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Atomausstieg: Die Axpo droht jetzt mit einer Klage von 4,1 Milliarden Franken

Andrew Walo, Axpo-Chef. Keystone
AXPO-Chef Andrew Walo spricht gegenüber der «NZZ am Sonntag» Klartext.Bild: KEYSTONE

Atomausstieg: Die Axpo droht jetzt mit einer Klage von 4,1 Milliarden Franken

4,1 Milliarden Franken – so viel fordert allein der AKW-Betreiber Axpo als Entschädigung von der Eidgenossenschaft, sollte das Stimmvolk den frühzeitigen Atomausstieg beschliessen. Das liegt deutlich über der Schätzung des Bundesrates für solche Zahlungen.
30.10.2016, 03:1530.10.2016, 16:48
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«Selbstverständlich», sagte Axpo-Chef Andrew Walo im Interview mit der «NZZ am Sonntag» auf die Frage, ob er bei einem Ja zur Atomausstiegsinitiative am 27. November Schadenersatz fordern werde. «Alle Rechtsgutachten, die wir bis jetzt zu dieser Frage gesehen haben, zeigen klar, dass die Grundlage für Entschädigungen vom Bund bei einem Ja gegeben sind.»

Der Bundesrat, der die Volksinitiative ablehnt, fürchtet Entschädigungsforderungen bei einem vorzeitigen Atomausstieg. Allerdings beziffert er diese deutlich tiefer auf einen dreistelligen Millionenbetrag pro Atomkraftwerk. Axpo betreibt die Kernkraftwerke Beznau und Leibstadt. Für die Initianten liegt indes angesichts des heutigen AKW-Verlustgeschäfts gar kein Schaden vor.

«Wir haben für eine Laufzeit von 60 Jahren investiert.»
Andrew Walo

Weniger Einnahmen

Den Betrag von 4,1 Milliarden Franken hat Axpo laut Walo aufgrund einer Preiskurve des Bundesamtes für Energie berechnet, das mittelfristig wieder mit steigenden Strompreisen rechnet. «Das heisst, es werden uns Einnahmen wegfallen», sagte er. Durch die frühzeitige Stilllegung entstünden zudem Mehrkosten und fehlten Zinseinnahmen vom Geld aus dem dafür vorgesehenen Fonds.

«Wir haben für eine Laufzeit von 60 Jahren investiert. Wenn die AKW nun aus politischen Gründen nach 45 Jahren abgeschaltet werden, dann fehlen uns Erträge», fasste Walo seine Forderung zusammen.

ZUM KAMPAGNENSTART DER ALLIANZ "FUER DEN GEORDNETEN AUSSTIEG AUS DER ATOMENERGIE", WELCHE DIE SCHWEIZER AKW BIS 2029 VOM NETZ NEHMEN WILL, STELLEN WIR IHNEN AM MITTWOCH, 5. OKTOBER 2016, FOL ...
Die Axpo, Betreiberin des AKW Beznau, will einen «geordneten» Atomausstieg.Bild: KEYSTONE

Walo weist ferner Vorwürfe von Atomgegnern zurück, das Unternehmen wolle Beznau aus mangelnder Rentabilität eh abschalten, spekuliere nun aber noch auf eine satte Entschädigung. «Wir haben immer gesagt, Beznau werde deutlich über 2020 hinaus laufen, sofern es uns gelingt, den nötigen Sicherheitsnachweis zu erbringen.» Das Unternehmen habe hunderte Millionen investiert.

«Bei den heute tiefen Strompreisen investiert niemand mehr in Wasser- oder Atomkraft.»
Andrew Walo

Subventionen für Atomkraft

Über weitere «Unterstützungsmassnahmen» für die Stromwirtschaft gilt es seiner Meinung nach aber tatsächlich nachzudenken. Bei den heute tiefen Strompreisen investiere niemand mehr in Wasser- oder Atomkraft, sagte er. Beide seien aber für die Versorgungssicherheit in der Schweiz wichtig.

Auf die Frage, ob er Subventionen für die Atomkraft fordere, sagte Walo: «Nein, aber ich schliesse heute keine Option aus.» Er verweist dabei auf Deutschland. Dort kämen die AKW-Betreiber für die Kosten der Stilllegung auf, der Staat für die Kosten und Risiken der Entsorgung. (sda/rwy)

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76 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Darkside
30.10.2016 04:10registriert April 2014
Damit ich das richtig verstehe. Falls wir für den Ausstieg stimmen, will der Typ den Staat verklagen und somit den Stimmbürger, der eben diesen Entscheid gefällt hat, um ein paar Milliarden abzocken? Ein kleiner Vorgeschmack auf TTIP. Da finde ich es fast schade dass die alte Tradition des Teeren und Federn nicht mehr praktiziert wird...
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N. Y. P. D.
30.10.2016 07:21registriert Oktober 2015
«Wir haben immer gesagt, Beznau werde deutlich über 2020 hinaus laufen, sofern es uns gelingt, den nötigen Sicherheitsnachweis zu erbringen.»
Andrew Walo
Sofern es uns gelingt ??
Sind die Atomkraftwerke sicher, sollte euch der Sicherheitsnachweis gelingen.
Sind die AKW's ein Sicherheitsrisiko gelingt euch der Sicherheitsnachweis nicht.
Sie sind sich nicht sicher, ERGO sind die AKW's ein Risiko. Ich bin immer froh, wenn sich Experten äussern.
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Wilhelm Dingo
30.10.2016 06:18registriert Dezember 2014
Frächi Sieche
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