie die Streichhölzer für ihre Zigaretten anzünden.
“@h_will_OFFICIAL: The Temple Bar in Ireland is one of my favourite bars! #lovetheirish pic.twitter.com/XTyb7sW07F” sounds like a great time."
— Peter MacLeod (@macleod_rpm) 30. Januar 2015
Das Land wächst, aber es gedeiht nicht. Trotz erster Hungersnöte gibt es 1800 geschätzt vier Millionen Iren, deren Zahl sich dann in nur 50 Jahren mehr als verdoppelt. Die erst aufziehende Industrialisierung kann nicht genug Menschen in Lohn und Brot bringen. Schon vor der sich anbahnenden Katastrophe von 1845 verlassen 1,5 Millionen das Land Richtung Nordamerika und England. Dann schlägt die Kartoffelfäule zu, der in vier Jahren eine Millionen Iren zum Opfer fallen. Noch einmal zwei Millionen wandern aus. Eine Cholera-Epidemie macht 1849 das Desaster perfekt.
Arthur Guinness hat 21 Kinder, von denen nur zehn erwachsen werden. Doch es gelingt seinen Nachfahren trotz aller Widrigkeiten, «Guinness» innerhalb von 100 Jahren zu den grössten drei Bier-Marken im Commonwealth zu machen. Obwohl Irland verkehrstechnisch unterentwickelt ist, können sie dank Dublins Lage am Meer und der neuen Dampfmaschinen sowie bester Beziehungen zu London das dunkle Stout exportieren.
Erst wird das Bier nach England verschifft, doch mit der aufziehenden Kolonialisierung erobern sie sich auch in neue Absatzmärkte. Der Handel folgt der Krone: Ab 1827 wird «Guinness Foreign Extra Stout», das 50 Prozent stärker ist, in Afrika verkauft. Zuerst in Sierra Leone, später folgt Nigeria, wo 1962 eine grosse Brauerei eröffnet wird. Die Marke legt damals einen Grundstein für seinen heutigen Erfolg: Im Jahr 2004 wurde auf dem schwarzen Kontinent erstmals mehr «Guinness» verkauft, als in Grossbritannien und Irland.
Doch nicht alle Iren kommen so gut mit der britischen Herrschaft klar wie die Guiness-Dynastie. Kein Wunder: Während der grosssen Hungersnot zwischen 1846 und 1849 schaute London bloss zu. Nach einem gescheiterten Aufstand 1916 führen die Iren einen Guerillakrieg gegen die Besatzer, der 1919 in dem Ausbruch des Unabhängigkeitskrieg aufgeht. In viktorianischen Pubs wie The Swan (siehe obige Bildstrecke) verschanzen sich die Engländer bis zuletzt, bevor sie ihr letztes Domizil schliesslich verlassen, in dem sie eine Hinterwand herausbrechen und fliehen. Die Insel ist seit 1921 unabhängig.
«Guinness» überlebt alle diese Krisen. Sogar im Handelskrieg mit den Briten ab 1932 machen die Brauer noch gute Geschäfte. Heutzutage kommt man in Dublin um das Stout gar nicht mehr herum. Jeder Pub bietet «Guinness» an, die Brauerei ist der grösste Arbeitgeber der Stadt. Die mit Abstand am meisten besuchte Touristenattraktion ist die St.James's Gate Brewery, die heute neben der Brauerei auch ein Museum beheimatet. «Ich glaube, wenn Guinness zumacht, macht Dublin zu», sagt ein Taxifahrer zu der Omnipräsenz der Marke.
Doch so sehr diese sich auch bemüht, das irische Erbe zu betonen: Heute gehört Guinness zu einem viel grösseren Konzern: Diageo – mit Firmensitz in London. Das Unternehmen machte mit dem Verkauf von Getränken 2014 einen sagenhaften Gewinn von 3,13 Milliarden Euro. Neben Guinness hat Diageo noch jede Menge andere Marken geschluckt: Dazu gehören Biersorten (Tusker, Kilkenny), Whisky-Destillerien (Johnnie Walker, J&B), Wodka- und Gin-Produkte (Smirnoff, Gordon's, Tanqueray).
Eine irische Biersorte im Haus eines britischen Konzerns. Vielleicht erklärt das auch die friedliche Stimmung beim oben beschriebenen Rugby-Match. Allerdings sagte mir an jenem Tag auch ein Ire: «Ich glaube nicht, dass das beim Fussball auch so wäre.»
Ehrlich sind sie ja, diese Iren. Und hochgradig liebenswert. Darum – #LoveTheIrish!
Great day #lovetheirish pic.twitter.com/3FkswTNndb
— Lesley Griffiths (@lesley4wrexham) 14. März 2015
Transparenz: Der Artikel entstand nach einer Guinness-Pressereise. Auf den Inhalt dieser Story wurde aber kein Einfluss genommen. Es gibt auch keine Werbe-Folgegeschäfte.