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Schweizerin nach Demo in Minsk verhaftet – ihr drohen 5 Jahre Gefängnis

Schweizerin wurde nach Demo in Minsk verhaftet – ihr drohen fünf Jahre Gefängnis

Weiterhin gibt es keinen direkten Kontakt zur in Minsk verhafteten St.Gallerin. Auch das EDA tut sich schwer.
30.09.2020, 06:50
Bruno Knellwolf / ch media
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Noch immer ist die St.Gallerin Natalie Herrsche in der weissrussischen Hauptstadt Minsk in Haft. Sie war am 11. September nach Minsk gereist und hatte dort am Samstag vor einer Woche an der grossen Frauen-Demonstration gegen die Regierung Lukaschenko teilgenommen. Dabei wurde die zweifache Mutter am 19. September verhaftet und in ein Gefängnis in Minsk gesteckt. Einen direkten Kontakt zur Schweiz-weissrussischen Doppelbürgerin haben seither weder ihr Ostschweizer Lebenspartner Robert Stäheli noch ihre Familie in der Schweiz und in Weissrussland.

Natalie Herrsche.
Natalie Herrsche.Bild: Twitter

Aus dem Gefängnis geschmuggelt

Ihr Bruder in Minsk berichtet nun, dass die in der gleichen Zelle inhaftierte Anwältin Lyudmila Kazak aus dem Untersuchungsgefängnis in der Akrestsin Strasse in Minsk frei gelassen worden ist. Dabei hat sie ein Stück Stoff rausgeschmuggelt, auf dem die Abschrift eines Beschwerdebriefs von Natalie Herrsche notiert ist. Die Anwältin hat diese Abschrift beim Verlassen des Gefängnisses den dort anwesenden Journalisten vorgezeigt.

Hohe Strafe wird angedroht

Darauf beteuert die St.Gallerin ihre Unschuld. Ihr wird Widerstand gegen die Polizei vorgeworfen. Dafür drohen in Weissrussland bis zu fünf Jahre Haft. In der gleichen Zelle wie die Schweizerin sitzt auch die Anwältin der bekannten Oppositionsführerin Maria Kolesnikova, die ebenfalls in weissrussischer Haft ist.

Noch ist Natalie Herrsche in einer 15-tägigen Untersuchungshaft, die am kommenden Sonntag, dem 4. Oktober, endet. Ihr Freund vermutet, dass bis dann ein Urteil gefällt wird, ansonsten müsste die Schweizerin freigelassen werden. Die Schweizer Botschaft versucht gemäss dem Bruder der Verhafteten, einem weissrussischen Chirurgen, in direkten Kontakt mit der Verhafteten zu treten. Die Genehmigung des weissrussischen Aussenministeriums hat der Schweizer Botschafter gemäss dem Bruder allerdings noch nicht erhalten.

Doppelbürgerin wird als Weissrussin behandelt

Das Departement für auswärtige Angelegenheiten bestätigt nur, dass das EDA entschlossen sei, dieser Schweizer Staatsbürgerin konsularischen Schutz zu gewähren. Dafür brauche es aber die Zustimmung der Inhaftierten. Allerdings besteht in diesem Fall eine grössere Schwierigkeit, wie Pierre-Alain Eltschinger vom EDA erklärt: «Da diese Person eine doppelte Staatsbürgerschaft besitzt, behandeln sie die örtlichen Behörden wie eine Weissrussin. Das macht es für die Botschaft schwierig, Zutritt zu ihr zu erhalten.» Am kommenden Samstag findet in Bern eine «Solidaritätsaktion mit dem weissrussischen Volk» statt. An dieser Demonstration wird auch die Freilassung von Natalie Herrsche gefordert werden wie auch für weitere politische Gefangene. «Im Herzen Europas gibt es Gräueltaten gegen friedliche Demonstranten, die nur ihre Meinung und Position zum Ausdruck bringen wollen», schreiben die Organisatoren der Kundgebung in Bern.

Frankreichs Präsident trifft Oppositionsführerin

Derweil hat der französische Präsident Emmanuel Macron erklärt, er wolle im Machtkampf in Weissrussland eine vermittelnde Rolle einnehmen und einen friedlichen Machtwechsel voranbringen. Bei einem Treffen in Litauen mit der weissrussischen Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja bot er gestern Unterstützung in der politischen Krise an. «Unser Ziel wäre es, in den kommenden Wochen eine Vermittlung durchzuführen», sagte Macron. Dazu wolle er gemeinsam mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und EU-Ratspräsident Charles Michel die Führung in Minsk dazu auffordern, einer Vermittlung durch die OSZE zuzustimmen.

Auch mit Russlands Staatspräsident Wladimir Putin soll gesprochen werden. Kremlsprecher Dmitri Peskow zeigte sich aber wenig begeistert: «Allem Anschein nach unterstützt der Präsident Frankreichs diese Bürgerin von Belarus, so sehen wir das». Und das weissrussische Aussenministerium sagte, es handle sich um einen «groben Versuch», Druck auf das Land auszuüben. (aargauerzeitung.ch)

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