Schweiz
Analyse

Rahmenabkommen-News verpasst? 5 Punkte, die gestern passiert sind

Bundespraesident Guy Parmelin, links, und Bundesrat Ignazio Cassis erscheinen an einem Point de Presse zum weiteren Vorgehen zum Rahmenabkommen mit der EU, am Montag, 26. April 2021, in Bern. (KEYSTON ...
Die beiden Bundesräte Parmelin und Cassis neben einem Schild, das über die neue Verkehrsführung im Bundeshaus informiert.Bild: keystone
Analyse

Rahmenabkommen-News verpasst? 5 Punkte, die gestern passiert sind

Hast du den Überblick bei der Rahmenabkommen-Diskussion verloren? Ein kleines Update zu den fünf wichtigsten Entwicklungen.
27.04.2021, 05:4827.04.2021, 13:02
Dennis Frasch
Folge mir
Mehr «Schweiz»

Die Schweiz hat wieder ein Politdrama. Und es trägt einen Namen, der langweiliger nicht sein könnte: das Rahmenabkommen. Es ist ein Vertrag, das die Beziehung zwischen der EU und der Schweiz neu regeln sollte. Gefordert wird es durch die EU, nachdem die Beziehung zwischen beiden Seiten über die Jahre hinweg komplizierter und komplizierter geworden ist.

Das Politdrama war gestern Montag – nach anfänglicher «Showdown»-Bezeichnung – perfekt geworden: Es gab Krisensitzungen, Anhörungen, wartende Medienschaffende, hektisch angesagte Pressekonferenzen. Wir haben für euch die fünf wichtigsten Punkte zusammengefasst.

Was ist passiert?

epa09154267 European Commission President Ursula Von der Leyen (R) and Swiss President Guy Parmelin hold a press conference during their meeting at the European Commission building in Brussels, Belgiu ...
Bundespräsident Guy Parmelin mit EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen.Bild: keystone

Das Parlament hat die beiden zuständigen Männer in der Regierung antraben lassen. Bundespräsident Guy Parmelin und Aussenminister Ignazio Cassis wurden am Montag von den Aussenpolitischen Kommissionen von National- und Ständerat separat eingeladen. Sie mussten Rede und Antwort stehen, weil sich das Parlament in der Rahmenabkommens-Debatte zunehmend nicht ernst genommen gefühlt hatte.

Die beiden Parlamentskommissionen beschäftigten ab dem Mittag bis gegen 21 Uhr komplett die Innenpolitik: Alle warteten darauf, dass irgendetwas gegen aussen tritt. Die Fakten kamen jedoch erst spät zusammen. Zusammengefasst lässt sich sagen: Eine politische Bombe wurde nicht gezündet, der «Showdown» blieb einmal mehr aus. Wer für oder gegen das Rahmenabkommen ist, muss weiterhin auf Klarheit warten.

Warum herrschte Krisen-Modus?

Auslöser der Krisenstimmung war die plötzliche Hektik der vergangenen Tage rund um das Rahmenabkommen. Letzten Freitag reiste Bundespräsident Guy Parmelin zu einem Gipfeltreffen nach Brüssel, wo er mit der EU-Chefin Ursula von der Leyen über das Dossier diskutieren wollte.

Nur war bis gestern unklar, was Parmelin und von der Leyen wirklich diskutierten. Inhaltliche Details blieben geheim und verärgerten die ParlamentarierInnen, die bereits seit Monaten auf Transparenz beim Rahmenabkommen pochen. Die Aussenpolitische Kommission des Nationalrats nahm ihre sowieso geplante Sitzung zum Anlass, die beiden Bundesräte einzuladen. Die Schwesterkommission im Ständerat setzte kurzfristig eine ausserordentliche Sitzung an und wollte sich ebenfalls die Herren Parmelin und Cassis anhören.

Bundespraesident Guy Parmelin, Mitte, Bundesrat Ignazio Cassis, links, und Tiana Angelina Moser, Nationalraetin GLP-ZH und Kommissionspraesidentin diskutieren in der Aussenpolitischen Kommission des N ...
So sieht es aus, wenn zwei Bundesräte antraben müssen.Bild: keystone

Neben ihnen kamen gleich drei Staatssekretäre mit an die Sitzungen. Ihr «Amt» hat eines gemeinsam: Im diplomatischen Verkehr können sie im Auftrag des Bundesrates die Schweiz vertreten und haben entsprechend beim Rahmenabkommen einiges zu sagen.

  • Livia Leu, Chefunterhändlerin im EU-Dossier
  • Mario Gattiker, Staatssekretär für Migration
  • Marie-Gabrielle Ineichen-Fleisch, Staatssekretärin für Wirtschaft

Und was kam dabei raus?

