Am 4. Januar begann fast in der ganzen Schweiz die grösste Impfaktion in der Geschichte dieses Landes. Zumindest soll sie das dereinst werden – denn momentan gibt es hierzulande noch viel zu wenig Impfdosen.
Damit diese wenigen Impfdosen sinnvoll eingesetzt werden, hat das Bundesamt für Gesundheit einen Impfplan erstellt mit verschiedenen prioritär zu impfenden Gruppen. In Gruppe eins befinden sich Personen über 65 Jahre, wobei auch hier nochmals unterteilt wird: Zu aller erst sollen Personen über 75 geimpft werden.
Ganz so klar sind die Regeln jedoch nicht. Im Kanton Luzern wurde zum Beispiel in einem Pflegeheim die gesamte Belegschaft – beziehungsweise alle, die sich freiwillig meldeten – geimpft. Inklusive Kader. Der Geschäftsführer des Heims war sogar der Erste, der die Spritze bekam. Auch die anderen zwei Mitglieder der Geschäftsleitung sind geimpft. Dies, obwohl sie nicht zur Risikogruppe gehören. Sie beteuern jedoch, dass auch sie regelmässigen Kontakt zu den Bewohnern haben.
All dies geschah mit dem Segen des Kantons. In Luzern ist der Verband Curaviva für die Impfung der Heime zuständig. Anmeldung, Distribution und das Impfen selbst läuft über Curaviva. «Die Heime können sich bei uns anmelden und gleich die benötigte Anzahl Impfdosen bestellen», bestätigt Nadja Rohrer, Pressesprecherin des Kantonalverbands Luzern. Bei der Bestellung dürfen auch Dosen für die Mitarbeiter mit einberechnet werden – also zum Beispiel auch für den Sekretär oder die Geschäftsführerin.
Möglich ist dies paradoxerweise genau wegen der begrenzten Verfügbarkeit des Vakzins. Denn neben der eigentlichen Impfstrategie hat das BAG auch noch eine zweite Prioritätenliste erstellt, für Zeiten, in denen der Impfstoff knapp ist. Dieser fällt etwas präziser aus und gibt vor, dass man Heime möglichst ganzheitlich impfen soll. Also sowohl Bewohnende wie auch Pflege- und Betreuungspersonal. Ob und wie Mitarbeitende, die nicht der Risikogruppe angehören und keinen grossen Kontakt mit den Bewohnern haben, hier miteingeschlossen sind, bleibt im Ermessensspielraum der Heime selbst.
Diese Regelung dürfte älteren Personen, die nicht in betreuten Heimen wohnen, vor den Kopf stossen. Denn momentan herrscht akuter Impfstoffmangel. Wie die «Luzerner Zeitung» schreibt, stehen bis jetzt nur wenige tausend Dosen des Vakzins von Pfizer und Biontech zur Verfügung. Bis Ende Januar sollen 15'000 Dosen geliefert werden können. Zum Vergleich: Der Kanton Luzern hat rund 21'000 Über-80-Jährige. Und rund 73'500 Personen über 65.
Die Telefone der Hausarztpraxen laufen heiss, doch die Interessenten müssen vertröstet werden. «Momentan ist einfach zu wenig Impfstoff vorhanden», sagt Ueli Zihlmann, Geschäftsführer der Ärztegesellschaft des Kantons Luzern.
Zumindest etwas Gutes hat das Fiasko: Die Impfbereitschaft in der Bevölkerung scheint grösser zu sein als bisher angenommen.