Schweiz
Coronavirus

Coronavirus: Testen und Contact Tracing – die Exit-Strategie des Bundes

Die neuen Corona-Regeln: Was du jetzt wissen musst

Wie geht es in der Bekämpfung des Coronavirus nun weiter? Der Bundesrat präsentierte am Mittwoch seine Eindämmungsstrategie für die nächsten Wochen und Monate. Die zentralen Punkte heissen Testen und Contact Tracing. Die wichtigsten Punkte in der Übersicht.
29.04.2020, 15:1630.04.2020, 07:56
Mehr «Schweiz»

Nachdem die Zahlen zu Neuansteckungen und Todesfällen im April langsam abgenommen haben, ist es nun das oberste Ziel des Bundesrats, die Zahl der Neuinfektionen weiter zu senken und in den kommenden Wochen und Monaten auf tiefem Niveau zu halten. Nur dann seien weitere Lockerungen möglich.

>> Coronavirus: Alle News im Liveticker

Unter Einbezug der Kantone hat der Bundesrat ein entsprechendes Konzept für die Eindämmungsphase (Containment) erarbeitet.

Die zwei Zauberworte der Strategie heissen Testen und Contact Tracing. Nachfolgend die 14 wichtigsten Fragen und Antworten in der Übersicht.

Zum Thema Testen:

Wieso werden jetzt wieder alle Personen mit Symptomen getestet?

Während der intensiven Phase der Epidemie wurde mit strikten Hygiene- und Distanzempfehlungen und strengen Massnahmen wie der Schliessung von Schulen und Geschäften eine grössere Ausbreitung verhindert und besonders gefährdete Personen geschützt. Die Tests fokussierten auf Personen mit schweren Symptomen oder Risikogruppen, bei denen der labordiagnostische Befund entscheidend für die weitere Behandlung war.

Mit dem Abflauen der epidemischen Welle sinkt die Zahl der Neuinfektionen. Die Massnahmen zum Schutz vor dem Virus werden schrittweise gelockert. Jetzt muss verhindert werden, dass die Ansteckungszahlen wieder steigen. Um möglichst jede Neuinfektion rasch zu erkennen, werden alle Leute mit Symptomen getestet. Die Kantonsärztinnen und Kantonsärzte können zudem beschliessen, Personen in Spitälern oder Pflegeheimen zu testen, um die Ausbreitung des Virus innerhalb der Einrichtung zu verhindern und zu kontrollieren.

Ich bin erkältet, habe Halsweh – werde ich jetzt getestet?

Der Test wird allen Personen mit folgenden Symptomen empfohlen:

  • Akute Atemwegserkrankung wie Husten, Halsschmerzen, Kurzatmigkeit – mit oder ohne Fieber
  • Fiebergefühl
  • Muskelschmerzen
  • Plötzlich auftretender Verlust des Geruchs- oder Geschmackssinns.

Wer solche Symptome hat, soll sich an seine Ärztin oder seinen Arzt wenden oder nach dem Coronavirus-Check (online) die entsprechenden Anweisungen befolgen.

Wo kann ich mich testen lassen?

Bei den Testangeboten sind die Kantone unterschiedlich organisiert. Wer sich testen lassen will, braucht in der Regel eine Zuweisung des Arztes. In einzelnen Kantonen reicht auch das Ergebnis eines Coronavirus-Checks. Testen lassen können sich Menschen mit Symptomen bei einer Vielzahl von Ärztinnen und Ärzten, in Spitälern oder speziell bezeichneten Testzentren, wobei an manchen Orten eine Anmeldung nötig ist.

Was geschieht, wenn der Test positiv ausfällt?

Fällt ein Test positiv aus, muss die Person in Selbst-Quarantäne. Damit soll eine Übertragung auf andere Personen verhindert werden. Die Quarantäne dauert mindestens 10 Tage und wird von den kantonalen Behörden kontrolliert.

Was kostet ein Test und wer bezahlt ihn?

