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Bund nimmt neuen Anlauf für Versuchsbetrieb mit E-Voting

Bund nimmt neuen Anlauf für Versuchsbetrieb mit E-Voting

21.12.2020, 10:0021.12.2020, 11:34
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Beim künftigen E-Voting-System der Post ist ein weiterer Fehler bei der universellen Verifizierbarkeit entdeckt worden. (Symbolbild)
Bild: KEYSTONE

Die Kantone sollen in begrenztem Umfang wieder Versuche mit der elektronischen Stimmabgabe (E-Voting) durchführen dürfen. Zugelassen werden sollen nur noch vollständig verifizierbare Systeme. Damit sollen Manipulationen ausgeschlossen werden.

Den entsprechenden Entscheid über die Neuausrichtung des Versuchsbetriebs hat der Bundesrat am letzten Freitag gefällt, wie die Bundeskanzlei am Montag informierte. Dafür müssen die Verordnung über die politischen Rechte (VPR) und die Verordnung über die elektronische Stimmabgabe (VEleS) angepasst werden. Die entsprechende Vernehmlassung soll 2021 durchgeführt werden.

Im Juni 2019 hatte der Bundesrat entschieden, dass E-Voting vorläufig nicht als ordentlicher Stimmkanal eingeführt wird. Er hatte dies mit Sicherheitsproblemen begründet. Im Quellcode des Systems der Schweizerischen Post waren Mängel entdeckt worden, die auch das damals im Einsatz stehende System betrafen. Deshalb zog die Post ihr System zurück.

Ausserdem erklärte letztes Jahr auch der Kanton Genf, dass er sein System nicht mehr weiterentwickle und zurückziehe. Seitdem steht in der Schweiz kein E-Voting-System mehr zur Verfügung. Seit 2004 haben laut Angaben der Bundeskanzlei 15 Kantone über 300 Versuche mit der elektronischen Stimmabgabe durchgeführt.

In der Zwischenzeit haben die Behörden mit Hilfe in- und ausländischer Experten einen möglichen neuen Versuchsbetrieb gemäss strengeren Sicherheitsanforderungen neu konzipiert.

Verifizierbar und transparent

Mit der Neukonzeption ziehe der Bundesrat die Lehren aus der bisherigen Versuchsphase, hiess es am Montag an der Medienkonferenz der Bundeskanzlei. Demnach soll der Bund künftig nur noch vollständig verifizierbare Systeme zulassen. Prüfberichte und die Ergebnisse des E-Voting-Stimmkanals sollen veröffentlicht werden. Die Überprüfung der Systeme und von deren Betrieb durch unabhängige Fachpersonen soll direkt im Auftrag des Bundes erfolgen.

Im Vordergrund der Neuausrichtung steht ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess und nicht mehr ein durch die Zertifizierung verkörpertes Gütesiegel, wie es im Schlussbericht zur Wiederaufnahme der Versuche heisst.

Für künftige Systeme und Systembestandteile strebt der Bund die Publikation unter einer Open-Source-Lizenz an. Für bereits bestehende Systeme will er prüfen, ob einzelne Komponenten unter eine solche Lizenz gestellt werden könnten.

Eingeschränktes Elektorat

Ausserdem sollen in der nächsten Phase des Versuchsbetriebs in den Kantonen höchstens 30 Prozent und national höchstens 10 Prozent aller Stimmberechtigten zum E-Voting zugelassen werden. Jeder Kanton soll weiterhin selber entscheiden können, ob er solche Versuche durchführen möchte. Auch die Beschaffung der Systeme soll weiterhin bei den Kantonen bleiben. Beim Bund bleiben die Regulierung und Bewilligung.

Ab wann können wir online abstimmen?

Video: srf/Roberto Krone

Ziel der nächsten Versuchsphase ist laut Bundeskanzlei die Etablierung eines stabilen Betriebs mit vollständig verifizierbaren Systemen. Die Systeme sollen weiterentwickelt, die Kontrolle und Aufsicht wirksamer gestaltet, die Transparenz und das Vertrauen sowie die Zusammenarbeit mit der Wissenschaft gestärkt werden.

E-Voting kann sich gemäss Bundeskanzlei langfristig nur bewähren, wenn die Bevölkerung dem elektronischen Stimmkanal vertraut. Die Massnahmen zur Neuausrichtung des Versuchsbetriebs sollen dieses Vertrauen stärken. Es gelte weiterhin «Sicherheit vor Tempo». (aeg/sda)

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7 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Kopold
21.12.2020 10:18registriert Juli 2014
Immernoch keine gute Idee.
Wie war das nochmal mit der grossen Russischen Cyberattacke letzte Woche? Hey komm, wir öffnen die Türen um unser politisches System per Internet angreifbar zu machen ...
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Joe Smith
21.12.2020 13:51registriert November 2017
Ich hätte eigentlich gedacht, dass das Thema E-Voting spätestens seit dem erfolgreichen Hackerangriff auf SolarWinds gestorben sein sollte.
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El Vals del Obrero
21.12.2020 16:12registriert Mai 2016
Dass es bisher offenbar nicht selbstverständlich war, dass das System "verifizierbar" sein soll fördert das Vertrauen nicht gerade.

Immerhin ist Open Source ein guter Gedanke. So können immerhin alle, die den Code verstehen können die Funktionalität nachvollziehen und nicht nur wenige, die Einblick in proprioritären Code von irgendwelchen Post-Partnerfirmen haben.
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