Gelinde gesagt: wenig. Die Kommissionen von National- und Ständerat sowie die Bundesräte traten nacheinander vor die Medien, tauschten Freundlichkeiten aus (Zitat Cassis: «Es war eine interessante und gute Diskussion»). Harte Fakten wurden nur wenige geschaffen:

  • Die Nationalratskommission hat sich mit 17 gegen 8 Stimmen dafür ausgesprochen, die Verhandlungen nicht abzubrechen.
  • Die Bundesräte waren transparent und haben das Verhandlungsmandat offengelegt. Das war eine der wichtigsten Forderungen des Parlaments.
  • Auch die Ständeratskommission ist gegen einen Verhandlungsabbruch. Sie hat einen Antrag dafür mit 9 zu 2 Stimmen (bei einer Enthaltung) abgelehnt. Abgelehnt wurde auch ein Antrag, der den Bundesrat zu Weiterverhandlungen auffordert – dies mit 5 zu 6 Stimmen bei einer Enthaltung.

Wir erklären dir das institutionelle Rahmenabkommen

Video: Lea Senn, Angelina Graf

Der letzte Punkt mag verwirrend wirken. Ständerat und Kommissionschef Damian Müller (FDP/LU) gibt mit seiner Deutung aber eine Erklärung: Seine Kommission gebe dem Bundesrat das Vertrauen, nun selber einen Entscheid über das weitere Vorgehen zu fällen.

Was steht dem Rahmenabkommen im Weg?

Wie anfangs erwähnt, ist es eigentlich die EU, die sich ein Rahmenabkommen wünscht. Die Schweiz trat in die Verhandlungen, wiederholte aber ihre Vorbehalte. Sie richten sich vor allem gegen drei Punkte: Lohnschutz, staatliche Beihilfen und der Ausdehnung der Personenfreizügigkeit. Der letzte Punkt wird auch als «Übernahme der UnionsbürgerInnen-Richtlinie» bezeichnet.

Video: extern / rest/keystone-sda

Bundespräsident Guy Parmelin sagte dazu: «Der Bundesrat hat immer betont, dass die drei offenen Punkte geklärt werden müssen.» Stand jetzt gebe es immer noch «fundamentale Differenzen», obwohl die Schweiz bei den Gesprächen «wichtige Kompromisse» gemacht habe. Er forderte eine «ausgewogene Lösung».

Oder in Worten von Aussenminister Ignazio Cassis: «Der Knackpunkt ist die unterschiedliche Auslegung der Personenfreizügigkeit.» Der Grundtenor von links bis rechts war: Der Ball liege bei der EU.

Wie geht es jetzt beim Rahmenabkommen weiter?

Das ist die grosse Frage. Gestern wurden nämlich nur die Standpunkte der Schweiz ein bisschen transparenter. Die einzige Forderung, die neu aufkam, war: Die EU muss sich bewegen. Was das für die Verhandlungen bedeutet, ist aber unklar.

Aussenminister Ignazio Cassis will sich dazu mit den Kantonen beraten. Die nächste reguläre Bundesratssitzung steht am Mittwoch an. Anschliessend werde der Gesamtbundesrat Bilanz ziehen «und die nächsten Schritte festlegen», sagte Guy Parmelin.

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Die Player der Schweiz-EU-Verhandlungen
1 / 6
Die Player der Schweiz-EU-Verhandlungen
Paul Rechsteiner, Präsident des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes (SGB).
quelle: keystone / anthony anex
Auf Facebook teilenAuf X teilen
210426 Bundesrat zu Rahmenabkommen – ganze PK
Video: extern / rest
Das könnte dich auch noch interessieren:
50 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Alice36
27.04.2021 06:32registriert Juni 2017
Wenn ich das so lese muss ich doch sagen das ich nichts verpasst habe. Das Neue ist vielleicht die Hektik aber ansonsten ist es die Selbe Leier wie in den letzten Jahren. In Bern nichts neues.
1529
Melden
Zum Kommentar
avatar
N. Y. P.
27.04.2021 06:54registriert August 2018
Äh?

Gehe ich richtig in der Annahme, dass die EU gar nicht weiss, dass der Ball jetzt in Brüssel liegt?

Wie soll EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen den Ball nach Bern zurückspielen, wenn sie keinerlei adäquates Schuhwerk hat?

Könnte es sein, dass die Schweiz und die EU in zwei verschiedenen Fussballstadien aufgelaufen sind?
Und beide Mannschaften warten darauf, dass die jeweils andere Mannschaft noch aufläuft?

Fortsetzung folgt..

🥱
8815
Melden
Zum Kommentar
avatar
Hoodoo
27.04.2021 08:17registriert Februar 2014
Wären wir doch nur 1992 dem EWR beigetreten, wie Liechtenstein oder Norwegen.
Damals sagten die Beitrittsgegner, sie wollten den bilateralen Weg mit Rahmenverträgen gehen... mittlerweile werden die Schweizer von politischen Rattenfängern mit ideologischen Scheuklappen im Leerlauf herumgeführt.
10133
Melden
Zum Kommentar
50
«Anmassende Boni-Exzesse»: FDP-Präsident ruft zu mehr Bescheidenheit auf

FDP-Parteipräsident Thierry Burkart kritisiert die Bezüge von UBS-Chef Sergio Ermotti. Der Tessiner habe zwar nach der Zwangsfusion der CS und der UBS Vertrauen geschaffen. Doch seine Vergütung von 14,4 Millionen Franken nach neun Monaten an der Spitze der UBS sei unverhältnismässig und stossend und «schlicht eine Ohrfeige».

Zur Story