Ein Test kostet rund 100 Franken. Bei Personen mit schweren Symptomen oder erhöhtem Komplikationsrisiko wird der Test – wie andere diagnostische Tests auch – von der Krankenkasse übernommen; der Test ist aber nicht von der Franchise befreit. Das Testen von Personen mit leichten Symptomen, die zu keiner Risikogruppe gehören, dient der Überwachung der Epidemie. Diese Kosten gehen zu Lasten der Kantone.

So kam das Coronavirus in die Schweiz – eine Chronologie

1 / 59
Das Coronavirus in der Schweiz – eine Chronologie
31. Dezember 2019: Erste Meldungen über eine mysteriöse Lungenkrankheit, die in der zentralchinesischen Metropole Wuhan ausgebrochen ist, werden publiziert. 27 Erkrankte sind identifiziert.
quelle: keystone
Auf Facebook teilenAuf X teilen

Zum Thema Contact Tracing

Um die Epidemie unter Kontrolle zu behalten, muss möglichst jede einzelne Neuinfektion zurückverfolgt werden. Wo hat sich die Person in den letzten Tagen aufgehalten, mit wem hatte sie engen Kontakt, wen könnte sie allenfalls angesteckt haben? Das Zurückverfolgen der Infektionsketten mit gezieltem Contact Tracing ist zentral, um ein Wiederaufflackern der Epidemie langfristig zu verhindern.

Wieso beginnt man erst jetzt wieder mit dem Contact Tracing?

Das konsequente Nachverfolgen jedes einzelnen Falls ist sehr aufwändig. Die verantwortlichen Stellen von Bund und Kantonen gehen davon aus, dass ein konsequentes Nachverfolgen wieder möglich ist, sobald die Zahl der Neuinfektionen pro Tag schweizweit unter rund 100 Fällen liegt. Man rechnet pro infizierte Person mit rund 20 Kontakten, die einzeln benachrichtigt werden müssen. Die Kantone sind zuständig für das Contact Tracing und können dazu unterstützendes Personal beiziehen.

Wer gilt als enge Kontaktperson, die möglicherweise infiziert wurde?

Als enge Kontaktperson gilt, wer zu einem bestätigten Fall während der infektiösen Zeitspanne (d.h. nach Auftreten der Symptome und 48 Stunden davor) engen Kontakt hatte, das heisst während mehr als 15 Minuten weniger als 2 Meter Abstand ohne Schutzmassnahme wie Hygienemaske oder Trennscheibe.

Wer informiert mich, wenn ich mit einer infizierten Person in Kontakt war?

Die kantonalen Behörden benachrichtigen die Betroffenen und informieren diese über das weitere Vorgehen.

Ich gehöre zu den Kontaktpersonen eines Infizierten – muss ich in Quarantäne?

Ja. Enge Kontaktpersonen werden unter Quarantäne gestellt, um eine mögliche Weiterverbreitung zu verhindern. Die Kantonsärztin bzw. der Kantonsarzt verfügt die Quarantäne. Treten innerhalb von zehn Tagen nach einem Kontakt Symptome auf, wird der Arzt oder die Ärztin einen Test anordnen. Treten in dieser Zeit keine Symptome auf, kann davon ausgegangen werden, dass die Person nicht angesteckt wurde. Die Quarantäne wird aufgehoben.

Welche Rolle spielt die Proximity-Tracing-App?

Digitale Applikationen können das traditionelle Contact Tracing der Kantone ergänzen und mithelfen, die Kontakte von Neuinfizierten zu eruieren. Dies gilt insbesondere für Smartphone-Apps, die mit Bluetooth-Funktechnik Kontakte aufzeichnen. Mittels Bluetooth wird nachvollziehbar, wer mit einer positiv getesteten Person in Kontakt gekommen ist. Wer länger als 15 Minuten und in einem Abstand unter 2 Metern mit der positiv getesteten Person Kontakt hatte, erhält eine Benachrichtigung. Sie wird aufgefordert, die in der App genannte Infoline Coronavirus anzurufen, um die weiteren Schritte abzuklären.

Erachtet die Ärztin oder der Arzt einen Coronavirus-Test für notwendig und fällt dieser positiv aus, wird eine Isolation angeordnet. Der kantonsärztliche Dienst informiert über weitere Schritte.

Werde ich während einer Isolation oder Quarantäne krankgeschrieben, bekomme ich also meinen Lohn weiterhin?

Ja, wenn die Isolation vom Arzt (Arztzeugnis) oder durch die kantonalen Behörden angeordnet worden ist. Im Falle der Quarantäne ist hierzu eine Anordnung der kantonalen Behörden notwendig. Wer sich freiwillig in Quarantäne begibt, weil er mit einer infizierten Person in Kontakt war, soll sich beim Arzt oder der BAG-Hotline über das weitere Vorgehen informieren.

Wie lange dauert die Eindämmungsphase?

Das Ziel der Massnahmen in der Containment- oder Eindämmungsphase ist es, über eine längere Zeitspanne (bis zur Verfügbarkeit eines Impfstoffs, d.h. wohl für die nächsten 6 bis 18 Monate) eine erneute Verbreitung und einen deutlichen Anstieg der Erkrankungsfälle zu verhindern. Sollten die Fallzahlen wieder ansteigen, würde das konsequente Nachverfolgen der Neuansteckungen kaum mehr möglich sein und die Lockerungen der Massnahmen müssten überprüft und allenfalls wieder rückgängig gemacht werden.

Was geschieht, wenn die Zahl der Neuansteckungen nicht sinkt, sondern wieder in die Höhe schnellt?

Je nach der epidemischen Entwicklung würden die Schutzkonzepte angepasst und geplante Lockerungsschritte verschoben bzw. bereits eingeführte Lockerungen zumindest teilweise wieder rückgängig gemacht.

Wie wird verhindert, dass Reisende aus dem Ausland das neue Coronavirus in die Schweiz tragen?

Dieses Konzept ist noch in Erarbeitung. Es muss mit den umliegenden Ländern koordiniert werden. Alle Massnahmen müssen darauf abzielen, dass erkrankte Personen möglichst identifiziert und isoliert werden können, damit das Virus möglichst nicht in die Schweiz eingeschleppt wird. Zugleich soll verhindert werden, dass Schweizerinnen und Schweizer auf Reisen das Virus in andere Länder tragen.

(jaw)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das neue Bundeshaus in der Bernexpo
1 / 18
Das neue Bundeshaus in der Bernexpo
Der Nationalratssaal auf dem BernExpo-Gelände.
quelle: keystone / peter klaunzer
Auf Facebook teilenAuf X teilen
So kann man Oma trotz Corona-Lockdown besuchen
Video: srf
Das könnte dich auch noch interessieren:
5 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Qui-Gon
29.04.2020 17:45registriert April 2015
Und die Kontaktpersonen der Kontaktperson einer infizierten Person müssen dann wohl auch in Quarantäne (also z.B. die Kinder des Arbeitskollegen des Infizierten). Und die Kontaktpersonen einer Kontaktperson von Kontaktpersonen einer infizierten Person ebenfalls usw. Darum ist der Abstand weiterhin wichtig, sonst werden diese Ketten unendlich.
279
Melden
Zum Kommentar
5
Nach gigantischem Bergsturz im Engadin: «Der ganze Tschierva-Gletscher ist abrasiert»
Ein gigantischer Bergsturz in der Berninagruppe hat am vergangenen Wochenende Millionen Tonnen Gestein ins Tal befördert. Glaziologe Matthias Huss erklärt die Folgen für den Tschierva-Gletscher, der unter den Geröllmassen liegt.

«Das betroffene Gebiet ist gut einsehbar, unter anderem von einem Ski-Gebiet. Es ist gewaltig. Deswegen machten die Bilder so schnell die Runde.» Das sagt Martin Keiser. Er ist Regionalforstingenieur und Naturgefahrenspezialist beim Amt für Wald und Naturgefahren des Kantons Graubünden. Keiser wurde am Sonntag kurz nach 7 Uhr von den Einsatzkräften über den riesigen Bergsturz informiert, der sich wenige Minuten zuvor am Piz Scerscen im Engadin ereignet hatte.

Zur Story